| # taz.de -- Keine Reaktion auf Notrufe?: WaldbesetzerInnen fordern Polizeischutz | |
| > Der Konzern RWE will das Sündenwäldchen in NRW roden. AktivistInnen | |
| > wollen das verhindern – und klagen über Brutalität der beauftragten | |
| > Sicherheitsfirma. | |
| Bild: Protestcamp im Sündenwäldchen | |
| Manheim taz | Alles rasiert, abgeholzt, niedergemäht. Kein Refugium für | |
| gefährdete Tiere mehr, keine Klimaschutzwirkung, kein Ort mehr für ein | |
| ökologisches Trittsteinbiotop nach Ende der Braunkohlezeit. Vier Tage lang | |
| [1][haben Kettensägen und Harvester Ende vergangener Woche ganze Arbeit | |
| geleistet] im sechs Hektar großen Sündenwäldchen am Rand des weitgehend | |
| entsiedelten Braunkohledorfs Manheim. | |
| Energiekonzern RWE [2][will hier baggern] – allerdings nicht mehr nach | |
| Kohle, stattdessen geht es um Kies und Abraum. RWE braucht Boden als | |
| Material, um die steilen Abhänge seiner Tagebaue flacher zu machen und zu | |
| stabilisieren. | |
| Jetzt sieht es im Sündenwäldchen aus wie nach einem Bombeneinschlag: | |
| Baumstümpfe, Astberge, vereinzelt Schrottteile dazwischen. Männer in blauen | |
| Warnwesten häckseln die Holzernte zusammen und verladen sie auf Lkws. Auch | |
| meterdicke makellose Eichenstämme, Traumexemplare jedes Schreiners, liegen | |
| zum Schreddern bereit. | |
| Eine kleine Fläche Bäume ist geblieben. Darin hängt ein Dutzend Baumhäuser, | |
| nach wie vor bewohnt von rund zwei Dutzend Leuten, die den Wald schützen | |
| wollen. | |
| ## Räumung durch private Sicherheitsfirma | |
| Alles also ganz anders als im Hambacher Wald 2018. Da waren zuerst Tausende | |
| Polizeikräfte zur Räumung angerückt, militant Stück für Stück vorrückend. | |
| Nach der Zerstörung von gut 80 Baumhausstrukturen, [3][dem fürchterlichen | |
| Todessturz von Filmemacher Steffen Meyn] und der gewaltsamen Vertreibung | |
| Hunderter WaldbesetzerInnen sollte die Rodung beginnen. Die verhinderte | |
| dann das Oberverwaltungsgericht Münster. Der Hambi blieb. | |
| Im Sündi hingegen: keine Räumung. Und vor allem: keine Polizei, nirgends. | |
| Nur die Sicherheitskräfte der Firma Mundt aus Frechen, seit Jahren | |
| Security-Partnerin von Auftraggeber RWE Power. | |
| Geschätzt 500 Kräfte, herangekarrt in zehn Reisebussen, wieselten hier | |
| tagelang herum. BesetzerInnen berichten: Es habe Schläge, Fußtritte, | |
| Übergriffe, Schubsereien sowie andauernd sexualisierte Bemerkungen gegeben. | |
| Und vor allem: Das Fällen der Bäume sei hochgefährlich verlaufen, bis nah | |
| an die bewohnten Baumhäuser heran, an die Traversen und Sicherheitsseile. | |
| Zumindest ein Seil sei auch gekappt worden. Es sei eine Katastrophe möglich | |
| gewesen. | |
| ## Polizei: „Keine Hinweise auf Gefahrensituationen“ | |
| Und nirgends Polizei. Eine Sprecherin der zuständigen Dienststelle | |
| Rhein-Erft-Kreis bestätigt: „Wir hatten keinen Einsatz vor Ort.“ Wieso? �… | |
| gab keine Hinweise auf potenzielle Gefahrensituationen.“ Die Vorwürfe der | |
| AktivistInnen vor Ort hätten die Polizei nicht erreicht, heißt es. „Wenn | |
| die Hinweise nicht zu uns durchdringen, können wir nichts machen.“ | |
| Ein Aktivist aus dem Sündi, der sich als Dirk vorstellt und seinen | |
| Nachnamen nicht öffentlich nennen will, berichtet der taz, er habe am | |
| dritten Tag morgens noch bei Dunkelheit in den Wald gewollt. „Plötzlich war | |
| da eine Wand von Sicherheitskräften vor mir. Und schon hatte ich eine Faust | |
| im Gesicht. Dann bin ich aus dem Wald geschleift und in eine Pfütze | |
| geschmissen worden.“ Sein Begleiter sei zusätzlich getreten worden. Beide | |
| seien ins Krankenhaus gefahren. „Zum Glück hatte ich nur eine leichte | |
| Gehirnerschütterung.“ | |
| Schon das Wegtragen von Menschen ist für private Sicherheitsleute nicht | |
| legal. Eine Baumhausbewohnerin berichtet der taz zudem davon, von einem | |
| Mundt-Trupp durchs Gehölz gejagt worden zu sein, auch sexualisierte | |
| Kommentare habe es gegeben. Zudem liege eine Strafanzeige der | |
| Filmemacherin Carmen Eckhardt vor. Sie wurde demnach vor Ort gewaltsam | |
| angegangen und zu Boden geschubst. | |
| AktivistInnen der Mahnwache im Sündenwäldchen berichten, sie hätten den | |
| Polizei-Notruf gewählt. Niemand sei gekommen. Die Polizei behauptet, es | |
| habe keine solchen Anrufe gegeben. Ein RWE-Sprecher hält alle | |
| Gewaltberichte für „frei erfunden“. Ein RWE-Amtshilfeersuchen? Gab es auch | |
| nicht. | |
| Mahnwachler Dirk sagt: „Es ist absurd: Im Hambi haben wir die Polizei | |
| verflucht. Hier würden wir uns eine Einsatz-Hundertschaft wünschen.“ | |
| 6 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernd Müllender | |
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