| # taz.de -- Gewalt gegen Mädchen und Frauen: Annäherung an das Ausmaß der Ge… | |
| > Der erste „Monitor Gewalt gegen Frauen“ zeigt „dringenden | |
| > Handlungsbedarf“ beim Schutz von Mädchen und Frauen. Forscher*innen | |
| > empfehlen Dunkelfeldstudien. | |
| Bild: Protest gegen Femizide in Berlin | |
| Berlin taz | Ein Bericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte zeigt | |
| ein „alarmierendes Bild des Ausmaßes geschlechtsspezifischer Gewalt in | |
| Deutschland“. Allein 2023 wurden hierzulande jeden Tag 728 Mädchen und | |
| Frauen Opfer von körperlicher Gewalt. Trotzdem werde geschlechtsspezifische | |
| Gewalt durch Politik und Justiz „oft individualisiert […] und | |
| bagatellisiert“, [1][heißt es in dem Bericht]. Er soll am Dienstag | |
| vorgestellt werden und lag der taz vorab vor. | |
| Der „Monitor Gewalt gegen Frauen“ untersucht zum ersten Mal, inwiefern die | |
| Istanbul-Konvention des Europarats gegen Gewalt gegen Frauen, die | |
| hierzulande seit 2018 gilt, in Deutschland umgesetzt wird. | |
| Der Konvention zufolge sind Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, | |
| geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen und zu verhindern sowie Frauen | |
| und Mädchen zu schützen. Dabei jedoch gebe es „gravierende Lücken“, so d… | |
| Bericht. Es bestehe „dringender Handlungsbedarf“, um ein funktionierendes | |
| Schutz- und Unterstützungssystem für Betroffene zu schaffen. | |
| Das [2][Deutsche Institut für Menschenrechte] (DIMR) ist seit November 2022 | |
| damit beauftragt, die Umsetzung der Konvention zu beobachten und zu | |
| bewerten. Dafür haben die Forscher*innen Daten aus Bund und Ländern, von | |
| Polizei und aus dem Hilfesystem zusammengetragen, zudem in einigen | |
| Themenfeldern die Rechtspraxis mit den Vorgaben der Konvention verglichen. | |
| Vorwiegend geht es dabei um den Zeitraum 2020 bis 2022, zum Teil auch bis | |
| 2024. Auf rund 440 Seiten stellt der Bericht nun vor, welches Ausmaß | |
| geschlechtsspezifische Gewalt in Deutschland hat und wo Handlungsbedarf | |
| besteht. | |
| ## Prävention, Schutz, Asyl | |
| Analysiert wurde das etwa in den Bereichen Prävention, Schutz, Umgangs- und | |
| Sorgerecht, Asyl sowie digitaler Gewalt. Allein die Datenerhebung war | |
| schwierig: Zwar verpflichte die Istanbul-Konvention Deutschland, | |
| „einschlägige und genau aufgeschlüsselte statistische Daten über | |
| geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt zu erheben“, heißt es in dem | |
| Bericht. Doch genau eine solche Erhebung „fehlt bisher“. Auch die | |
| erstmalige systematische Auswertung der Daten könne deshalb nur „eine | |
| Annäherung“ an das Ausmaß der Gewalt leisten. | |
| Gleichzeitig zeigen die Hellfelddaten deutlich, in welchen Gewaltformen und | |
| inwiefern Mädchen und Frauen besonders betroffen sind – und das in | |
| Bereichen, in denen das Dunkelfeld immens ist. Fast 86 Prozent der | |
| Betroffenen sexualisierter Gewalt etwa sind weiblich, 80 von 83 Betroffenen | |
| von Zwangsverheiratung sind Mädchen oder Frauen. 32 Vergewaltigungen, „2,5 | |
| mögliche Femizide“, mehr als 400 Fälle von digitaler Gewalt – und all das | |
| pro Tag: So sieht die polizeiliche Realität in Deutschland aus. Die | |
| Mehrheit der Betroffenen kannte den Tatverdächtigen. | |
| Die Empfehlung der Forscher*innen an Bund, Länder und das BKA: | |
| regelmäßige Dunkelfeldstudien, also repräsentative Befragungen zu | |
| geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt. Zudem sollen etwa die Daten | |
| der Polizeilichen Kriminalstatistik vertieft werden: Bisher werden zum | |
| Beispiel Fragen zu Tatmotiven bei Tötungsdelikten an Frauen nicht erfasst, | |
| weshalb zur Anzahl der tatsächlichen Femizide hierzulande keine konkrete | |
| Aussage getroffen werden kann. | |
| ## Eine übergreifende Strategie fehlt | |
| Im Bereich Prävention fehle eine „übergreifende Strategie“, so das DIMR, … | |
| geschlechtsspezifischer Gewalt entgegenzutreten. Daneben empfiehlt das | |
| Institut etwa verpflichtende Fortbildungen für Polizei und Justiz, zudem | |
| den Ausbau der Täterarbeit. Im Bereich „Schutz und Beratung“ empfiehlt der | |
| Bericht etwa, einen „bundeseinheitlichen Rechtsanspruch“ einzuführen. Der | |
| wäre im Gewalthilfegesetz formuliert, von dem aufgrund des Bruchs der Ampel | |
| fraglich ist, ob es in dieser Legislatur noch kommt. | |
| Im Umgangs- und Sorgerecht, das diese Legislatur nun nicht mehr reformiert | |
| wird, empfiehlt das Institut, „die Schutzinteressen des gewaltbetroffenen | |
| Elternteils als gleichwertiges Prinzip neben dem Kindeswohl zu verankern“. | |
| Gerichte müssten beim Umgang des Kindes mit dem gewaltausübenden Elternteil | |
| zudem nachweisen, dass dies dem Kindeswohl dienlich sei. Im Bereich der | |
| digitalen Gewalt wird ein Straftatbestand zum „Schutz der Psyche“ | |
| empfohlen. All dies, so der Bericht, erfordere „erhebliche finanzielle | |
| Investitionen und vor allem den politischen Willen“, die Probleme | |
| anzugehen. | |
| 3 Dec 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/Publikation… | |
| [2] https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Femizide | |
| Gewalt gegen Frauen | |
| Menschenrechte | |
| GNS | |
| Frauenrechte | |
| Gewalt gegen Frauen | |
| Gewalt gegen Frauen | |
| häusliche Gewalt | |
| Gewalt gegen Frauen | |
| Schwerpunkt Femizide | |
| Schwerpunkt Femizide | |
| Social Media | |
| Schwerpunkt Femizide | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Zwangsverheiratung in Berlin: Viel Wissen, wenig Ressourcen | |
| Es braucht nicht noch eine Studie zu Zwangsverheiratungen – findet Bahar | |
| Haghanipour von den Grünen. Die Hilfsprojekte bräuchten aber mehr Geld. | |
| Gewalt gegen Frauen: Das Hilfesystem braucht ein Update | |
| Gewalt gegen Frauen weitet sich ins Digitale aus und stellt Frauenhäuser | |
| vor neue Probleme. Aber das geplante Gewalthilfegesetz droht zu scheitern. | |
| App-Erfinderin über Gewalt gegen Frauen: „Gewalt fängt bei Kommentaren oder… | |
| Gewalt gegen Frauen nimmt zu. App-Erfinderin Stefanie Knaab über ihre | |
| eigenen Erfahrungen und über ihre Selbsthilfe-App für Betroffene. | |
| Schutz vor Partnerschaftsgewalt: Fußfessel soll Frauen schützen | |
| Schleswig-Holstein will den Einsatz von GPS-Trackern gesetzlich verankern. | |
| Vorbild ist ein Modell aus Spanien. | |
| Finanzierung von Hilfseinrichtungen: Schutz im Frauenhaus auf eigene Kosten | |
| Viele Betroffene müssen für den Aufenthalt in einer Schutzeinrichtung | |
| selbst aufkommen. Die Folge: enorme zusätzliche Hürden für die | |
| Schutzsuchenden. | |
| Gewalt gegen Frauen: Deutschland macht zu wenig | |
| Eine Studie belegt erstmals konkret, wie wenig gegen geschlechtsspezifische | |
| Gewalt unternommen wird. Es fehlt eine bundeseinheitliche Strategie. | |
| Tödliche Gewalt gegen Frauen: „Weiter Forschungs- und Klärungsbedarf“ | |
| Erstmals hat das BKA ein Lagebild zu geschlechtsspezifischer Gewalt | |
| vorgestellt. Viktoria Piekarska vom Juristinnenbund über rechtliche | |
| Unschärfen. | |
| #womeninmalefields Social-Media-Trend: „Ne sorry babe mit Pille spür ich nix… | |
| Was wäre, wenn Frauen so über Männer sprechen würden wie Männer über | |
| Frauen? Unter dem Hashtag #womeninmalefields probieren das viele von ihnen | |
| aus. | |
| Gewalthilfegesetz im Kabinett: Frauen müssen bangen | |
| Die Regierung will kurz vor knapp ein Gesetz zum besseren Schutz vor Gewalt | |
| beschließen. Doch die Chancen auf die Mehrheit im Parlament sind gering. |