# taz.de -- 80. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung: Die Vergangenheit nicht zur … | |
> Überlebende stehen im Mittelpunkt der Gedenkveranstaltung zur Befreiung | |
> von Auschwitz-Birkenau. Sie warnen vor steigendem Antisemitismus. | |
Bild: Der polnische Historiker und Holocaust-Überlebende Marian Turski | |
Berlin taz/afp | Es ist wohl eine der letzten Gedenkfeiern, an denen | |
Überlebende des Holocausts teilnehmen. Daher stehen die rund 50 | |
hochbetagten früheren KZ-Insassen im Mittelpunkt des [1][80. Gedenktages] | |
zur Befreiung des NS-Konzentrations- und Vernichtungslagers | |
Auschwitz-Birkenau. „Erinnerungen sind schmerzhaft, sie helfen und warnen | |
uns. Wer sind wir ohne Erinnerungen?“, fragt der Museumsdirektor der | |
Gedenkstätte Piotr Cywinski in seiner Rede. | |
Und die Erinnerungen können nur die Hinterbliebenen liefern. Fünf von ihnen | |
teilen ihre Geschichten an dem Montagnachmittag mit den hochrangigen Gästen | |
aus aller Welt. Dabei nahmen die Redner*innen Bezug auf die aktuellen | |
politischen Konflikte. | |
Der polnische Journalist und Holocaust-Überlebende Marian Turski warnt vor | |
Anfeindungen gegenüber Jüd*innen: „Heute sehen wir einen Anstieg des | |
[2][Antisemitismus]. Das ist der Antisemitismus, der zum Holocaust geführt | |
hat.“ Hass und Hassrede führen nicht zur Konfliktlösung, mahnt er mit Blick | |
auf Israel und Gaza, stattdessen müssen die Konfliktparteien einsehen, dass | |
es keine andere Lösung als den Frieden gebe. | |
Tova Friedmann, die mit fünf Jahren gemeinsam mit ihrer Mutter in das | |
Vernichtungslager [3][Auschwitz-Birkenau] deportiert wurde, richtet sich in | |
ihrer Rede an die anwesenden Hinterbliebenen. Als Kind hätte sie nicht | |
gewusst, was es bedeutet, jüdisch zu sein, doch dass sie als junges | |
jüdisches Kind sterben müsste, war ihr nach all dem Erlebten klar. | |
## Keine Gewalt, keine Rache | |
All die Leute, die heute teilnehmen, wüssten, wie es sich anfühlt, wenn der | |
ganze Körper Widerstand leisten wolle und sich doch kraftlos ergeben muss. | |
„Wir müssen nicht nur erinnern, sondern auch lehren“, warnt sie, „unsere | |
jüdisch-christlichen Werte wurden überschattet von Angst, Extremismus und | |
Argwohn. Der Antisemitismus ist schockierend für uns, unsere Kinder und | |
Enkel“. | |
Daher appelliert sie, weder Gewalt noch Rache auszuüben. Die größte Rache | |
sei gewesen, eine eigene Familie in Frieden zu gründen, sagt die Autorin. | |
Auch der jüdische US-Unternehmer Ronald S. Lauder warnt vor den Gefahren, | |
denen sich Jüd*innen aussetzen müssen. „Wir wollen unsere Vergangenheit | |
nicht zur Zukunft unserer Kinder werden lassen“, zitiert er den | |
Holocaust-Überlebenden Roman Kent. | |
Ansprachen von Politikerinnen und Politikern sind mit Ausnahme des | |
Grußworts von Polens Präsident Andrzej Duda nicht Teil der Gedenkfeier. Aus | |
Deutschland nahmen neben Kanzler Olaf Scholz und Bundespräsident | |
Frank-Walter Steinmeier auch Vizekanzler Robert Habeck sowie weitere | |
Mitglieder von Bundesregierung und Landesregierungen sowie von Bundestag | |
und Bundesrat teil. | |
„Mehr als eine Million Menschen mit Träumen und Hoffnungen wurden in | |
Auschwitz ermordet, ermordet von Deutschen“, erklärte Scholz am | |
Montagmorgen im Onlinedienst X. „Wir dulden kein Vergessen, nicht heute und | |
nicht morgen.“ | |
## Das Vergessen verhindern | |
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mahnte: „Wir müssen das | |
Vergessen verhindern.“ Er beklagte, dass die Erinnerung an den Holocaust | |
immer schwächer werde. „Wir müssen den Hass überwinden, der zu Missbrauch | |
und Mord führt“, betonte Selenskyj. | |
„Vergessen wir niemals die Millionen von Opfern der Shoah“, schrieb auch | |
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Onlinedienst X. „Kämpfen wir | |
unermüdlich gegen Antisemitismus und Hass, im Namen all jener, die ums | |
Leben kamen.“ | |
Die Nazis hatten im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz im | |
besetzten Polen zwischen 1940 und 1945 mehr als eine Million Menschen | |
ermordet, die meisten waren Jüdinnen und Juden aus Europa. Das Lager steht | |
sinnbildlich für den Massenmord an den Juden durch das deutsche NS-Regime | |
und wurde am 27. Januar 1945 durch Soldaten der Roten Armee befreit. | |
Russland wurde seit Beginn des Angriffskrieges vor gut drei Jahren nicht | |
mehr von der Stiftung Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau zur jährlichen | |
Gedenkzeremonie eingeladen. Auch Israels Premier Benjamin Netanjahu blieb | |
der Gedenkfeier fern. Polens Ministerpräsident Donald Tusk hatte bereits | |
Anfang Januar erklärt, jeder Vertreter der israelischen Führung, der an dem | |
Gedenken teilnehmen wolle, könne sich sicher fühlen und werde in Polen | |
nicht verhaftet. Gegen Israels Premier und seinen Ex-Verteidigungsminister | |
wurden im vergangenen Jahr Haftbefehle erlassen. | |
28 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anastasia Zejneli | |
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