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# taz.de -- Einkaufen im Supermarkt: Der Trick mit den einsamen Bananen
> Was beeinflusst die Kaufentscheidung im Supermarkt? Forschende haben nun
> Überraschendes herausgefunden – mit möglichen Effekten über Bananen
> hinaus.
Bild: Auserwählte Banane
Was tun gegen Lebensmittelverschwendung? [1][Containern] erlauben, Logistik
und Lagerung verbessern, über Sinn und Grenzen des
Mindesthaltbarkeitsdatums aufklären, [2][Restbestände] verschenken – ja,
ja, ja und ja.
Aber Forscher:innen haben nun einen neuen potenziellen Weg gefunden: auf
Mitgefühl setzen. Versuchsort Supermarkt, Obsttheke. Versuchsobjekt:
Bananen. Vor einer Kiste mit einzelnen Exemplaren platzierten die
Forschenden Hinweisschilder, dass die Einzelbananen gekauft werden wollten.
Was am besten zog: „Wir sind traurige Singles und möchten auch gekauft
werden“, [3][in Kombination mit dem Bild einer unglücklich dreinblickenden
Banane]. Der Absatz der Einzelstücke stieg in der Folge um mehr als 50
Prozent. Lebensmittelverschwendung adé?
Gut, möglicherweise wird sich die Bananentaktik etwas abnutzen, wenn
Supermärkte nun anfangen, vor jedem Regal mit einzelnen Tomaten, Möhren,
Mangoldstangen oder Restposten von Kaugummi bis Käseecken, Mitleidsschilder
zu positionieren. Aber interessant ist nicht nur, dass Menschen offenbar in
der Lage sind, Mitgefühl mit Obst zu entwickeln und daraus eine Handlung
abzuleiten – wo es doch sonst damit, siehe beispielsweise Massentierhaltung
und Fleischkonsum, nicht unbedingt so weit her ist. Interessant ist auch:
Die Bananentaktik ließe sich weiterdenken.
Zum Beispiel was die Langlebigkeit – oder eben eher Kurzlebigkeit – von
Gegenständen angeht. Warum nicht bei den Waschhinweisen auf der Jacke ein
kleines Schild einnähen: „Im Müll bin ich nur noch Müll – trag mich doch
noch eine Saison“? Warum blinkt die anscheinend defekte Waschmaschine auf
dem Display „Err“, anstatt dort zu zeigen: „Ich hab zwar schon ein paar
Jahre auf dem Buckel, aber lass mich reparieren, dann bin ich wieder wie
neu“?
Und das Smartphone könnte nach einem Jahr in Benutzung ein paar
Konfettiregen und Feuerwerke auf dem Display zünden und vermelden:
„Glückwunsch, ein Jahr haben wir schon zusammen erlebt, auf ins nächste.“
Mitgefühl wäre hier zwar nicht mehr die Strategie, sondern eher eine
Mischung aus Gamification und [4][Anthropomorphisierung], also das
Ansprechen des Spieltriebs und Vermenschlichung. Aber auf Letzteres setzt
das Bananenschild ja auch. Oder seit wann haben Bananen einen Willen?
## Von wegen Kampf gegen Lebensmittelverschwendung
Da ist natürlich ein Haken. Setzt ein Händler auf die Bananentaktik, wird
es ihm wahrscheinlich nicht primär um weniger Lebensmittelverschwendung
gehen, sondern eigentlich um mehr Verkauf. Und wenn Produkte länger halten
und genutzt werden, fürchten Hersteller und Handel sinkende Umsätze.
Letzterer klagt ohnehin schon seit Monaten sehr laut und ausdauernd sein
Leid: krisenbedingte Konsumzurückhaltung, steigende Einkaufspreise und dann
auch noch die Konkurrenz durch Ultra-Niedrigpreis-Plattformen wie Temu und
Shein. Schlimm alles, wirklich, nur das Weihnachtsgeschäft könnte eine
Rettung sein. Ob das vielleicht schon die Bananentaktik ist?
5 Dec 2024
## LINKS
[1] /Lebenmittel-retten/!5935625
[2] /Nachhaltigkeit-in-der-Hotelgastronomie/!6004114
[3] https://www.bath.ac.uk/announcements/empathy-with-sad-bananas-compels-shopp…
[4] /KI-und-Anthropomorphismus/!5923613
## AUTOREN
Svenja Bergt
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