# taz.de -- Rheinisches Kohlerevier: Sorge um das Sündenwäldchen | |
> AktivistInnen besetzen einen kleinen Wald nahe dem geretteten „Hambi“. | |
> Sie befürchten, dass der Energiekonzern RWE die Bäume bald roden will. | |
Bild: Der Kohletagebau Hambach in NRW: RWE baggert in der Region weiter – tei… | |
Aachen taz | Der [1][„Hambi“] ist gerettet? Ja und nein. Tatsächlich wird | |
der Hambacher Wald, der lange den Baggern des örtlichen Rheinischen | |
Kohlereviers weichen sollte, nicht mehr gerodet. Seit 2018 ist das letzte | |
zusammenhängende Stück – gut 500 von einst fast 5.000 Hektar – nach | |
Protesten von KlimaaktivistInnen sich selbst überlassen. | |
Der Braunkohlekonzern RWE gräbt mit seinen Baggern allerdings direkt | |
daneben weiter, in südöstlicher Richtung in das weitgehend entsiedelte Dorf | |
Manheim hinein. Um Kohle geht es dort nicht mehr, sondern um lukrativen | |
Kiesabbau. RWE braucht auch Boden als Material, um die steilen Abhänge | |
seiner Tagebaue flacher zu machen und zu stabilisieren. | |
Dafür steht aktuell das Manheimer Sündenwäldchen auf der Zerstörungsliste, | |
einst Teil des mittlerweile zerfrästen Hambacher Walds. Seit September ist | |
das kleine Gebiet von AktivistInnen besetzt. Aktuell herrscht | |
Alarmstimmung. Wann genau es dem kleinen Waldgebiet an den Kragen gehen | |
soll, ist aber ungewiss. | |
„Es wurde uns zugetragen, dass am 6. Januar RWE und die Cops einen | |
Großeinsatz vorbereiten, um uns zu räumen und den Wald zu zerstören“, | |
schreiben sie [2][auf einem öffentlichen Kanal im Messenger-Dienst | |
Telegram]. „Ab 4:30 morgens werden mit 6 Hundertschaften und Rodungsfirmen | |
Fakten geschaffen.“ Aus einer Handvoll BesetzerInnen sind in den | |
vergangenen Tagen fast zwei Dutzend geworden, die neue Baumhäuser zimmern. | |
## RWE-Anwälte streiten Rodungspläne für Montag ab | |
Der WDR-Hörfunk meldete am Freitag einen bevorstehenden Einsatz der | |
Sicherheitskräfte am Montagmorgen zunächst als sicher. [3][Am Abend | |
berichtete der WDR dann], RWE streite die Pläne ab. Gleichzeitig | |
[4][dementierte die Polizei des zuständigen Rhein-Erft-Kreises gegenüber | |
der Tageszeitung nd ein solches Vorhaben]. Der Bund für Umwelt- und | |
Naturschutz NRW reichte am Freitag Klage und Eilantrag beim | |
Oberverwaltungsgericht Münster ein. Ziel: Erlass auf einstweiligen | |
Rodungsstopp. | |
Die RWE-Anwälte reagierten prompt. Sie teilten dem Gericht mit, es würden | |
„keine Rodungsmaßnahmen oder solche Rodungen vorbereitenden Maßnahmen | |
vorgenommen“ – bis zum 7. Januar. Ob dies ein eiliger Rückzieher ist oder | |
die Gerüchte im Vorfeld falsch waren, weiß man nicht. | |
Der Aachener Waldaktivist Michael Zobel, der seit zehn Jahren bislang | |
insgesamt 100.000 Interessierte auf Spaziergängen durch die Kohlereviere | |
führt, teilt unterdessen mit, er habe eine verlässliche behördliche Quelle, | |
dass ein Polizeieinsatz am 6. geplant war. | |
Das Sündenwäldchen hat erhebliche ökologische Bedeutung. Mit seinen sechs | |
Hektar ist es zwar nicht groß, aber ein Verbindungsstück zwischen | |
verbliebenen Waldresten rund um den monströsen Tagebau Hambach. Es kann | |
also sicherstellen, dass sich Tiere zwischen ansonsten isolierten | |
Grünflächen bewegen können. Seinen Namen bekam das Sündenwäldchen, weil | |
sich die Dorfjugend dort einst zu heimlichen Vergnügungen traf. „Sündi“ | |
nennen es nun die AktivistInnen vor Ort. | |
## Brötchen statt Steine | |
Derweil ist der Hauptbetriebsplan für die „bergrechtliche Inanspruchnahme | |
des Tagebaus“ zum Jahresende ausgelaufen. Ein neu genehmigter Betriebsplan | |
ist nicht veröffentlicht. Sonst geschah das immer in den Wochen vor | |
Weihnachten. Auf der RWE-Website ist auch nur die Erlaubnis bis zum 31. | |
Dezember 2024 vermerkt. Auf taz-Anfrage dazu hat der Konzern bis | |
Redaktionsschluss nicht geantwortet, ebenso wie auf die Frage danach, ob | |
tatsächlich ab Montag gerodet werden soll. | |
Auch das zuständige Oberbergamt als Genehmigungsbehörde ließ eine | |
taz-Anfrage bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Wohl aber schreibt das | |
nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium unter der Grünen Mona | |
Neubauer, intern sei der Betriebsplan längst erteilt. Ziel sei es, „die | |
bergbaulich genutzten Flächen so früh wie möglich für eine nachhaltige | |
Nutzung verfügbar zu machen“. | |
UmweltschützerInnen um Michael Zobel laden nun zu einem sehr zeitigen | |
Montagsfrühstück am Sündenwäldchen ein. „Unsere Steine sind belegte | |
Brötchen – unsere Barrikaden sind gedeckte Frühstückstische“, so das Mot… | |
„Lassen wir die mutigen Menschen im Sündenwäldchen nicht alleine!“, | |
schreibt Zobel in einer E-Mail. | |
5 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Hambacher-Forst/!t5013292 | |
[2] https://t.me/suendibleibt | |
[3] https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/neue-proteste-hambacher-forst-100… | |
[4] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187920.kohleausstieg-raeumungsgefahr-am-… | |
## AUTOREN | |
Bernd Müllender | |
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