# taz.de -- Situation von migrantischen Frauen: Immer stärker unter Druck | |
> Seit den Terroranschlägen und der Wahl sinkt das Sicherheitsgefühl | |
> migrantischer Frauen. Sie berichten von steigender Gewalt und Hetze gegen | |
> Vereine. | |
Bild: Delal Atmaça, Geschäftsführerin des Dachverbandes der Migrantinnenorga… | |
Berlin taz | Die Lage sei ernst, berichtet Delal Atmaça, Geschäftsführerin | |
des [1][Dachverbandes der Migrantinnenorganisationen] (DaMigra e.V.). | |
„Deutschland ist ein Einwanderungsland, aber anstatt Migration als | |
Potenzial zu sehen, wird sie nur als Gefahr wahrgenommen.“ Diese Stimmung | |
gefährde nicht nur individuelle migrantische Personen, sondern auch konkret | |
zivilgesellschaftliche Organisationen, die feministisch und antirassistisch | |
tätig sind. | |
Am Donnerstagmorgen lud die DaMigra Pressevertreter:innen und andere | |
Frauenorganisationen ein, um über die Situation von migrantischen Frauen | |
und ihren Familien anlässlich des internationalen Tages gegen Rassismus zu | |
sprechen. Ein roter Faden zieht sich durch die Berichte: seit dem Erstarken | |
von rechten Kräften und den Anschlägen in letzter Zeit hat sich die | |
[2][Alltagsdiskriminierung und Gewalt gegen sie erhöht.] | |
In plastischer Weise berichten Vertreterinnen, dass migrantische Frauen | |
bestimmte Gegenden in den Randbezirken von Berlin und in den neuen | |
Bundesländern meiden und diese sogar als No-Go-Areas bezeichnen. „[3][Die | |
Zahlen sprechen für sich: Jährlich gibt es rund 22.000 rechtsextreme | |
Angriffe in Deutschland.] Das bedeutet: Alle 24 Minuten wird eine | |
rassistisch motivierte Straftat begangen.“, so heißt es in der | |
Presseerklärung von DaMigra. | |
## Es war nie einfach, eine migrantische Frau zu sein | |
Dieser Rassismus fange bereits im Kindergarten und im Schulalltag an | |
„Kleine afghanische Jungs werden als Terroristen bezeichnet und sie sollen | |
sich im Namen aller Afghan:innen für Anschläge entschuldigen“, erzählt | |
Mitra Hashemi von Baaham e.V. Auch schulpflichtige Kinder wollten aufgrund | |
von gestiegenem Rassismus nicht in die Schule oder bekämen schlechtere | |
Noten. Diese Dynamik brächten sie mit nach Hause und dort wirke es sich | |
auch auf ihre Mütter aus. | |
Der Beratungsbedarf der Vereine habe sich erhöht. Frauen, die angespuckt, | |
beleidigt, bedroht werden, tagtäglich und auf offener Straße, berichten | |
davon, dass diese Gewalt und auch die Angst vor weiteren Übergriffen zu | |
Depressionen, Schlafproblemen und einer massiven Einschränkung ihrer | |
Autonomie beitrage. Beispielsweise können sie nicht mehr unbeschwert ihre | |
Kinder abholen und überlegen daher, umzuziehen. Besonders nach der | |
Bundestagswahl meiden vor allem auch queere migrantische Frauen den ÖPNV. | |
„Es war nie einfach, eine migrantische Frau zu sein, unsere Möglichkeiten | |
und Handlungsspielräume waren immer schon eingeschränkt, aber die Lage | |
jetzt ist besonders“ attestiert Doga Akyürek vom türkischen Frauenverein | |
Berlin. Sie fokussierte sich in ihrem Redebeitrag auch auf die Gewalt, die | |
Frauen innerhalb ihrer Communitys erlebten in gewalttätigen oder | |
arrangierten Ehen, die oft an ihren Aufenthalt in Deutschland gekoppelt | |
seien. Der große Mangel an Frauenhausplätzen sei ein zentrales Problem. | |
Frauen mit Kindern, besonders Jungs, hätten es schwerer. | |
Hinzu käme die Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Erst sei es ihnen | |
sehr schwer bis gar nicht möglich, eine Wohnung zu bekommen, und dann seien | |
sie nicht selten Diskriminierung und Beleidigungen von Nachbar:innen | |
ausgesetzt. „Es ist immer eine Bedrohung, eine migrantische Frau zu sein“ | |
so Akyürek weiter. | |
## Durch Anfrage der Union unter Druck | |
Vereine, die sich dieser Problematik annehmen, gerieten aktuell unter | |
Druck. Andauernde rechte Hetze, Kürzungen und gezielte Angriffe auf seien | |
längst keine Ausnahme mehr, sondern explizite Strategie von rechten | |
Kräften. „[4][Sie machen ihre antifeministische und rassistische Rhetorik | |
salonfähig,] indem sie feministische Projekte als Bedrohung darstellen“ so | |
Atmaça. Es sei darüber hinaus nicht unüblich, Begriffe wie „woke“ als | |
Kampfbegriffe zu verwenden, um Forderungen zu diskreditieren. | |
Zum Schluss betonte Delal Atmaça, dass sich Deutschland an einem Scheideweg | |
befinde: Entweder schütze man die Demokratie oder nicht. Ersteres würde | |
bedeuten, die Situation von migrantischen Frauen ernst zu nehmen und | |
feministische Räume zu verteidigen: „Wenn wir diese Räume verlieren, | |
verlieren wir nicht nur Ort für Vernetzung, sondern man zerstört den Schutz | |
aller Menschen, die rechten Narrative ablehnen“. | |
20 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.damigra.de/ | |
[2] https://www.pressenza.com/de/2025/03/frauen-mit-flucht-und-migrationserfahr… | |
[3] https://www.tagesschau.de/inland/rechtsextreme-straftaten-106.html | |
[4] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/weltfrauentag-gleichbere… | |
## AUTOREN | |
Raweel Nasir | |
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