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# taz.de -- Hoffnungen eines Hamburger Syrers: Ein neues, freies Syrien für al…
> Nach dem Sturz des Assad-Regimes feiern Syrerinnen und Syrer weltweit.
> Viele denken darüber nach, zurückzukehren. Trotz Zweifeln, wie es
> weitergeht.
Bild: Endlich Freiheit: In Hamburg trafen sich Syrerinnen und Syrer nach dem St…
Am Sonntag war ein historischer Tag: Syrien ist frei von dem Assad-Regime.
Endlich, nach mehr als 54 Jahren. Ja, ich sage, [1][Syrien ist frei], nach
all den täglichen Albträumen, nach der Angst vor dem Unrechtsregime, vor
dem Geheimdienst und den Foltergefängnissen. Mehr als 13 Jahre nach der
Revolution, nach blutigen Kämpfen, nach vielen Hunderttausenden Toten,
Verschwundenen und Vertriebenen. Syrien ist frei. Ich hätte nie gedacht,
dass ich diesen Tag erleben würde. Der 8. Dezember ist ein Tag der
Freiheit, den wir jedes Jahr feiern werden.
Ich sehe die Bilder und Videos von den Menschen in Syrien, wie sie auf die
Straßen strömen und feiern. Frauen und Männer laufen durch den Palast der
ehemaligen Diktatorenfamilie und machen Witze. Frauen und Kinder werden aus
den bluttriefenden [2][Gefängnissen] freigelassen. Es sind Szenen, die
vielen Syrerinnen und Syrern weltweit Tränen in die Augen treiben.
Gleichzeitig fragen viele, im In- und Ausland: W[3][as passiert als
Nächstes?] Ist eine Übernahme durch islamistische Gruppen wirklich eine
gute Entwicklung? Der Blick von außen sucht die „Guten“ und versteht nicht,
dass die große Mehrheit von Syrerinnen und Syrern aller Ethnien und
Religionen heute feiert.
Ich möchte nicht wegwischen, was in den letzten Jahren passiert ist.
Natürlich haben die Gruppen, die seit Jahren gegen das Assad-Regime
gekämpft haben, Verbrechen und Fehler begangen. Und doch hat das syrische
Volk geschafft, den Diktator zu stürzen. Die Hoffnung ist nun, dass die
Syrerinnen und Syrern ihr Land selbst regieren und gemeinsam eine neue,
freie Regierung aufbauen werden.
## Beginn einer neuen syrischen Identität
Wer die Bedeutung dieses Tages besser verstehen will, sollte sich die
Videos aus den geöffneten Gefängnissen ansehen. Besonders die Aufnahmen aus
dem Saydnaya-Gefängnis waren für viele Syrerinnen und Syrern schlimmer als
jeder Horrorfilm. Man nannte diesen Ort ein Schlachthaus für Menschen.
Viele, besonders die älteren Frauen, trauen sich in den Aufnahmen nicht
heraus, sie fragen immer wieder: „Was ist passiert, wo sind wir?“
Ich war am Sonntag auf einer spontanen Demonstration. Dort habe ich viele
Freunde getroffen, die ich seit langer Zeit nicht gesehen habe: Kurden und
Christen, Männer und Frauen, Kinder und Alte. Vielleicht ist das der Beginn
einer neuen syrischen Identität. Ich habe mit vielen Freunden gesprochen,
die in Deutschland leben. Ich fragte sie, ob sie nach Syrien zurückkehren
möchten, jetzt nach Assads Sturz. Viele sagten: Ja, auf jeden Fall.
Syrien braucht seine Menschen, um es wieder aufzubauen. Das zeigt sich auch
an den Grenzen zum Libanon, zu Jordanien und [4][zur Türkei], wo tausende
Syrerinnen und Syrern in ihre Häuser und ihre Heimat zurückkehren wollen –
noch unsicher, was die Zukunft bringt, aber mit dem Optimismus, dass es
besser als unsere Vergangenheit mit Assad sein wird.
## Seit 2014 habe ich meine Familie nicht gesehen
Auch ich denke seit Sonntag darüber nach, nach Syrien zurückzukehren. In
mein altes Zuhause, um meine Familie wiederzusehen, um die vertrauten Orte
zu besuchen. Doch natürlich sind die Fragen und die Zweifel groß. Ich habe
mir hier in Hamburg eine Familie aufgebaut und eine Arbeit. Aber ich bin
auch Journalist und Syrien braucht jetzt unbedingt neue Medien. Auf jeden
Fall kann ich nun meine Familie in Syrien besuchen, die ich seit 2014 nicht
mehr gesehen habe.
Sehr viel wird in den nächsten Tagen entschieden werden. Aber wir hoffen
von ganzem Herzen, dass Syrien endlich zu seinen Söhnen und Töchtern
zurückkehrt und sie gemeinsam ein neues, freies Syrien aufbauen können –
mit Arabern, Kurden, Turkmenen, Tscherkessen, Aramäern und Assyrern; mit
Sunniten, Schiiten, Alawiten, Drusen, Jesiden, Ismailiten, Murshidi,
orthodoxen und katholischen Christen; mit allen Generationen, mit Frauen
und Männern; mit Einheimischen, Migranten, Reichen und Armen.
9 Dec 2024
## LINKS
[1] /Ende-des-Assad-Regimes/!6051443
[2] /Mena-Prison-Forum-im-Berliner-HAU/!6053702
[3] /NGO-ueber-den-Machtwechsel-in-Syrien/!6055200
[4] /!6055197/
## AUTOREN
Hussam Al Zaher
## TAGS
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Russland
Kolumne Hamburger, aber halal
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