# taz.de -- Unter Syriens neuer Regierung: Aus für Moskaus Mittelmeerhafen | |
> Die neue syrische Regierung kündigt den Pachtvertrag eines russischen | |
> Unternehmens für den Hafen in Tartus. Russland verliert damit seine | |
> einzige Marinebasis im Mittelmeer. | |
Bild: Die Barrieren am Hafen von Tartus zeigten auch nach dem Fall von al-Assad… | |
Damaskus taz | Nach einem halben Jahrhundert könnte nun die russische | |
Anwesenheit an der syrischen Küste zu Ende gehen. Am Montag kündigte die | |
neue syrische Regierung unter Ahmed al-Scharaa an, den Pachtvertrag mit dem | |
Unternehmen Stroytransgaz im Hafen der [1][Küstenstadt Tartus] zu beenden. | |
Seit 1977 unterhält die erst sowjetische und dann russische Marine dort | |
einen Stützpunkt, den Hafen nutzte sie seit 1971. Vor wenigen Jahren hatte | |
Syrien einen Vertrag unterschrieben, der Russland die Nutzung der Basis für | |
weitere 49 Jahre erlaubte und russische Investitionen in Höhe von 500 | |
Millionen US-Dollar für die Modernisierung und den Ausbau des Hafens | |
vorsah. Der Hafen von Tartus war für die russischen Seestreitkräfte die | |
einzige Basis im Mittelmeer und ein wichtiger Knotenpunkt, um in Nordafrika | |
zu agieren und Marineschiffe in der Region zu versorgen und reparieren. | |
Unter der Familie al-Assad, die das Land 54 Jahre lang autoritär regierte, | |
hatten sich die Beziehungen Syriens zu Russland intensiviert. [2][Auch dank | |
der militärischen Unterstützung aus Moskau] konnte sich das syrische Regime | |
in den Jahren des [3][Bürgerkriegs] an der Macht halten. | |
Nach dem Sturz al-Assads Anfang Dezember durch eine Rebellenkoalition, | |
angeführt von der islamistischen Gruppe Hai’at Tahrir asch-Scham unter | |
al-Scharaa, verbreiteten sich in der Hafenstadt schnell Gerüchte über einen | |
bevorstehenden russischen Abzug. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte | |
Assads Familie nach dem Machtwechsel Asyl gewährt. Mitte Dezember verlegte | |
Russland dann ohne offizielle Ankündigung mehrere Kriegsschiffe, die vor | |
Tartus vor Anker lagen, an unbekannte Orte. Die nun erfolgte | |
Vertragskündigung kam daher nicht überraschend. | |
Ukrainischen Medienberichten zufolge soll Russland bereits Anfang Januar | |
teure, möglicherweise militärische Ausstattung an einem Kai in Tartus | |
gesammelt haben. Die [4][neue syrische Verwaltung] soll jedoch ein | |
russisches Frachtschiff an der Einreise gehindert haben. Am Dienstag | |
zirkulierten dann mehrere Meldungen in Onlinemedien und -netzwerken, das | |
Schiff habe nun in Tartus angelegt. Riad Judy, Direktor der Hafenbehörde in | |
Tartus, erklärte nun der Zeitung Al-Watan, dass „alle Einkünfte aus den | |
Hafengeschäften ab jetzt den Interessen des syrischen Staates dienen | |
werden“. | |
Was das für Russland auf geopolitischer Ebene bedeutet, ist noch unklar. | |
Sicher ist, dass der Hafen von Tartus ein wichtiger Stützpunkt für die | |
russische Marine im Mittelmeer war und sein Verlust ein harter Schlag für | |
Putins Seestreitkräfte sein könnte. Noch im Dezember hatte Russlands | |
Vize-Außenminister Michail Bogdanow dem US-Medium Bloomberg gesagt, dass | |
Russland seine zwei Marine- und Luftbasen in Syrien behalten wolle. | |
Russland unterhält in Syrien außerdem einen Luftstützpunkt in Latakia, die | |
Khmeimim-Luftbasis. Von dort aus flog es Luftangriffe auf Stellungen von | |
Terrorgruppen wie dem „Islamischen Staat“ sowie oppositionellen Rebellen | |
während des syrischen Bürgerkriegs. Noch ist die Basis in Betrieb, doch die | |
Zukunft von Russlands Anwesenheit in Syrien ist nun noch ungewisser. Es sei | |
klar gewesen, dass Moskau irgendwann die Vorteile, die es unter al-Assad | |
genoss, verlieren, sagt der Geopolitik- und Nahost-Experte Amer | |
al-Sabaileh. „Die Syrer*innen wissen, dass der Weg zur Aufhebung der | |
Sanktionen durch die USA und den Westen verläuft. Aber Russland wird | |
weiterhin versuchen, politisch und diplomatisch anwesend zu sein, auch um | |
einen Nutzen beim Wiederaufbau Syriens zu haben.“ | |
22 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Serena Bilanceri | |
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