# taz.de -- Schutz vor Partnerschaftsgewalt: Fußfessel soll Frauen schützen | |
> Schleswig-Holstein will den Einsatz von GPS-Trackern gesetzlich | |
> verankern. Vorbild ist ein Modell aus Spanien. | |
Bild: Opfer häuslicher Gewalt brauchen mehr Schutz: hier eine Demo nach einem … | |
Rendsburg taz | Im Jahr 2023 wurden in Schleswig-Holstein 14 Frauen von | |
ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet: „14 zu viel“, sagte | |
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Donnerstag im Landtag. Sie | |
setzt sich für die elektronische Fußfessel nach dem „spanischen Modell“ | |
ein. | |
Das Ziel ist es, potenzielle Täter von den Opfern fernzuhalten, ohne den | |
Frauen ihre Bewegungsfreiheit zu nehmen. Im Landtag gab es | |
fraktionsübergreifend Beifall für die Idee, allerdings gab es auch Fragen | |
zur Umsetzung. | |
Beim spanischen Modell trägt nicht nur der potenzielle Täter ein Gerät mit | |
GPS-Tracker bei sich, sondern auch die bedrohte Person – die das Gerät aber | |
abnehmen kann, der Täter nicht. Nähern sich die Signale der beiden | |
GPS-Tracker auf 500 Meter an, schlägt das System Alarm, die Polizei kann | |
reagieren. | |
[1][In Spanien wurde das Verfahren 2009 eingeführt], seither sank die Zahl | |
getöteter Frauen insgesamt. Vor allem gab es seither [2][keinen Mord an | |
einer Frau, die an dem Projekt teilnahm], berichtet die | |
Opferschutzorganisation Weißer Ring. | |
## Lücke im System | |
[3][Bei häuslicher Gewalt bieten die Gesetze] in Deutschland schon jetzt | |
einige Möglichkeiten, die Opfer – in den allermeisten Fällen sind es Frauen | |
– zu schützen: So können Täter beispielsweise aus dem Haus gewiesen, | |
bestimmte Regionen mit Betretungsverboten belegt werden. Doch es bleibe | |
eine Lücke, sagte die SPD-Abgeordnete Sophia Schiebe. „Der Schutz vor | |
Gewalt und Nachstellungen endet dort, wo Annäherungs- oder Kontaktverbote | |
nicht durchgesetzt werden können.“ | |
Der Weiße Ring dokumentiert regelmäßig Fälle, in denen Männer die Auflagen | |
ignorieren und ihre Ex-Partnerinnen schwer verletzten oder töteten. | |
„Verbote schützen niemanden, wenn sie nicht kontrolliert werden“, schrieb | |
Jörg Ziercke, Bundesvorsitzender des Weißen Rings, in einem offenen Brief | |
an Politiker:innen bereits im Februar 2022. Der Staat zeige sich | |
buchstäblich hilflos – ohne Möglichkeit, den bedrohten Frauen zu helfen. | |
Auch der Weiße Ring spricht sich daher [4][für die Fußfessel] nach | |
spanischem Modell aus. | |
In Deutschland diskutieren mehrere Länder, ob sie das Verfahren einführen | |
wollen. Hessen hatte im September eine entsprechende Bundesratsinitiative | |
gestartet und führte bereits eine Fußfessel ein, mit der das spanische | |
Modell rasch umsetzbar wäre. Das berichtete Landesjustizminister Christian | |
Heinz (CDU). Auch auf Bundesebene gebe es eine Arbeitsgruppe zum Thema, | |
erklärte bei der Debatte im Kieler Landtag der FDP-Abgeordnete Bernd | |
Buchholz. | |
Er hielt die Fußfessel für das „richtige Mittel“, um Gewaltopfer besser zu | |
schützen. Bisher erlaubt das Landesrecht sie nur bei Personen, die unter | |
Terrorverdacht stehen. Eine Ausweitung auf andere Gruppen sei möglich, so | |
Buchholz – hatte aber gleichzeitig Bedenken bei der aktuellen Fassung des | |
Gesetzentwurfs. | |
## Daten von Kindern werden weitergeleitet | |
Unter anderem [5][sei es unverhältnismäßig], dass die Voraussetzungen für | |
Kontaktverbot und Fußfessel identisch seien: „Das Bundesgewaltschutzgesetz | |
sagt, erst wenn das Kontaktverbot übertreten worden ist, kann man eine | |
elektronische Aufenthaltsüberwachung anordnen.“ | |
Eine andere Anmerkung kam von der SPD-Abgeordneten Sophia Schiebe in ihrer | |
Funktion als Vorsitzende des Kinderschutzbundes Schleswig-Holstein. Sie | |
begrüßte, dass laut dem Gesetzentwurf die Daten von Kindern aus Familien | |
mit häuslicher Gewalt an Fachberatungsstellen weitergeleitet werden. | |
„Es ist unverzichtbar, bei jedem Fall von häuslicher Gewalt im Blick zu | |
behalten, ob Kinder betroffen sind“, so Schiebe. Allerdings sei der | |
Kinderschutzbund „hoch irritiert“, dass „praktisch zeitgleich zur ersten | |
Lesung dieses Gesetzentwurfs Mittel für Hilfen für Kinder bei häuslicher | |
Gewalt wegzufallen drohen“. | |
Immerhin sei Geld für die Anschaffung der Fußfesseln und der nötigen | |
Überwachung vorhanden, sagte Ministerin Sütterlin-Waack: „Wir haben in den | |
letzten Wochen und Monaten die praktische Umsetzung vorbereitet und die | |
Finanzierung bereits über die Nachschiebeliste gesichert.“ | |
In Schleswig-Holstein werden die Ausschüsse über den Gesetzentwurf beraten, | |
auch im Bundesrat kommt der Antrag aus Hessen noch vor der Weihnachtspause | |
auf den Tisch. | |
13 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://hessen.de/presse/justizminister-stellt-spanisches-modell-der-elektr… | |
[2] https://forum-opferhilfe.de/elektronische-aufenthaltsuberwachung-spanien-fe… | |
[3] /Bundestag-debattiert-Gewalthilfegesetz/!6055154 | |
[4] /Gesetzentwurf-aus-dem-Justizministerium/!6050042 | |
[5] /Femizide-in-Berlin/!6034986 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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