# taz.de -- Queerfeindlicher Antrag der AfD: AfD will Regenbogen aus Falkensee … | |
> In Falkensee fordert die AfD ein Verbot der Regenbogenflagge. Ein Bündnis | |
> erinnert die Stadtverordneten vor der Abstimmung an ihre Verantwortung. | |
Bild: Feindbild für die queerfeindliche AfD in Brandenburg: Regenbogenflaggen | |
Berlin taz | Zweimal im Jahr weht für eine Woche die Regenbogenfahne am | |
Rathaus Falkensee. Am Mittwoch entscheidet die Stadtverordnetenversammlung | |
im brandenburgischen Falkensee darüber, ob das auch in Zukunft so bleibt. | |
Und während [1][nicht nur in Sachsen] vielerorts [2][die Brandmauer | |
bröckelt] und AfD-Forderungen durchgesetzt werden, zeigt sich in der | |
brandenburgischen 45.000-Einwohner-Stadt, wie zivilgesellschaftlicher | |
Widerstand gegen die rechte Hegemonie geht. | |
In einem Antrag forderte die AfD Falkensee hier ein Verbot für das Hissen | |
der Regenbogenflagge an öffentlichen Plätzen und Gebäuden der Stadt. Ein | |
breites Bündnis aus Vereinen, Jugendgruppen, Kirchenvertreter:innen | |
und Initiativen reagierte darauf mit Widerstand: Es fordert die | |
Stadtverordnetenversammlung auf, sich für Toleranz, Vielfalt und | |
Menschenrechte zu entscheiden – und somit gegen den AfD-Antrag. | |
Das Bündnis sieht in dem Antrag der AfD einen „Angriff auf die Demokratie, | |
die Menschenwürde und das respektvolle Miteinander“, heißt es in einer | |
Pressemitteilung. Zudem fordert es den parteilosen Bürgermeister Heiko | |
Richter der Stadt Falkensee dazu auf, klar Position zu beziehen. | |
Angeschlossen haben sich dem Bündnis unter anderem der Jugendbeirat | |
Falkensee, der Kreisverband der Grünen im Havelland, die Linke und auch der | |
evangelische Kirchenkreis Falkensee. | |
Der Antrag der AfD liegt der taz vor. [3][Darin greift die | |
autoritär-nationalradikale Partei auf antifeministische Narrative zurück, | |
die anschlussfähig an gängige Verschwörungsideologien sind]. Im Antrag | |
heißt es, die Regenbogenfahne stehe zunehmend für „problematische | |
Ideologien und Praktiken“. Diese würden die moralischen und | |
gesellschaftlichen Grundlagen der Gemeinschaft im Havelland „untergraben“. | |
## Purer Antifeminismus und Verschwörungsideologie | |
Die Regenbogenflagge als „ideologisch“ zu diskreditieren, zielt darauf ab, | |
feministische Errungenschaften im Kontext geschlechtlicher und sexueller | |
Vielfalt zu verunglimpfen und andauernde Emanzipationsbestrebungen zu | |
delegitimieren. Im verschwörungsideologischen Diskurs werden | |
Gleichstellungsbewegungen häufig als Mittel der Eliten betrachtet, um die | |
Bevölkerung zu kontrollieren. | |
So äußerte beispielsweise Björn Höcke im Jahr 2022, das | |
„Regenbogen-Imperium“ sei es, das die „Zerstörung der Nation durch | |
Masseneinwanderung“ forciere. Die rassistische Verschwörungsideologie eines | |
[4][vermeintlichen „Großen Austauschs“] war auch bei rechtsterroristischen | |
Anschlägen wie in Christchurch, El Paso, Halle und Hanau ein Tatmotiv. | |
Auch in der Brandenburger AfD, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer | |
Verdachtsfall geführt wird, ist Antifeminismus und Queerfeindlichkeit nicht | |
neu. So äußerte sich unter anderem der Abgeordnete [5][Hans Christoph | |
Berndt] im vergangenen Landtagswahlkampf queerfeindlich. Der AfD-Politiker | |
gilt dem Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem. Als | |
Ministerpräsident wolle er Regenbogenfahnen verbieten, so Berndt im letzten | |
Jahr. Zudem sprach der rechtsextreme Politiker von einer „kranken Ideologie | |
des Regenbogens“. | |
„Die Sichtbarkeit der queeren Bewegung in Falkensee ist der AfD ein Dorn im | |
Auge“, sagt René Wendt vom Ortsverband der Grünen in Falkensee der taz. Die | |
AfD wolle diese Errungenschaft wieder zurückdrehen, so Wendt. Bjarne Herke | |
schließt sich dem an. Er ist Initiator des „Queer SafeSpace“ in Falkensee, | |
Teil des Bündnisses und organisiert die Kundgebung vor der Stadthalle mit. | |
## Gezielte Strategie – Polarisierung und Destabilisierung | |
Herke sieht in dem Antrag eine gezielte Strategie der Destabilisierung. „Es | |
ist ein weiterer Versuch der AfD, über Polarisierung die Gesellschaft zu | |
spalten“, so Herke. Das „Regenbogenthema“ sei der Einstieg, um auf dem | |
Rücken von vulnerablen Gruppen „wichtige Schritte in Richtung | |
Gleichstellung wieder rückgängig zu machen“. Die AfD versuche dies an | |
verschiedenen Orten nun Stück für Stück umzusetzen. Das kenne man schon aus | |
der Geschichte, so Herke. | |
Die Regenbogenflagge sorgte im vergangenen Jahr auch in Neubrandenburg, | |
Mecklenburg-Vorpommern, für kontroverse Diskussionen. Der Fall geriet | |
bundesweit in die Schlagzeilen, weil Unbekannte am örtlichen Bahnhof | |
wiederholt eine Regenbogenflagge gestohlen und durch eine Hakenkreuzflagge | |
ersetzt hatten. Im Oktober beschloss die Stadtvertretung Neubrandenburg | |
mehrheitlich, die Regenbogenflagge am Bahnhof nicht mehr zu hissen. | |
Unmittelbar nach dem Beschluss kündigte Oberbürgermeister Silvio Witt | |
(parteilos) seinen Rücktritt für Mai 2025 an. Witt gab an, dass | |
fortwährende Beleidigungen in den sozialen Medien und Schmähungen durch | |
Stadtvertreter:innen seine Entscheidung beeinflusst hätten. Der | |
Beschluss der Stadtvertretung stehe „am Ende einer langen Kette von | |
Ereignissen“, äußerte Witt dazu im vergangenen Jahr. | |
Nach medialer Aufmerksamkeit und Kritik am Vorgehen der Stadtvertretung | |
folgte Ende letzten Jahres dann eine Kehrtwende. Im November beschloss die | |
Stadtvertretung mehrheitlich, sich zur Regenbogenflagge als einem | |
internationalen Symbol für Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit zu | |
bekennen. | |
## Mehrheit für AfD-Antrag in Falkensee unwahrscheinlich | |
In Falkensee hatte die Stadtverordnetenversammlung im Jahr 2021 | |
beschlossen, die Regenbogenflagge zweimal im Jahr zu hissen. Seitdem weht | |
die Flagge sowohl in der Woche des CSDs als auch am internationalen Tag | |
gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie am Rathaus der Stadt. Bisher sieht | |
alles danach aus, dass sich dies auch in Zukunft nicht ändern wird und der | |
Antrag der AfD Falkensee von der Stadtverordnetenversammlung mehrheitlich | |
abgelehnt wird. | |
Die Fraktionen der Grünen, der Linken und der SPD wollen den Antrag | |
ablehnen. Auch die CDU äußerte im Vorfeld gegenüber der taz, man lehne den | |
Antrag entschieden ab. In der Stadtverordnetenversammlung Falkensee ist die | |
CDU mit neun Sitzen die stärkste Kraft. Die AfD-Fraktion und SPD-Fraktion | |
stellen je sieben Sitze, die Grünen sechs. Mit je zwei Sitzen sind Die | |
Linke, Freie Wähler und „Wir für Falkensee“ vertreten. Die FDP hat einen | |
Sitz. | |
Heiko Richter, parteiloser Bürgermeister der Stadt Falkensee, äußerte auf | |
Nachfrage der taz, er sei davon überzeugt, dass die | |
Stadtverordnetenversammlung dazu in der Lage sei „sachgerecht mit dem | |
Antrag umzugehen“. Inhaltlich will Richter sich jedoch nicht zum Antrag | |
äußern. Anträge von Fraktionen kommentiere die Stadt Falkensee | |
grundsätzlich nicht, so Richter. | |
## Strafanzeige gegen die AfD | |
Am Dienstag hat die Bundesarbeitsgemeinschaft „Die Linke queer“ nun eine | |
Strafanzeige wegen des Verdachts auf Volksverhetzung gegen die Mitglieder | |
der AfD-Fraktion Falkensee eingereicht. Sie fordern die Staatsanwaltschaft | |
Berlin auf, Ermittlungen aufzunehmen. | |
Vor der Stadthalle Falkensee will das Bündnis heute während der laufenden | |
Stadtverordnetenversammlung ein Zeichen für ein „friedliches, tolerantes | |
und buntes Miteinander“ setzen. [6][Seine Kundgebung soll um 17 Uhr | |
beginnen.] Derzeit rechnet das Bündnis mit rund 100 bis 200 Teilnehmenden. | |
Mit der Kundgebung richtet sich das Bündnis nicht nur gegen den Antrag der | |
AfD. | |
„Wir demonstrieren für die Demokratie und für Menschenrechte“, sagt | |
Mitorganisator Bjarne Herke. Die Demo vor der Stadthalle wolle die | |
Stadtverordneten noch einmal daran erinnern, in welcher Verantwortung sie | |
stehen. Es dürfe keine Option unter den demokratischen Parteien sein, dem | |
Antrag zuzustimmen oder sich neutral zu verhalten. Jede Enthaltung sei auch | |
eine Absage an die Vielfalt in Falkensee, so Herke. | |
29 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Merz-und-die-AfD/!6062183 | |
[2] /Brandmauer-in-saechsischen-Kommunen/!6064675 | |
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[4] /Rechtsextreme-Verschwoerungserzaehlung/!5853428 | |
[5] /AfD-Brandenburg-hat-neuen-Fraktionschef/!5724342 | |
[6] https://bgr-falkensee.de/2025/01/25/die-regenbogenflagge-bleibt-fuer-tolera… | |
## AUTOREN | |
Nicolai Kary | |
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