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# taz.de -- Koalition aus SPD und BSW in Brandenburg: Woidke ist erpressbar gew…
> Nur eine Stimme Mehrheit hat die Koalition in Brandenburg. Doch Dietmar
> Woidke spielt mit. Weil er zu hoch gepokert hat, hat er keine andere
> Wahl.
Bild: Im Wahlkampf noch getrennt, seit dieser Woche vereint
Sogar Lob von der großen Vorsitzenden hat er bekommen. „Wir konnten in
Potsdam erfolgreich verhandeln, weil die SPD bereit war, die Ergebnisse der
Landtagswahl ernst zu nehmen und sich auf einen gemeinsamen Neubeginn
einzulassen“, ließ Sahra Wagenknecht wissen, nachdem SPD und BSW am
Mittwoch ihren Koalitionsvertrag vorgestellt hatten. Das unterscheide
Brandenburg von Sachsen, wo SPD und Teile der CDU eine Zusammenarbeit mit
dem BSW „eigentlich gar nicht gewünscht“ hätten.
Folgt man den Worten von Wagenknecht, wächst in Brandenburg zusammen, was
zusammengehört. Tatsächlich liest sich der 67 Seiten knappe
[1][Koalitionsvertrag] wie ein Manifest sozialdemokratischer Politik alter
Schule. Keine Handys in den Klassenräumen, zumindest in Grundschulen, das
Rückbesinnen auf Kernkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen, Vergabe
öffentlicher Aufträge nur an Unternehmen, die einen Mindestlohn von 15 Euro
zahlen. Davon träumen Sozialdemokraten nicht nur in Brandenburg.
Und auch davon, sich nicht mehr von Umweltschützern und Grünen auf der Nase
herumtanzen zu lassen. Der Klimaschutz steht im Koalitionsvertrag im
Kapitel Landwirtschaft, als zuständiger Minister werden der Chef des
Landesbauernverbandes und eine Agrarunternehmerin gehandelt. Ein Zeichen an
die Bauern, hieß es, sei Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wichtig.
Fast scheint es, als kehrte die SPD mit Unterstützung des BSW wieder in
jenes ungestörte Tümeln zurück, in dem sie sich befunden hatte, bevor die
Grünen fünf Jahre mitregierten. Wäre da nur nicht jenes Thema, das die
erste rot-lila Koalition auf den letzten Metern beinahe hätte platzen
lassen: der Krieg Russlands in der Ukraine, der im Sprech des BSW das
Friedensthema heißt.
## Brandenburg first
Wes Geistes Kind auch das Brandenburger BSW ist, hat nach der Vorstellung
des Koalitionsvertrags der BSW-Landes- und Fraktionschef Robert Crumbach
noch einmal unterstrichen. „Wir sind weiter dafür, dass die
Waffenlieferungen an die Ukraine gestoppt werden“, [2][sagte Crumbach dem
Tagesspiegel] und schob hinterher: „Wir sind dafür, dass der Krieg
aufhört.“
Dem Frieden, der dem Brandenburger BSW vorschwebt, soll also die Niederlage
der Ukraine gegen Russland vorangehen. Dann könnte auch die Brandenburger
Wirtschaft wieder ihren Frieden mit Putins Reich schließen. Mit einem Ende
des Embargos gegen russisches Öl für die Raffinerie in Schwedt, mit einem
Stopp der Sanktionen. Brandenburg first und friedlich. Zum Leid der
Ukrainerinnen und Ukrainer gibt es bei Crumbach kein einziges Wort.
Und die SPD? Spielt mit, gern auch mit dem Hinweis, dass in Brandenburg
keine deutsche Außenpolitik gemacht wird. Frei nach dem Motto: Wenn denen
das wichtig ist, dann nehmen wir das halt mit in den Vertrag. Selbst der
Ausbau des Bundeswehrstandorts in Holzdorf, an dem künftig das israelische
Abwehrsystem Arrow-3 stationiert werden soll, ist in den Augen mancher
Sozialdemokraten weniger präventive Verteidigung für den Ernstfall denn
eine Infrastrukturmaßnahme, von der der darbende Landkreis Elbe-Elster
profitiert.
Dennoch wäre Holzdorf dem neuen Bündnis beinahe auf die Füße gefallen. Der
BSW-Abgeordnete Sven Hornauf hatte eine Kleine Anfrage, die das BSW bereits
zurückgezogen hat, noch einmal beim Landtag eingereicht, diesmal als
Einzelabgeordneter. Er wolle wissen, inwieweit das Arrow-3-System auch als
Angriffswaffe dienen könnte. Und ob das Land für den Ausbau des
Bundeswehrstandorts 100 Millionen Euro als Fördermittel ausgebe.
Eine Provokation, auf die die SPD augenblicklich reagierte und eine
„Denkpause“ für die Gespräche mit dem BSW forderte. Denn Hornauf hatte au…
angekündigt, bei der Wahl des Ministerpräsidenten am 11. Dezember nicht für
Woidke stimmen zu wollen. Crumbach hat Hornauf inzwischen nahegelegt, die
Fraktion zu verlassen. Die Mehrheit steht, verspricht das BSW der SPD, auch
wenn diese Mehrheit nur noch eine Stimme beträgt.
Was aber, wenn es noch einen Abweichler gibt? Was, wenn am 3. Dezember auch
BSW-Abgeordnete für einen der Anträge stimmen werden, mit denen die AfD das
BSW „testen“ will? Was, wenn Woidke am 11. Dezember im ersten Wahlgang
keine Mehrheit bekommt?
Noch weigert sich der Ministerpräsident, über solche Fragen zu sprechen.
Doch im Grunde hat er keine Wahl. Woidke würde sich auch einem zweiten und
dritten Wahlgang stellen müssen – in der Hoffnung, dass er dann mehr Ja-
als Nein-Stimmen bekommt. Ansonsten drohen Neuwahlen.
Sahra Wagenknecht kann sich die Hände reiben. Woidke hat im Wahlkampf gegen
die AfD alles auf eine Karte gesetzt. Weil er mit dieser
Zweitstimmenkampagne Grüne und Linke aus dem Landtag geworfen und die CDU
geschwächt hat, ist er nun erpressbar. Woidkes politisches Schicksal liegt
in den Händen des BSW.
29 Nov 2024
## LINKS
[1] https://www.rbb24.de/politik/hintergrund/entwurf-koalitionsvertrag-spd-bsw-…
[2] https://www.tagesspiegel.de/potsdam/brandenburg/bsw-chef-robert-crumbach-im…
## AUTOREN
Uwe Rada
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