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# taz.de -- Cateringfirma geflüchteter Frauen: Ein Ort der sozialen Teilhabe
> Als Kochprojekt in einer Geflüchtetenunterkunft gestartet, will die
> Cateringfirma Chickpeace im neuen Jahr ein Restaurant in Hamburg-Altona
> eröffnen.
Bild: Maisaa Saloum, Dewi Rahayu und Hebatollah Rahmon in der Küche von Chickp…
Hamburg taz | Vegetarische Tajine, Hummus in verschiedenen Variationen oder
Orangenkuchen: Die Speisekarte von „Chickpeace“ ist vielseitig. In der 2017
gegründeten Hamburger Cateringfirma kocht und beliefert das Team, bestehend
aus elf Frauen, private Gesellschaften, Workshops und Veranstaltungen.
Angelehnt an „chickpeas“ (engl. Kichererbse), ist der Name ein Kompositum
aus „Chicks (selbstbewusste Frau) und Peace (Frieden)“, wie es auf der
Unternehmenswebsite heißt.
Mit knapp 100.000 Euro fördert die Stadt Hamburg nun das daran angelehnte,
2025 startende Projekt Chickpeace Cantina, ein Restaurant im Erdgeschoss
des Neuen Amtes Altona, eines ehemaligen Bürogebäudes, das nun als
Co-Working-Space, Atelierhaus und „Haus des Engagements“ genutzt wird. Hier
soll ab diesem Jahr auch ein [1][genossenschaftlich organisierter]
Kreativstandort und Nachbarschaftstreffpunkt entstehen. Hinter der
Förderung steckt das Programm [2][#UpdateHamburg als Teil der
Social-Entrepreneurship Strategie des Senats].
Manuela Maurer ist Alleingründerin der Cateringfirma. Gestartet ist das
Unternehmen 2016 als ehrenamtliches Kochprojekt in einer
Geflüchtetenunterkunft in Harburg, erzählt die Sozialpädagogin. Fünf Frauen
aus der Unterkunft und fünf Personen aus der Nachbarschaft kauften
gemeinsam auf dem Wochenmarkt ein, um anschließend zusammen zu kochen.
Irgendwann kam die erste Anfrage, ob die Gruppe bereit wäre, das Catering
für ein Sommerfest mit 70 Personen zu übernehmen. Das Fest war ein voller
Erfolg: „Wir waren alle total verzaubert von dem Nachmittag“ erinnert sich
Maurer. In einer Catering-Küche in Harburg durfte die Gruppe dann erstmals
regelmäßig kochen. „2017 war unser erstes unternehmerisches Geschäftsjahr
mit Umsatz“, erzählt die Gründerin.
## Schritt für Schritt in die Unabhängigkeit
Ein Ziel von Chickpeace ist es, dass die Beschäftigten Schritt für Schritt
den Weg in die finanzielle Unabhängigkeit gehen können. Denn der [3][Zugang
zum Arbeitsmarkt ist für geflüchtete Menschen], je nach Aufenthaltsstatus,
durch Verbote und rechtliche Hürden versperrt oder wird durch komplizierte
Verfahren etwa bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen erschwert.
Besonders Frauen sind bei der Integration in den Arbeitsmarkt dem
[4][Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung] zufolge
stark unterrepräsentiert. [5][Grund dafür sind strukturelle Hürden wie
zusätzlich geleistete Care-Arbeit].
So sind die [6][Angebote für Kinderbetreuung meist unzureichend], weshalb
Chickpeace sie für alle Beschäftigten sicherstellt. „Geflüchtete Frauen
erleben Benachteiligungen als Frauen, als Menschen mit
Migrationshintergrund und als Geflüchtete“, sagt Anne-Katrin Lother vom
Beratungsnetzwerk „Alle an Bord! – Perspektive Arbeitsmarkt für
Geflüchtete“.
„Der Anfang war alles andere als einfach“, erzählt auch
Unternehmensgründerin Manuela Maurer: „Die Aufträge waren unregelmäßig,
wodurch der Zuverdienst nicht planbar oder monatlich gleichbleibend war.“
Das Jobcenter habe seine Leistungen für den betreffenden Monat trotzdem
gekürzt, als hätten die Frauen das maximale Minijob-Gehalt verdient.
„Einige der Frauen mussten deshalb aufhören, ein paar konnten weitermachen
und sind teilweise bis heute dabei“, sagt Maurer.
## Der Wunsch: ein Restaurant
Doch die Aufträge wurden regelmäßiger. Bis 2019 verachtfachte sich der
Umsatz. Dann kam die Pandemie. „Da mussten wir erst mal durchhalten“,
erzählt Maurer. Der Mietvertrag in der in Altona bezogenen Küche endete.
Erst 2023 habe sich Chickpeace von der Pandemie erholt.
Mittlerweile besteht das Team aus drei Vollzeit- und vier
Teilzeitbeschäftigten, drei Minijoberinnen sowie einer Praktikantin. Die
Kosten für Löhne und Miete werden laut Website zu 100 Prozent über den
Umsatz erwirtschaftet.
Die Arbeit bei Chickpeace wird auf alle Schultern verteilt– ob es um
Produktion, Buchhaltung, Auslieferung des Caterings oder Organisation geht.
Auch Maisaa Saloum ist von Anfang an dabei und arbeitet in der Produktion
und Organisation. „Die Rezepte kommen aus unserer Heimat, in meinem Fall
Syrien, und werden dann neu kombiniert und gemeinsam weiterentwickelt“,
erzählt sie. Das Team sei wie eine Familie, sagt sie, und das Projekt sei
„ein großes Glück“. Schon vor drei Jahren äußerte Saloum den Wunsch, da…
neben dem Catering ein Restaurant eröffnet würde. Nun geht er in Erfüllung.
Die Chickpeace Cantina soll ein Ort der Begegnung und sozialen Teilhabe
werden. „Ein Ort von der Gemeinschaft für die Gemeinschaft“, sagt Maurer.
Neben der Kantine sind ein Co-Working-Space und Workshops geplant, die sich
unter anderem mit Nachhaltigkeit beschäftigen. Außerdem soll ein Ort der
Weiterbildung entstehen, in dem berufsbegleitend Qualifikationen erworben
werden können. „Unser Ziel ist es, unabhängig von formellen
Berufsabschlüssen Potenziale zu erschließen und weiterzuentwickeln“, sagt
Maurer.
Die Erkenntnisse aus dem Projekt bringt das Team momentan in eine
[7][Facharbeitsgruppe zur nachhaltigen Arbeitsmarktintegration von Frauen
mit Fluchterfahrung] vom „Minor-Projektkontor für Bildung und Forschung“
ein.
2 Jan 2025
## LINKS
[1] https://www.neuesamt.org/#vision
[2] https://hamburg-business.com/de/news/update-hamburg-foerdert-innovationen-f…
[3] https://www.proasyl.de/news/der-steinige-weg-in-den-arbeitsmarkt-fuer-geflu…
[4] https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-10.pdf
[5] https://www.alleanbord-sh.de/fileadmin/Alle_an_Bord/2024/alle_an_Bord_Brosc…
[6] https://www.alleanbord-sh.de/fileadmin/Alle_an_Bord/2024/alle_an_Bord_Brosc…
[7] https://minor-kontor.de/sefa-facharbeitsgruppe/
## AUTOREN
Marie Dürr
## TAGS
Geflüchtete Frauen
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Catering
Hamburg
Arbeitsmarkt
Restaurant
Geflüchtete Frauen
Thüringen
Schwerpunkt Klimawandel
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