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# taz.de -- Geplanter Protest gegen AfD-Parteitag: Das Riesa-Moment des Antifas…
> Die Proteste und Blockaden gegen den AfD-Parteitag im sächsischen Riesa
> am Wochenende dürften groß werden. Hat die antifaschistische Bewegung
> Aufwind?
Bild: Ob in Riesa oder Essen: Faschos gehören aufgefressen
Am 14. Januar 2023 schien in Lützerath für einen kurzen Moment alles wieder
möglich. Bis zu 40.000 Menschen versuchten, das von der Polizei hermetisch
abgeriegelte Braunkohledorf zu stürmen, das einige Aktivist:innen
besetzt hielten. Die legendäre „Schlammschlacht von Lützerath“ war ein
elektrisierendes Moment: Die Klimabewegung kam zusammen und zeigte ihre
geballte Macht. Als die Polizeiketten durchbrochen wurden, schien die
Klimabewegung für einen Moment wieder lebendig.
Nun, fast auf den Tag genau zwei Jahre später, scheint sich eine
vergleichbare Bewegungsmagie zu entfalten. Die Mobilisierung für die
Proteste und Blockaden gegen den Parteitag der AfD im sächsischen Riesa
explodiert derzeit jedenfalls. Über 200 (!) Busse aus über 70 Städten hat
[1][das Widersetzen-Bündnis] bundesweit organisiert, alleine aus Berlin und
Umgebung machen sich 40 Busse auf den Weg. Tickets sind kaum noch zu
ergattern.
Am Montag scheiterte für viele Interessierte ein Zoom-Call an völliger
Überlastung, in dem über mögliche strafrechtliche Konsequenzen von
Aktivismus in Sachsen aufgeklärt werden sollte. 500 Leute nahmen teil,
damit hatte das Widersetzen-Bündnis offenbar nicht gerechnet.
Fahrgemeinschaften bilden sich, auch die Züge dürften voll werden. Von
Dresden macht sich eine Rennfahrraddemo auf den Weg. „Egal wie – Kommt nach
Riesa!“, schreibt [2][das Widersetzen-Bündnis auf Telegram].
## Beginn eines Protestzyklus
Doch der Vergleich mit Lützerath hinkt. Retrospektiv betrachtet markierte
Lützerath schließlich vor allem das vorläufige Ende des Protestzyklus der
Klimabewegung. Mit dem Abbaggern von Lützerath, für das die Grünen ihren
Segen gegeben hatten, wurde auch das letzte bisschen Hoffnung auf wirklich
ernstzunehmende Klimapolitik begraben. Antifaschismus ist dagegen zwar
uralt, steht in seinem derzeitigen Bewegungszyklus aber – so könnte eine
These lauten – noch ganz am Anfang.
Ein kurzer Blick zurück: Seit nun etwa 10 Jahren (für gesellschaftliche
Entwicklungen keine allzu lange Zeit) kollabiert der antifaschistische
Konsens der Bundesrepublik – dass es also lange zumindest als verpönt galt,
öffentlich Ausländer, Queers und Juden zu hassen. Seither wächst die AfD
und faschisiert sich, Konservative und Neoliberale sind ebenfalls in einem
Prozess der voranschreitenden Rechtspopularisierung, Geflüchtete werden
systematisch entrechtet, migrantisierte Menschen und
Sozialleistungsempfangende stigmatisiert und zum Sündenbock für alles
erklärt.
Der Rechtsruck ist im vollen Gange – bisher völlig ungebremst. Doch es gibt
Anzeichen dafür, dass sich die Teile der Bevölkerung, die auch weiterhin
keinen Bock auf Faschismus haben, aus ihrer Schockstarre und Apathie zu
lösen beginnen. Die riesigen [3][Massenproteste gegen Faschismus Anfang
2024] waren ein erster Ausdruck dieser moralischen Empörung, die sich
allerdings nicht in organisierten Widerstand übersetzte. Im Juli
vergangenen Jahres schaffte es dagegen das neue Widersetzen-Bündnis
erstmals, [4][zum Parteitag der AfD in Essen] Zehntausende für massenhaften
zivilen Ungehorsam gegen Faschismus zu mobilisieren.
Die AfD reagierte auf diesen zivilgesellschaftlichen Druck sofort und
verlagerte ihren Parteitag aus der westdeutschen Metropolregion zurück ins
ostdeutsche Hinterland. Wird es nun auch dort ungemütlich für die
Menschenfeinde, hat dies deshalb wirkliches Potenzial, einen Anker gegen
den dramatischen Verfall des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu werfen.
Denn klar ist: Die AfD hetzt die Menschen in diesem Land gegeneinander auf,
Widerstand dagegen ist wichtig und richtig.
## Ungehorsam und Konzerte
Wer am Samstag (11. 1.) individuell nach Riesa anreist, solle vor 6:30 Uhr
morgens vor Ort sein, um pünktlich für die Aktionen da zu sein, so das
Bündnis. Treffpunkt für die gemeinsame Anreise aus Leipzig ist um 4:30 Uhr
morgens am Leipziger Hauptbahnhof. Dort gibt es schon am Freitag eine
Mahnwache, um Schlafplätze und Transport zu organisieren und Bezugsgruppen
für alle zu finden, die noch auf der Suche sind. Zudem finden
Aktionstrainings und -plena statt, abends gibt es Essen. Es gibt auch eine
Schlafplatzbörse ([5][Ich suche…] / [6][Ich biete…]) für Leipzig und
Dresden.
Für alle, die eine Auffrischung benötigen, wie das mit diesem zivilen
Ungehorsam genau funktioniert, finden in Berlin mehrere Aktionstrainings
statt. Am Mittwoch veranstalten Verdi und die DGB-Jugend ein solches von 16
bis 20 Uhr in der Oberlandstr. 25-36; am Donnerstag die Initiative Studis
gegen Rechts von 15 bis 21 Uhr am selben Ort. Zudem besteht die
Möglichkeit, Audiodateien an [7][[email protected]] zu senden,
falls man der AfD mal eine Ansage machen will. Die Sprachnachrichten werden
auf der Kundgebung über den Lautsprecher in Richtung AfD gespielt.
In Riesa starten am frühen Morgen des Aktionssamstags – ab etwa 6:30 Uhr –
die massenhaften Aktionen des zivilen Ungehorsams. Etwas später – um 7:45
Uhr – startet eine Demonstration vom Bahnhof Riesa zur WT Energiesysteme
Arena, vormals Sachsen-Arena, dem Tagungsort der AfD. Vor der Arena beginnt
um 9 Uhr eine Protestkundgebung, auf der es Livemucke von La Rey, Pöbel MC,
ZSK und Team Scheisse geben wird.
## Antifaschistisch organisieren
Wer sich bereits im Vorfeld von Riesa antifaschistisch organisieren will,
kann diesen Neujahrsvorsatz bereits am Freitag einlösen und beim
[8][Offenen Antifa Treffen in Hohenschönhausen mitmachen]. Das Treffen ist
das erste überhaupt. Beim gemeinsamen Transpi-Malen und bei leckerer Küfa
sollen Pläne geschmiedet werden, wie in der Hochburg der Rechtsextremen
antifaschistischer Widerstand aufgebaut werden kann. Alle sind willkommen –
egal, ob mit Antifa-Vorerfahrung oder nicht (Freitag, 10. 1., Am Berl 13,
S-Bhf. Wartenberg, 18:00).
Und weil Antifaschismus immer intrinsisch mit dem Kampf gegen Unterdrückung
weltweit verbunden ist, darf das Demowochende gerne am Sonntag (12. 1.)
weitergehen. Da findet nämlich die traditionelle
[9][Luxemburg-Liebknecht-Demonstration] statt, die der Ermorderung der
beiden Kommunist:innen durch faschistische Freikorps 1919 gedenkt. Ein
alljährlicher Pflichttermin für alle, die den Kampf von Rosa und Karl
weiterführen wollen (U-Bhf. Frankfurter Tor, 10 Uhr). Zeitgleich findet
auch [10][ein Gedenken am Sozialistenfriedhof (Gudrunstraße 20)] mit den
Parteispitzen der Linkspartei statt.
Wer rechte Argumente besser kontern lernen will, kann am kommenden Dienstag
(14. 1.) einen [11][Workshop der Offene Antifa Plattform Friedrichshain]
besuchen. Diskutiert werden soll dort der Umgang mit einer
gesellschaftlichen Situation, in der rechte Äußerungen auf der Arbeit, in
der Schule oder im Alltag immer häufiger werden. Welche Handlungsoptionen
in solchen Situationen zur Verfügung stehen, wie rechte
Argumentationsmuster aufgebaut sind und wie eigene Gesprächsstrategien
eingesetzt werden können, soll interaktiv herausgearbeitet werden
(Türrschmidtstraße 1, 18 Uhr).
8 Jan 2025
## LINKS
[1] https://widersetzen.com/
[2] https://t.me/widersetzen_essen
[3] /Schwerpunkt-Demos-gegen-rechts/!t5338539
[4] /Protest-gegen-AfD-Bundesparteitag/!6020433
[5] https://www.redseat.de/schlafplatzboersesuche/
[6] https://www.redseat.de/schlafplatzboerseangebot/
[7] http://systemli.org
[8] https://stressfaktor.squat.net/node/309736
[9] https://www.ll-demo.de/
[10] https://www.die-linke.de/start/termine/detail/stilles-gedenken-an-rosa-lux…
[11] https://stressfaktor.squat.net/node/309995
## AUTOREN
Timm Kühn
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