# taz.de -- Zocken unter der Schulbank: Hamburger Elterninitiative will Handys … | |
> Viele Schüler können der Versuchung nicht widerstehen, im Unterricht zu | |
> zocken. In Hamburg fordern Eltern die Kultusminister auf, private Handys | |
> im Unterricht zu verbieten. | |
Bild: Spätestens bei den Abi-Prüfungen ist Schluss mit Smartphones | |
Hamburg taz | Es wäre doch so praktisch, fand Hamburgs Senat. Die meisten | |
Schüler hätten eh ein Smartphone. Darum bekamen die Schulen zwar WLAN und | |
Whiteboards und ein paar tausend Geräte für Bedürftige, aber | |
„grundsätzlich“ setzte der Senat darauf, dass die Schüler „ihre eigenen | |
[1][Smartphones im Unterricht] einsetzen“. „Bring your own device“, kurz | |
„BYOD“, heißt dieses Prinzip. | |
Wem also am Bildungserfolg seines Kindes gelegen war, der kaufte so ein | |
Ding und packte es mit Tuschkasten und Heften [2][in den Ranzen]. Eine | |
Gruppe von Eltern einer Grundschule fand das zu früh, zumal für sie auch | |
damals schon Gefahren absehbar waren. „Wir haben uns entschieden, dass wir | |
lieber warten und uns nicht dem Gruppendruck beugen möchten“, sagt Vater | |
Tobias Windbrake. Sie gründeten „[3][Smarter Start ab 14]“. Die Initiative | |
vernetzt Eltern, die ihren Kindern nicht vor 14 ein Smartphone geben | |
wollen. | |
Die Idee: Sind es 20 oder 30 Prozent einer Klasse, die nicht mitmachen, ist | |
der Gruppendruck nicht so groß und die Kinder sind keine Außenseiter. | |
Allein in Hamburg, sagt Windbrake, seien derzeit Eltern von 150 Schulen bei | |
der Initiative dabei, bundesweit Eltern von über 500 Schulen. | |
Inzwischen gibt es immer mehr Studien, beispielsweise [4][Pisa 2022], die | |
Nachteile der Handynutzung aufzeigen. Etwa, dass sie Schüler ablenken und | |
Mobbing verstärken. Für Windbrake, von Beruf Wirtschaftsinformatiker, ist | |
klar, dass sogenannte weiche Handy-Regeln und -Verbote nicht wirken: etwa | |
den Schülern zu erlauben, ihr Gerät in der Tasche dabeizuhaben und es nur | |
hervorzuholen, wenn sie es im Unterricht brauchen. | |
## Digitaler Zucker | |
„Die Kinder nutzen es unter dem Tisch“, sagt er. „Wir sprechen vom | |
‚digitalen Zucker‘. Social Media, Onlinegames und | |
Video-Streaming-Plattformen sind so designt, dass sie süchtig machen | |
können.“ Es sei von Kindern zu viel verlangt, die Selbstdisziplin | |
aufzubringen, diese Angebote nicht zu nutzen. Denn das notwendige Maß an | |
Selbstkontrolle sei noch nicht vorhanden, der dafür zuständige präfrontale | |
Kortex im Gehirn erst im jungen Erwachsenenalter ausgereift. | |
In Hamburg hat die Debatte Fahrt aufgenommen, seit das Gymnasium | |
Christianeum diesen Herbst ein [5][Handyverbot] in der Schulzeit erließ | |
und eine positive Bilanz zog. Die oppositionelle CDU forderte vom | |
rot-grünen Senat prompt eine einheitliche Richtlinie. Doch SPD, Grüne und | |
auch die Linke setzen auf das Prinzip der selbstverantworteten Schule. | |
Sprich: Jede Schule sucht sich ihre Lösung. | |
Rein rechnerisch kommt in den Hamburger Schulen ein Gerät auf drei Schüler, | |
ohne das Mitbringen eigener Geräte geht es also nicht. Das beiße sich nicht | |
mit dem Handyverbot, sagt die Schulbehörde. Die Schüler könnten ja Tablets | |
und Laptops mitbringen. | |
## Technischer Schutz | |
„Wir halten ‚Bring your own device‘ für einen Irrweg“, sagt Windbrake.… | |
den mitgebrachten Tablets der Schüler, ja selbst auf Schulgeräten habe man | |
häufig „exakt dieselben Probleme“, weil es keinen ausreichenden technischen | |
Schutz gebe. Ideal sei, wenn Schulgeräte zentral und professionell | |
gemanagt würden, mithilfe eines „Mobile-Device-Managements“, das den | |
Zugriff auf den „digitalen Zucker“ verhindere. | |
In anderen Ländern wie Frankreich, Schweden und England sind längst | |
Handyverbote an Schulen erlassen worden. Der Elternverein fordert darum | |
[6][über eine Onlinepetition] die Kultusminister der Bundesländer auf, | |
„smartphonefreie Schulen“ zu schaffen. | |
„Das Prinzip der selbstverantworteten Schule ist gut, aber hierfür nicht | |
geeignet“, sagt Windbrake. Bis jede der 40.000 Schulen in Deutschland ein | |
Verbot beschlossen habe, dauere es einfach zu lange. | |
5 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Digitalisierter-Unterricht-in-Hamburg/!5493134 | |
[2] /!5491249/ | |
[3] https://www.smarterstartab14.de/ | |
[4] /Pisa-Schock-fuer-deutsche-Schuelerinnen/!5974146 | |
[5] /Handyverbote-an-Schulen/!6044189 | |
[6] https://www.change.org/p/smartphonefreie-schulen-jetzt | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Stadtland | |
wochentaz | |
Handy | |
Schule | |
Besorgte Eltern | |
CDU Hamburg | |
Bildungspolitik | |
Handy | |
Bildungspolitik | |
Schule | |
Medienkonsum | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Schule ohne Social Media: Und jetzt bitte Telefone wegpacken | |
In einem bundesweit einzigartigen Projekt verbannt die Stadt Solingen | |
Smartphones aus den fünften Klassen aller Schulen. | |
Smartphones im Unterricht: Handyverbot an Berlins Schulen gefordert | |
Um Berlins Schüler*innen vor Cybermobbing und Gewalt-Videos zu schützen, | |
wollen drei Bezirksstadträte Smartphones an Schulen generell verbieten. | |
Handyverbote an Schulen: Lernen, offline zu sein | |
Viele europäische Länder haben Handys an Schulen verboten, auch in | |
Deutschland wird es wieder diskutiert. Eine Schule in Leipzig probiert es | |
aus. | |
Handyverbot an niederländischen Schulen: Smartphone nur noch im Schließfach | |
Die Niederlande wollen Handys und Tablets aus Klassenzimmern verbannen. In | |
Deutschland regeln die Bundesländer die Nutzung unterschiedlich. | |
Medienkonsum bei Kindern: Smartphone erst ab elf Jahren | |
Der Kinderarzt Thomas Fischbach fordert für Kinder eine Beschränkung des | |
Medienkonsums. „Zwei Stunden pro Tag – das ist genug!“, sagt er. |