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# taz.de -- Klimabewegung konserviert: Museumsreife Leistung
> Eine Bretterbude aus dem Hambacher Forst kommt ins Bonner Haus der
> Geschichte. Das ist auch eine Warnung.
Bild: Einsatzkräfte der Polizei neben einem Bretterhaus aus dem Hambacher Fors…
Die Klimabewegung kommt ins Museum. Nein, natürlich nicht die ganze
Klimabewegung! Lediglich ein kleines, aber sehr symbolträchtiges
Häuschen. Eine bunte Bretterbude aus dem Hambacher Forst in
Nordrhein-Westfalen wird Teil einer neuen Dauerausstellung im Bonner Haus
der Geschichte. „Das Solihaus steht für den Einsatz von Bürgerinitiativen
und Aktionsbündnissen gegen den weiteren Kohleabbau“, lautet die offizielle
Begründung des Museums.
Tatsächlich gibt es wohl wenige Waldgebiete in Deutschland, die so umkämpft
sind wie der „Hambi“. 2012 wurden dort erstmals Bäume besetzt und
Baumhäuser gebaut. Immer wieder gab es Räumungen, immer wieder wurde neu
besetzt. 2018 gerieten Polizei und Aktivist*innen besonders heftig
aneinander. Mittendrin: das Soli-Haus.
Dabei kommt die bunte Bretterbude ursprünglich gar nicht aus dem Hambi,
sondern aus [1][dem sächsischen Pödelwitz]. Auch das Bauerndorf Pödelwitz
hat, ähnlich wie der Hambi, eine 13-jährige Widerstandsgeschichte gegen
einen Braunkohletagebau hinter sich. Dass man sich in so einem jahrelangen
Kampf gegenseitig unterstützt, ist natürlich Ehrensache.
2018 brachten die Pödelwitzer*innen das Soli-Häuschen für eine Demo
rüber zum Hambacher Forst, wo es als Werkzeuglager im Camp diente.
Allerdings stand es nicht lange dort. Bei der [2][teils gewaltsamen Räumung
durch die Polizei] noch im selben Jahr nahm das Bauwerk Schaden und wurde
einkassiert.
Klimakämpfe tun weh
Hier wie dort ging der Kampf auf. Wie im Hambi haben auch
Klimaschützer*innen und entschlossene Anwohner*innen in Sachsen es
geschafft, ein kleines Fleckchen Erde vor der Gier eines großen Konzerns zu
retten. Pödelwitz bleibt erhalten, [3][ebenso wie der Hambacher Forst].
Das Bonner Haus der Geschichte gibt die Bretterbude nun in gewissem Sinne
der Öffentlichkeit zurück. Es ist gut, dass die Kämpfe und Schauplätze der
Klimabewegung gewürdigt werden. Allerdings hinterlassen solche
Auseinandersetzungen schmerzhafte Spuren. Der Hambi wurde zwar nach der
Räumung wiederbesetzt und ist es bis heute, die Aktivist*innen zimmerten
neue Baumhäuser und Bretterbuden. Erst Ende vergangener Woche gaben sie
bekannt, einen weiteren Teil des Waldes besetzt zu haben.
Doch bei der Räumung 2018 starb ein Mensch, der Dokumentarfilmer Steffen
Meyn. Und die RWE hört nicht auf: Das Unternehmen baggert um den Wald
herum, gräbt ihm das Wasser ab, bringt ihn zum Austrocknen.
Auch Pödelwitz kämpft gegen den Verfall. Das Dorf am Rand des Tagebaus
gleicht einer Geistersiedlung, nur 30 Menschen leben noch dort. Die
leerstehenden Häuser gehören zum großen Teil der Mibrag, die wie die RWE an
die Braunkohle möchte. Sie lässt das Dorf verkommen.
Man kann einzelne Kämpfe gewinnen und danach vor Erschöpfung kaputtgehen.
Die Verluste und Rückschläge, die Klimaschützer*innen immer wieder
einstecken müssen, sind gewaltig, die Repression ist zermürbend.
Die Bretterbude im Haus der Geschichte steht daher für zwei beachtliche
Erfolge der Klimabewegung. Aber sie ist auch eine Warnung: Wenn wir die
Dörfer und Wälder den Konzernen überlassen, wenn wir sie abbaggern und
austrocknen lassen, anstatt sie mit Leben zu füllen und uns gegenseitig
darin zu unterstützen, dann ist verloren, was zuvor gewonnen wurde.
3 Oct 2024
## LINKS
[1] /Dorf-im-saechsischen-Braunkohlerevier/!5870024
[2] /Zur-Raeumung-im-Hambacher-Forst-2018/!5620746
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## AUTOREN
Katharina Schipkowski
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