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# taz.de -- Massenentlassung in Klinik angekündigt: Hiobsbotschaft im Advent
> Die private Schön-Gruppe ist angetreten, um die Rendsburger Kreisklinik
> in Schleswig-Holstein zu retten. Doch nun fliegen massenweise Angestellte
> raus.
Bild: Sollen ausgelagert werden: Reinigungskräfte im Krankenhaus
Rendsburg taz | Patient:innen, die ins Rendsburger Krankenhaus kommen,
bemerken vermutlich nichts Ungewöhnliches: Im Foyer sitzen Wartende,
Personal in blauen oder grünen Kasacks eilt vorbei. Aber hinter den
Kulissen brodelt es, weiß Nico Wickleder, der als Gewerkschaftssekretär
der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di für die Rendsburger Klinik und das
dazugehörige Haus in Eckernförde zuständig ist. „Die Stimmung ist
aufgewühlt, explosiv und emotional“, sagt er. Vor Kurzem hat die
Geschäftsführung in einer Betriebsversammlung eine Massenentlassung
angekündigt, noch vor Weihnachten werden die Schreiben verschickt.
Das ist ein Schock für die Belegschaft, schließlich war die private
Schön-Gruppe mal angetreten, [1][um die bis dahin kommunalen
Imland-Kliniken zu retten]. Am Donnerstag befasste sich der Sozialausschuss
des Kieler Landtags mit der Lage. Ein Vertreter der [2][Schön-Gruppe] war
eingeladen, erschien aber nicht. Das Thema bleibt damit auf der politischen
Tagesordnung.
Sie selbst sei nicht betroffen, sagt eine Pflegekraft in Rendsburg: „Es
heißt, wer am Patienten arbeitet, bleibt.“ Aber rund 250 Beschäftigte im
Reinigungsdienst und in anderen Servicebereichen wie Catering, IT oder
Buchhaltung werden ihre Jobs verlieren, berichtet Gewerkschafter Wickleder:
„Viele sind seit Jahrzehnten im Haus.“
Die Hiobsbotschaft verkündete der Vorstandsvorsitzende der Schön-Gruppe,
Mate Ivančić, bei einer Betriebsversammlung. Demnach sollen die Aufgaben
künftig von externen Dienstleistern oder der Schön-Holding übernommen
werden. „Wir hören aber, dass die Personen, die jetzt entlassen werden,
gefragt werden, ob sie künftig in der Holding arbeiten wollen“, sagt
Gewerkschafter Wickleder.
## Gewerkschaft spricht von Lohndumping
Für ihn steht dahinter Lohndumping. Solange die Krankenhäuser dem Kreis
gehörten, galt für die Beschäftigten der Tarifvertrag des öffentlichen
Dienstes. Beim Wechsel in die private Holding würden die Betroffenen
niedriger eingestuft werden und vermutlich auch weitere Leistungen
einbüßen, befürchtet Wickleder.
„Jetzt ist leider genau das eingetreten, vor dem wir als SPD im Vorfeld der
[3][Privatisierung der Imland-Kliniken] gewarnt hatten“, sagt Birte Pauls,
SPD-Gesundheitsexpertin der Landtagsfraktion. Dass die Beschäftigten die
Kündigungsnachricht ausgerechnet zur Adventszeit überreicht bekämen, sei
bitter. Sowohl SPD als auch FDP beantragten einen Bericht zur Lage der
Kliniken im Sozialausschuss des Landtags.
Dass weder Ivančić noch ein anderer Klinik-Vertreter zur Sitzung erschien,
„ärgert mich“, sagte Heiner Garg (FDP). Die Schön-Gruppe habe Landesmittel
für Investitionen in die Standorte erhalten und müsse „Rede und Antwort
stehen“. Er erinnerte an die Vorgeschichte des Verkaufs: „Vor einem Jahr
wurde das Städtische Krankenhaus als Interessent aus dem Rennen geworfen
mit einer hohen Kaufsumme und einem medizinischen Konzept, das bis heute
nicht umgesetzt wurde.“ Fraglich sei, ob der Kreis Rendsburg-Eckernförde
sich mit dem heutigen Wissen so entschieden hätte.
## CDU sieht Ruf des Hauses in Gefahr
Während Gesundheitsstaatssekretär Oliver Grundei (CDU) das Recht eines
privaten Trägers auf wirtschaftliche Entscheidungen verteidigte, sorgte
sich Pauls um den Ruf des Hauses: „Wer heute so mit Beschäftigten umgeht,
riskiert, dass auch andere Spezialisten abwandern.“ Auch der beste Chirurg
nütze nichts, wenn die Technik nicht funktioniere oder der OP-Saal nicht
sauber sei.
Die Imland-Klinik des Kreises war seit mehreren Jahren in wirtschaftlichen
Schwierigkeiten und rutschte, wie viele ähnliche Häuser, während der
Coronazeit in die roten Zahlen. Der Kreis entwarf verschiedene Szenarien.
Alle Modelle hätten die Schließungen oder Verlagerung einiger Stationen zur
Folge gehabt, gestritten wurde besonders um die Geburtsstation in
Eckernförde. [4][Auch unter der Leitung des Kreises wären Stellen abgebaut
worden]. Allerdings wären wohl keine ganzen Bereiche outgesourct worden.
Die Pläne scheiterten im Herbst 2022 an einem Bürgerentscheid, der den
Erhalt beider Standorte ohne Änderungen vorsah. Im Dezember 2022 lehnte der
Krankenhausausschuss des Landes dieses Konzept ab, es sei nicht umsetzbar.
In der Folge begannen die Verhandlungen über einen Verkauf. Zunächst hatte
das Städtische Krankenhaus Kiel Interesse. Der Zuschlag ging dann aber an
die Schön-Klinik-Gruppe mit Hauptsitz in München. Sie betreibt laut ihrer
Homepage bundesweit und in Großbritannien 17 Kliniken und 34 ambulanten und
tagesklinischen Einrichtungen mit rund 14.300 Beschäftigten.
Bei der Übernahme der Imland-Klinik sei vieles versprochen worden, sagt
Gewerkschafter Wickleder. „Wir sehen heute, dass nichts davon umgesetzt
wurde.“ Den Beschäftigten, denen nun die Kündigung droht, rät er, nicht zu
schnell zu unterschreiben. Es könnte noch einiges passieren, und durch
Verhandlungen seien oft bessere Ergebnisse zu erzielen.
28 Nov 2024
## LINKS
[1] /Gesundheitsversorgung-in-der-Krise/!5895606
[2] https://www.schoen-klinik.de/rendsburg
[3] /!5799294/
[4] /Gesundheitsversorgung-in-der-Krise/!5895606
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Privatisierung
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