# taz.de -- Amnesty International zu Krieg in Gaza: „Das ist Genozid“ | |
> Die NGO Amnesty International legt umfassendes Datenmaterial zur | |
> israelischen Kriegsführung in Gaza vor. Ihre Analyse: Es handelt sich um | |
> Genozid. | |
Bild: Nach einem israelischen Militäreinsatz in Nuseirat, Ende November | |
Berlin taz | Israel begehe in Gaza Völkermord. Zu diesem Schluss kommt | |
[1][die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einem | |
296-seitigen Bericht.] „Der Staat Israel hat Völkermord an Palästinensern | |
im besetzten Gazastreifen begangen und tut dies weiterhin“, sagte die | |
Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, bei der | |
Vorstellung des Berichts am Mittwoch in Den Haag. Die Analyse würde nun dem | |
Internationalen Gerichtshof und dem Internationalen Strafgerichtshof | |
vorgelegt. | |
Der Bericht versammelt ausführliche Belege über das „absichtliche“ und | |
„systematische“ Vorgehen Israels in Gaza nach dem 7. Oktober 2023. Die | |
Menschenrechtler*innen analysierten Bilder, Videos und | |
Satellitenbilder. Mitarbeitende vor Ort führten 212 Interviews, darunter | |
mit Opfern von Bombardierungen, Vertreibungen und Folter, sowie mit | |
humanitären Helfer*innen. Amnesty analysierte außerdem Datenmaterial von | |
UN-Organisationen und NGOs sowie Berichte aus dem laufenden | |
Genozidverfahren gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof. | |
All dies dokumentiert, dass die Palästinenser*innen in Gaza | |
bombardiert, mehrfach zwangsumgesiedelt und [2][ausgehungert] wurden, dass | |
zivile Infrastruktur gezielt angegriffen wurde, darunter Krankenhäuser und | |
die Wasserversorgung. Analysiert wurden Daten bis Juli 2024. Es gebe | |
allerdings keine Hinweise darauf, dass sich die Situation seitdem | |
verbessert habe. | |
Zudem dokumentiert der Bericht die Zerstörung von Kultur- und | |
Bildungseinrichtungen, darunter Schulen, Moscheen und Friedhöfe. Die | |
Menschenrechtler*innen analysierten über 102 Aussagen von israelischen | |
Offiziellen. Darunter auch 22 Aussagen von Beamten, die direkte Kontrolle | |
über das israelische Militär haben, unter anderem Ministerpräsident | |
Benjamin Netanjahu und Ex-Verteidigungsminister Joav Galant. Gegen Letztere | |
hat der [3][Internationale Strafgerichtshof (IStGH) Ende November | |
Haftbefehl] erlassen. | |
## Teil eines entmenschlichenden Diskurses | |
Ergebnis der Analyse: Die Absicht, Gazas Bevölkerung ohne Unterscheidung | |
zwischen Kämpfern und Zivilist*innen zu zerstören, fände sich | |
wiederholt in den Aussagen. Sie geschehe im Kontext einer rechtswidrigen | |
Blockade und Besatzung Gazas. Die getroffenen Aussagen seien Teil eines | |
entmenschlichenden Diskurses. | |
Der Bericht bezieht sich unter anderem auf eine Aussage Benjamin Netanjahus | |
vom 28. Oktober 2023, in der er seine Absicht verkündete, Gaza zu | |
vernichten. Dabei zitierte er aus dem fünften Buch Mose über das biblische | |
Volk Amalek. Darin heißt es: „Töten sollst du von Mann bis Weib, von | |
Spielkind bis Säugling, von Ochs bis Schaf, von Kamel bis Esel.“ | |
Die Schwelle für den Nachweis eines Genozids sei sehr hoch, erklärte | |
Callamard. „Wir kommen nicht leichtfertig oder aus politischen Gründen zu | |
diesem Schluss.“ Die Kriegsziele Israels, die Hamas zu bekämpfen, seien | |
keine Legitimation für einen Völkermord. | |
Amnesty International gehört nicht zu den Ersten, die das Vorgehen als | |
Genozid definieren. Unter anderem die [4][UN-Sonderberichterstatterin] | |
Francesca Albanese, der [5][UN-Sonderausschuss für Menschenrechte] und der | |
Ex-Leiter des Büros des [6][UN-Hochkommissars für Menschenrechte] in New | |
York sprachen von Genozid in Gaza. | |
Amnesty International fordert die internationale Gemeinschaft dazu auf, den | |
Völkermord zu stoppen. „Staaten, die Waffen an Israel liefern, laufen | |
Gefahr, sich an dem Völkermord zu beteiligen“, so die Generalsekretärin. | |
Amnesty Deutschland erwarte von der [7][Bundesregierung], die | |
Kriegsverbrechen zu benennen, sich für einen Waffenstillstand einzusetzen | |
und Waffenlieferungen zu stoppen. | |
Den Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit der Tötung von | |
über 1.200 Menschen und der Verschleppung von 240 Geiseln hat Amnesty | |
[8][bereits als Kriegsverbrechen verurteilt]. Eine ausführliche | |
Dokumentation dazu will die Organisation im Januar vorlegen. | |
1948 machte die UN-Generalversammlung Völkermord zum Straftatbestand, durch | |
die „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“. Sie | |
besagt, Völkermord sei durch die Absicht gekennzeichnet, eine Gruppe ganz | |
oder teilweise auszulöschen. Zum Tatbestand zählt unter anderem das Töten | |
oder Zufügen von körperlichem und/oder seelischem Schaden an einer Gruppe | |
und Lebensumstände zu schaffen, die auf Zerstörung der Gruppe abzielen. | |
5 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.amnesty.de/pressemitteilung/israel-gaza-genozid-voelkermord-pal… | |
[2] /Hilfslieferungen-fuer-den-Gazastreifen/!6050052 | |
[3] /IStGH-erlaesst-Haftbefehl-gegen-Netanjahu/!6048927 | |
[4] https://www.ohchr.org/sites/default/files/documents/hrbodies/hrcouncil/sess… | |
[5] https://www.ohchr.org/en/press-releases/2024/11/un-special-committee-finds-… | |
[6] https://www.theguardian.com/world/2023/oct/31/un-official-resigns-israel-ha… | |
[7] /Kritik-an-Antisemitismus-Resolution/!6046478 | |
[8] https://www.amnesty.org/en/documents/mde15/8803/2024/en/ | |
## AUTOREN | |
Julia Neumann | |
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