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# taz.de -- Pädagogin über geflüchtete Frauen: „Wir wollen verhindern, das…
> Woran scheitert die Ausbildung geflüchteter Frauen und warum sind sie
> selten erwerbstätig? Das eruiert ein von der Uni Osnabrück initiiertes
> Projekt.
Bild: Zentrale Hürde ist die Sprache: Integrationskurs für geflüchtet Frauen
taz: Frau Wehking, warum starten Sie ein Berufsbildungsprojekt speziell für
[1][geflüchtete Frauen]?
Katharina Wehking: Weil bei der Integration ins Berufsbildungssystem
bislang vor allem die Bedürfnisse geflüchteter junger Männer in den Blick
genommen wurden. Ob geflüchtete junge [2][Frauen eine Ausbildung] beginnen
oder warum sie abbrechen, wissen wir nicht. Mit dem Projekt
„[3][Gelingenswege der beruflichen Ausbildung für Mädchen und Frauen mit
Fluchtgeschichte]“ (Fempower) wollen wir, gemeinsam mit der Hochschule
München, diese Forschungslücke schließen, also Informationen über
Ausbildungswege junger geflüchteter Frauen gewinnen.
taz: Von wie vielen Menschen sprechen wir?
Wehking: Als wir Ende 2022 den Projektantrag stellten, lebten laut
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) 260.000 geflüchtete Frauen
zwischen 16 und 27 in Deutschland – das Alter, in dem sich Menschen
beruflich qualifizieren. Und [4][Statistiken etwa des Instituts für
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)] zufolge sind junge geflüchtete
Frauen viel seltener berufstätig als die Männer: Nach acht Jahren
Aufenthalt sind nur 33 Prozent der geflüchteten Frauen erwerbstätig, aber
86 Prozent der geflüchteten Männer. Auch nehmen geflüchtete Frauen weniger
Beratung in Anspruch, besuchen seltener [5][Sprachkurse] und andere
Bildungsangebote. Studien zeigen außerdem, dass geflüchtete Frauen mit
Partner seltener berufstätig sind.
taz: Welche Gründe kann das haben?
Wehking: Das ist vielschichtig. Es kann daran liegen, dass die Frauen
Care-Arbeit leisten, also Kinder und ältere Angehörige betreuen und
pflegen. Uns interessiert nun: Warum ist das so, und stocken diese
„Berufskarrieren“ am Übergang von der Schule zur Ausbildung oder von dort
in den Beruf? Hier leben ja auch viele junge geflüchtete Frauen, die noch
keine Kinder haben: Welche Berufswünsche haben sie, und funktionieren die
hierzulande über eine Ausbildung? Brauchen wir spezielle Beratungsangebote
für weibliche Geflüchtete? Und müssen wir die jungen Mütter stärker
ermutigen, Kinderbetreuung in Anspruch zu nehmen?
taz: Wie wollen Sie all das herausfinden?
Wehking: Über unseren Kooperationspartner, das [6][Netzwerk der
Migrant:innenorganisationen (Nemo)], werden wir mit insgesamt 30
geflüchteten Frauen über ihre Berufsbiografien sprechen. Dazu kommen einige
Interviews zum Einfluss von Partnerschaft, von Lehrkräften und
BerufsberaterInnen auf den Ausbildungsweg. Diese Interviews werden wir in
einem Beirat, dem „Fempower Advisory und Advocacy Board“, in dem auch
geflüchtete Frauen sitzen, analysieren und zu exemplarischen
Berufsbildungsbiografien verarbeiten. Wir wollen sehen: Führen immer wieder
dieselben Strukturen zu Erfolg oder Scheitern? Gehen die meisten Frauen am
Übergang von der Schule zur Ausbildung verloren – etwa wegen Heirat oder
Schwangerschaft? Und wie können wir gegensteuern?
taz: Wäre da eine Beratung innerhalb der Community nicht wirkungsvoller?
Wehking: Auch das haben wir im Blick: Wir hoffen, dass die geflüchteten
Frauen unseres Beirats zu Multiplikatorinnen werden, in ihren Communitys
für Berufsausbildung werben und kulturelle Vorurteile gegenüber der
Qualifikation junger Frauen abbauen helfen.
taz: Aber wie können von Ihnen qualifizierte LehrerInnen oder
AusbilderInnen verhindern, dass eine geflüchtete Frau die Schule oder
Ausbildung abbricht?
Wehking: Wir müssen sie für frühe Anzeichen von Problemen oder
Unzufriedenheit sensibilisieren. Statistiken zeigen, dass unter allen
Auszubildenden die Geflüchteten am häufigsten abbrechen. Das liegt oft an
der starken Belastung beispielsweise durch eine unsichere Bleibeperspektive
und fehlende Sprachkenntnisse. Wir wollen nun die genderspezifischen Hürden
ergründen und gegensteuern. Dazu gehört auch, noch stärker in die
Communitys zu kommunizieren, dass Menschen mit Ausbildung eine bessere
Bleibeperspektive haben.
taz: Gibt es schon InteressentInnen für Ihre Qualifizierungsmaßnahme?
Wehking: Ja. Nicht zufällig zählen, auch angesichts des Fachkräftemangels,
verschiedene Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammern, die mit
Bildung von MigrantInnen befassten [7][Koordinierungsstellen Ausbildung und
Migration] sowie das kommunale Bildungsmanagement zu unseren
Kooperationspartnern. An sie werden wir die bis September 2027 im Auftrag
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zu erstellende
Qualifizierungsmaßnahme weiterleiten, sie auch auf Social Media verbreiten.
Durchgeführt werden die kostenlosen Maßnahmen dann von der Münchner
[8][SchlaU-Werkstatt für Migrationspädagogik]. Die Umsetzung vor Ort ist
freiwillig.
2 Jan 2025
## LINKS
[1] /Willkommenskultur-in-Deutschland/!6056567
[2] /Abschiebung-erstmal-verhindert/!6057616
[3] https://www2.uni-osnabrueck.de/fb3/bwp/ueber-uns/aktuelles/detail-news-nich…
[4] https://iab.de/presseinfo/gefluchtete-frauen-ohne-partner-und-ohne-kinder-s…
[5] /Fehlender-Haushalt-fuer-2025/!6054496
[6] https://www.bv-nemo.de/
[7] https://www.netzwerk-iq.de/angebote/arbeitsmarktlexikon/single-ansicht/koor…
[8] https://www.schlau-werkstatt.de/
## AUTOREN
Petra Schellen
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