| # taz.de -- Generaldebatte im Bundestag: Streit und Einigkeit | |
| > Merz und Scholz fallen in der letzten Bundestagssitzung der | |
| > Legislaturperiode noch mal übereinander her. Doch es gibt auch Szenen der | |
| > Übereinkunft. | |
| Bild: „Schockierender Umgangston“: Friedrich Merz und Olaf Scholz arbeiten … | |
| Berlin taz | Während die Abgeordneten ihre letzten Reden in dieser | |
| Legislaturperiode halten, betritt am Dienstag eine 18-jährige Schülerin mit | |
| ihrer Klasse die Besuchertribüne im Bundestag. „Ich will endlich Heidi | |
| hören“, sagt sie. Doch sie hat Pech: Statt der Gruppenchefin der Linken, | |
| [1][Heidi Reichinnek,] erlebt sie die Rede von Alexander Dobrindt. Der | |
| CSU-Landesgruppenchef wirft Bundeskanzler Olaf Scholz vor, albern zu sein. | |
| „Sie haben wie im Comic gesprochen, sie haben wie im Comic regiert“, so | |
| Dobrindt in Richtung des SPD-Spitzenkandidaten. | |
| Es ist die vorerst letzte Debatte im Plenum, bevor in anderthalb Wochen ein | |
| neuer Bundestag gewählt wird. Die Schülerin, die ihren Namen nicht nennt, | |
| sagt, sie finde den rauen Umgangston im Parlament „schockierend“. Dabei ist | |
| die Sitzung [2][neben den harten Angriffen, die alle Parteien im Wahlkampf | |
| gegeneinander fahren,] auch durch Momente von großer Übereinkunft geprägt: | |
| Politiker*innen wie die Vizepräsidentin des Bundestags, Yvonne Magwas | |
| (CDU), und der ehemalige SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert halten | |
| emotionale Reden über die Bedrohung der parlamentarischen Demokratie. | |
| Scholz arbeitet sich in seiner 25-minütigen Rede an CDU-Chef Friedrich Merz | |
| ab. Er wirft seinem Herausforderer vor, in zentralen Fragen unseriös zu | |
| handeln: [3][vom Umgang mit der Ukraine] bis zur Wirtschaftspolitik. „Wer | |
| in Fragen von Krieg und Frieden so kopflos daherredet, wer so | |
| orientierungslos ist, der sollte keine Verantwortung tragen für | |
| Deutschlands Sicherheit“, ruft er. Scholz wirft Merz dabei vor, etwa in der | |
| Frage der Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers eine uneindeutige Linie zu | |
| fahren. | |
| ## Distanzierter Kanzler | |
| Der Kanzler bleibt in seiner Rede, die er wie gewöhnlich abliest, betont | |
| distanziert: Obwohl der Oppositionschef seine ständige Referenz ist, | |
| adressiert Scholz ihn nur indirekt. „Der Oppositionsführer“ lege mit seiner | |
| Migrationspolitik die Axt an den europäischen Zusammenhalt. „Glauben Sie, | |
| Solidarität entsteht, wenn Deutschland mutwillig europäisches Recht | |
| bricht“, fragt Scholz mit Blick auf den Zusammenhalt in der EU angesichts | |
| von Strafzöllen aus den USA. „Das ist doch naiv, das schadet deutschen | |
| Interessen“, so Scholz. | |
| In seiner Replik gibt sich Merz betont gelassen und spottet über die | |
| Rhetorik des Kanzlers. „Was war das denn für eine überhebliche und | |
| kleinkarierte Rede“, sagt der CDU-Chef unter Gelächter aus der | |
| Unionsfraktion. Er bezeichnet Scholz’ Auftritt als „25-minütige abgelesene | |
| Empörung über den Oppositionsführer“. Merz hält dem Kanzler den Frust an | |
| der Ampelregierung vor. „Wir hatten einen täglichen ununterbrochenen Streit | |
| in Ihrer Koalition“, sagt er. Die letzten zwölf Monate seien „ein | |
| verlorenes Jahr für Deutschland“ gewesen. | |
| Ähnlich wie Scholz nutzt auch Merz seine Redezeit ausschließlich, um sich | |
| an dem jeweils anderen abzuarbeiten, dazu holt er sogar die | |
| Sozialistenkeule gegen Scholz raus und bezeichnet seine Steuerpläne als | |
| „Klassenkampf“. Eigene Angebote, was er künftig konkret anders zu machen | |
| gedenkt, liefert der CDU-Chef keine. Am Ende versucht Merz dennoch eine | |
| kleine Brücke zu bauen: „Es gibt den 23. Februar, bis dahin werden hart | |
| kämpfen.“ Doch nach den Wahlen sollte die „breite politische Mitte“ in d… | |
| Lage sein, die Probleme im Land zu lösen, sagt der CDU-Chef. | |
| Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck wirft sowohl Merz als auch Scholz vor, | |
| in ihren Reden nur in die Vergangenheit geguckt zu haben. „Das | |
| Zukunftsthema, das hier wieder fehlte, war der Kampf gegen die globale | |
| Erderwärmung“, sagt Habeck. Das laute Johlen, das er von den | |
| Klimawandelleugnern aus der AfD-Fraktion erntet, bezeichnet der Vizekanzler | |
| als „animalisches Grunzen“. Habeck wirft CDU und SPD vor, die Augen zu | |
| verschließen vor der Arbeit, die nötig sei, um die Klimaneutralität zu | |
| erreichen. | |
| ## Weidel will Merz Hand ausstrecken | |
| AfD-Chefin Alice Weidel nutzt ihren Auftritt noch mal, um ihre inhaltliche | |
| Nähe zur Union zum Ausdruck zu bringen. „Unsere Hand ist ausgestreckt“, | |
| sagt sie in Richtung von Merz – obwohl dieser eine Zusammenarbeit mit den | |
| extrem Rechten erneut ausgeschlossen sehen wollte. | |
| Reichinnek betritt am Ende der Debatte das Pult. Sie bemängelt, dass | |
| Politik für Kinder und Jugendliche im Wahlkampf nicht stattfände – da ist | |
| die Schülerin schon nicht mehr im Saal. | |
| 11 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Luisa Faust | |
| Cem-Odos Güler | |
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