# taz.de -- Bundestagswahl am 23. Februar: Quoten-Poker um die besten Listenpl�… | |
> In diesen Tagen stellen Berliner CDU, Grüne und SPD ihre Kandidaten für | |
> die Bundestagswahl auf. Nur bei den Grünen ist klar: An der Spitze steht | |
> eine Frau. | |
Bild: Das Ziel all derer, die sich nun bei Parteitreffen um aussichtsreiche Lis… | |
Berlin taz | Die Vertrauensfrage ist noch gar nicht gestellt, der Bundestag | |
noch nicht aufgelöst. Doch spätestens seit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) | |
am Mittwoch die Vertrauensabstimmung beantragt hat, besteht kaum Zweifel | |
mehr daran, [1][dass am 23. Februar Neuwahlen zum Bundestag stattfinden.] | |
Deshalb sind nun auf die Schnelle die Leute zu nominieren, die dann auf den | |
Stimmzetteln stehen. Das machen jetzt binnen einer Woche CDU, Grüne und | |
SPD, Berlins drei größte Parteien. Anders als 2021 könnte wieder bei allen | |
eine Frau an der Spitze der Liste stehen. | |
Den Anfang macht an diesem Donnerstag die CDU in einem Tagungshotel in | |
Moabit mit einem Treffen, das laut Wahlgesetz gar kein normaler Parteitag | |
ist, sondern „Landesvertreterversammlung“ heißt. Am Samstag folgen an | |
gleicher Stelle die Grünen, die dort [2][am letzten Novemberwochenende | |
schon ihren regulären Parteitag zu Wohnungs- und Mietenpolitik abhielten]. | |
Mittwochabend trifft sich dann die SPD, die dazu das Foyer des | |
Willy-Brandt-Hauses nutzt, ihre Bundeszentrale. | |
Um was es geht, das sind die sogenannten Landeslisten. Darüber schicken die | |
Parteien Leute ins Parlament, wenn ihnen dort mehr Sitze zustehen, als sie | |
Wahlkreise gewinnen. Die Berliner Grünen beispielsweise hatten bei der | |
Bundestagswahl 2021 mit ihren 22 Prozent bei den Zweitstimmen Anspruch auf | |
sieben Sitze. Weil sie drei der zwölf – weitgehend mit den Bezirken | |
identischen – Wahlkreise gewannen, rückten vier Kandidaten über die Liste | |
ins Parlament, mit der heutigen Bundesfamilienministerin Lisa Paus an der | |
Spitze. | |
Vor der Neuwahl stehen die Grünen in Berlin zwar [3][nach einer Umfrage von | |
Ende November] ähnlich gut da wie 2021. Doch weil der Bundestag nach einer | |
Wahlrechtsreform von jetzt 738 auf dann 630 Sitze schrumpft, würden sich | |
diesmal aus 22 Prozent nur sechs Sitze ergeben. Bei erneut drei | |
Wahlkreissiegen wären über die Liste nur noch drei Mandate zu besetzen, | |
wobei das letzte davon wacklig wäre. Die entscheidende Frage am Samstag ist | |
darum: Wer unter denen, die keinen Wahlkreis gewinnen, rückt gleich hinter | |
Lisa Paus in den Bundestag, die erneut Spitzenkandidatin sein will? | |
## Wahlrechtsreform wirkt sich aus | |
Im Kern müssen sich die Berliner Grünen entscheiden: Wollen sie den zum | |
Bundeswahlkampfleiter avancierten Neuköllner Abgeordneten Andreas Audretsch | |
sicher im Bundestag sehen? Oder honorieren sie, dass die vormalige | |
Parteichefin Nina Stahr Ende 2023 auf Bitten der Partei das Amt erneut | |
übernahm, als der Landesverband ins Chaos abzugleiten drohte? | |
Bei einem Wahlergebnis auf Höhe der jetzigen Umfrage reicht es für beide, | |
fallen wenige Prozentpunkte weg, wird es knapp. Um vor Stahr auf der Liste | |
zu stehen, braucht Audretsch Platz 2. Für den aber bewirbt sich auch erneut | |
der Pankower Abgeordnete Stefan Gelbhaar, der 2021 das bundesweit einzige | |
grüne Direktmandat in einem Ost-Wahlkreis gewonnen hat. | |
Bei der CDU sieht es anders aus: Die jetzigen Umfragewerte deuten darauf | |
hin, dass die Christdemokraten Anspruch auf acht Mandate haben werden und | |
sieben Wahlkreise gewinnen könnten: nicht nur wie 2021 Steglitz-Zehlendorf, | |
Reinickendorf und Marzahn-Hellersdorf, sondern auch Tempelhof-Schöneberg, | |
Charlottenburg-Wilmersdorf, Spandau und Neukölln. Dort siegte 2021 überall | |
die SPD – aber die ist gegenüber ihrem Ergebnis von 2021 deutlich | |
abgesackt, von über 22 auf jüngst 13 Prozent. | |
So könnte es sein, dass die Sozialdemokraten, die sich lange als „die | |
Berlin-Partei“ gesehen haben, am Abend des 23. Februar ohne einen einzigen | |
Wahlkreissieg in der Bundeshauptstadt dastehen. Selbst sehr bekannte | |
Gesichter wie der frühere Regierende Bürgermeister Michael Müller kämen nur | |
über die Liste ins Parlament. | |
## CDU: Langjährige Nummer 1 tritt nicht mehr an | |
Auch wenn die Spitzenkandidatur nicht so bedeutsam ist wie bei | |
Landtagswahlen – wo sich daraus im Erfolgsfall der Ministerpräsidentenjob | |
ergibt –, vermittelt sie eine klare politische Botschaft. Oft geht es | |
deshalb um Proporz und Geschlechterfragen. Die SPD etwa könnte wieder eine | |
Frau zur Spitzenkandidatin machen wie 2013 und 2017 mit Eva Högl, | |
inzwischen Wehrbeauftragte des Bundestags. | |
Bei den Grünen ist eine Frau als Nummer 1 quasi Gesetz, bei der CDU war das | |
auch ohne Satzungsvorgabe von 2005 bis 2021 der Fall. Dort stand Monika | |
Grütters an der Spitze, acht Jahre lang auch Bundeskulturbeauftragte. | |
Grütters aber hat schon im Herbst klargemacht, dass sie nicht erneut | |
antritt. | |
Die CDU muss sich deshalb überlegen, ob der Mann aufrückt, der bislang | |
hinter Grütters auf Platz 2 stand: Jan-Marco Luczak. Oder ob sie weiter mit | |
einer Frau an der Spitze antritt. Das könnte Generalsekretärin Ottilie | |
Klein sein. Sie selbst wollte das gegenüber der taz nicht bestätigen. | |
Bei der SPD stand 2021 Michael Müller auf Platz 1, der zur Zeit des | |
Wahlkampfs noch Berlins Regierungschef war. Dieses Mal [4][gab es beim | |
jüngsten Parteitag im November einen Antrag], den Spitzenplatz wie bei den | |
Grünen grundsätzlich für eine Frau zu reservieren. Über diesen wurde aber | |
nicht abgestimmt. Dennoch könnten die Sozialdemokraten kommenden Mittwoch | |
eine Frau an die Spitze wählen. Falls sie das tun, dann wird es mutmaßlich | |
Annika Klose sein, die 2021 in den Bundestag kam und früher Berliner | |
Juso-Chefin war. | |
## SPD-Frauen setzen auf Tradition | |
Von „feministisch emanzipatorischer Tradition unserer Partei“ war im | |
November bei der SPD die Rede. Doch andere argumentieren, der Name an der | |
Spitze der Liste stehe auch auf dem Wahlzettel vorne und ziehe am 23. | |
Februar umso mehr Kreuzchen an, je bekannter dieser Name ist – was Richtung | |
Michael Müller weisen würde. | |
Die CDU kann dabei den Kurs durchaus mitbestimmen: Setzt sie Ottilie Klein | |
auf Platz 1, wäre die SPD erheblich unter Druck nachzuziehen. Die CDU | |
wiederum würde, wenn sie nun erstmals seit über 20 Jahren wieder einen Mann | |
auf Platz 1 setzt, jene bestätigen, die bei ihr unter Bundesparteichef | |
Friedrich Merz eine Rückkehr zu früheren Geschlechterrollen wahrnehmen. | |
Ursprünglich hätte sich das alles schon bis zum 16. Dezember klären müssen, | |
also nächsten Montag – dann wäre die SPD mit ihrer Nominierung am Mittwoch | |
zu spät dran. Dieses Datum [5][hatte Landeswahlleiter Stephan Bröchler | |
Mitte November genannt]. Am Dienstag verwies Bröchler gegenüber der taz auf | |
einen neuen Zeitplan. Eine [6][Fristveränderung durch das | |
Bundesinnenministerium] hat demnach dafür gesorgt, dass die Parteien ihre | |
Listen bis Mitte Januar einreichen könnten – die SPD ist also noch gut im | |
Plan. | |
12 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Bundestagswahl-2025/!t5007549 | |
[2] /Parteitag-der-Berliner-Gruenen/!6049808 | |
[3] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/11/berlin-berlintrend-sonntagsfra… | |
[4] /Parteitag-der-SPD-Berlin/!6051057 | |
[5] /Vorgezogene-Neuwahl-am-23-Februar/!6045597 | |
[6] https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/Downloads/refe… | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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