# taz.de -- Entlastung des Hamburger Hauptbahnhofs: Die Linke will einen Tunnel… | |
> Laut Gutachten ließen sich Engpässe am Knoten Hamburg durch einen Tunnel | |
> unterm Hauptbahnhof lösen. Dann könnten Züge von Ost nach Süd | |
> durchfahren. | |
Bild: Fernzüge, Regios, S-Bahnen: Die Gleise des Hamburger Hauptbahnhofs sind … | |
Hamburg taz | Mit einer eigenen Tunnel-Idee trat am Mittwoche die | |
Linken-Verkehrsexpertin Heike Sudmann vor die Presse. Um den Engpass im | |
[1][Hamburger Hauptbahnhof] zu beheben, soll der Bund einen Fernbahntunnel | |
bauen. Der würde kurz hinter Harburg in die Tiefe führen, die Elbe | |
unterqueren und dann unter dem Hauptbahnhof an einer neu geschaffenen | |
Gleisebene halten. Sodann würde der Tunnel bis Rothenburgsort fortgesetzt, | |
von wo aus die Züge oberirdisch Richtung Berlin und Lübeck weiterführen. | |
Sudmann, die mit der Studie für diesen Vorschlag die Verkehrsplaner Dieter | |
Doege und Jens Ode beauftragte, möchte damit gleich mehrere Probleme lösen. | |
Zum einen würde der „Hauptbahnhof-Entlastungstunnel“ (HET), wie der Name | |
sagt, den Bahnhof entlasten. Denn dessen zehn Gleise unter dem großen | |
Kuppeldach von 1906 sind ständig belegt. Das liegt auch an der Konstruktion | |
der Schienenwege. Die Gleise führen zwar vom südlichen Ende zum nördlichen | |
Ende hindurch, werden aber faktisch von vielen Regionallinien als Endhalte | |
genutzt. So stehen sie dort bis zur Wiederabfahrt. | |
„Der Geburtsfehler war die Gestaltung als Keilbahnhof“, schreiben Doege und | |
Ode. Folglich haben die drei Strecken in Richtung Lübeck, Berlin und | |
Hannover/Bremen keine direkte Verbindung untereinander. Doch die Züge | |
fahren auf diesen drei Strecken sechsmal so häufig wie auf jenen Strecken | |
nördlich von Hamburg Richtung Westerland, Flensburg oder Kiel. Das führen | |
die beiden darauf zurück, dass der Nordwesten Schleswig-Holsteins geringer | |
besiedelt ist. Deshalb ergibt die Idee, Züge einfach von dort in den Süden | |
durchfahren zu lassen, nicht so viel Sinn. | |
Ein weiteres Problem: Für Skandinavien-Züge, die über Lübeck weiter in den | |
Süden wollen, gibt es am Hamburger Hauptbahnhof nur ein einziges Gleis, | |
dass dies ermöglicht, und zwar nach einem Fahrtrichtungswechsel. Diese | |
Verbindung wäre dem Verkehrszuwachs [2][des künftigen Fehmarn-Belt-Tunnels] | |
nicht gewachsen. | |
## Störanfällige Elbbrücken | |
Ein viel diskutierter Plan des Bundes ist ein anderer Tunnelbau. Die S-Bahn | |
auf der Strecke zwischen Hauptbahnhof und Altona, „Verbindungsbahn“ | |
genannt, soll unter die Erde, um dort die Gleise für übrige Züge zu | |
schaffen. Der „Verbindungsbahnentlastungstunnel“, kurz VET, ist aber wegen | |
des nötigen Neubaus von vier S-Bahnhöfen mit großen offenen Baustellen und | |
hohen Kosten verbunden. Zudem würde er die Engpässe am Hauptbahnhof eher | |
noch verschlimmern, sagt Sudmann. Doch durch den HET werde der VET | |
„überflüssig“, sagt sie. „Die geplanten riesigen Baugruben entfallen.“ | |
Als störanfälliges Nadelöhr gelten auch die Elbbrücken. Im Sommer 2022 | |
machte ein unter einer der Brücken brennender Laster deutlich, dass ein | |
Unglück ausreicht, um Hamburg vom Bahnverkehr südlich der Elbe | |
abzuschneiden. Zudem sind sie sanierungsbedürftig. Für die Norderelbbrücke | |
planen Deutsche Bahn, Stadt und Bund einen Ersatzbau mit einer Erweiterung | |
von vier auf sechs Gleise, für den schon ein Wettbewerb läuft. Auch die | |
Süderelbbrücke soll ersetzt werden. Doch für Sudmann sind das „nur wenig | |
wirksame Einzelmaßnahmen“, die den Engpass nicht lösen. | |
Der von ihrer Studie vorgeschlagene Tunnel ginge hinter Harburg in die Erde | |
und bräuchte keine offenen Baustellen. Doege und Ode wählten die Strecke | |
so, dass die Züge keine hohe Steigung nehmen oder enge Kreise fahren | |
müssen. Und an den beiden Tunnel-Enden in Rothenburgsort und Harburg gebe | |
es ein „stark industriell geprägtes Umfeld“ mit guten Verkehrsverbindungen. | |
Das ermögliche den Bau des insgesamt 14,3 Kilometer langen Tunnels ohne | |
störende Baustellen in Hamburgs City. | |
Die drei neuen Bahnsteige unter dem Hauptbahnhof sollen je 850 Meter lang | |
sein und bis zum Gerhart-Hauptmann-Platz reichen. Nur dort gäbe es einen | |
Nebenzugang und dafür eine offene Baustelle. Da der unterirdische Bau | |
komplett durch eine Tunnelbohrmaschine erfolge, sei der Bau „maximal | |
stadtverträglich“. | |
## Leere Kassen im Bund | |
Gewonnen würden mit der neuen „Süd-Ost-Verbindung“ attraktive | |
Direktverbindungen mit kürzerer Fahrzeit, etwa zwischen Lübeck und | |
Hannover/Bremen. Außerdem würde der Hauptbahnhof gegenüber heute um 35 bis | |
45 Prozent entlastet und sei „ausreichend leistungsfähig für die nächsten | |
Jahrzehnte“. Und auf den Elbbrücken wäre Platz für Züge aus dem Norden. | |
Doch egal um welches Verkehrsprojekt es gerade geht, die Kassen im Bund | |
scheinen ziemlich leer zu sein. Hamburgs grüner Verkehrssenator Anjes | |
Tjarks mahnte gerade an, dass „der Bund derzeit zu wenig Geld für die | |
Erfüllung der Aufgaben des [3][Bundesverkehrswegeplans] hat“. Das betreffe | |
auch Projekte im Norden, seien es die Elbbrücken, die Autobahnen oder der | |
VET. Deswegen müsse der Bund entweder [4][die Schuldenbremse] | |
investitionsfreundlich weiterentwickeln oder einen | |
Infrastruktur-Investitionsfonds auflegen. Tjarks: „Die CDU im Bund lehnt | |
beides ab.“ | |
Heike Sudmann sagt indes, sie sei „positiv gestimmt, dass mein Vorschlag | |
auf Resonanz stößt“. Schließlich habe doch der frühere Staatssekretär des | |
Bundesverkehrministeriums, Enak Ferlemann, so einen Tunnel 2019 schon mal | |
in einem Schriftwechsel mit der Hamburger Verkehrsbehörde ins Gespräch | |
gebracht. Sudmann: „Gegenüber dem VET ist dies die effektivere und | |
günstigere Lösung.“ | |
Zum konkreten Tunnel-Vorschlag will sich die Hamburger Verkehrsbehörde | |
hingegen auf Nachfrage zunächst nicht äußern. | |
6 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Loesungsvorschlag-fuer-Hamburgs-Zugproblem/!6005329 | |
[2] /Sorge-um-feste-Fehmarnbeltquerung/!5903716 | |
[3] /Bundesverkehrswegeplan-in-der-Kritik/!5996189 | |
[4] /Diskussion-um-Reform/!6062201 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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