# taz.de -- Globale Klimapolitik der USA: Der Trump im Raum | |
> Bei der COP29 versuchen Vertreter*innen der USA, Entwarnung vor | |
> der Amtszeit ihres künftigen Präsidenten zu geben. Das glauben nicht | |
> alle. | |
Bild: Obwohl Donald Trump bei der COP29 in Baku nicht anwesend ist, ist überal… | |
Baku taz | Er wirft einen [1][Schatten auf den Weltklimagipfel], obwohl er | |
gar nicht da ist. Seit der Wahl Donald Trumps zum nächsten US-Präsidenten | |
haben Klimapolitiker*innen aus den Vereinigten Staaten alle Hände | |
voll zu tun, ihr Land ins rechte Licht zu rücken. „Trump ist nicht | |
Amerika“, ermuntert Jay Inslee, Gouverneur von Washington, das Publikum | |
einer Podiumsdiskussion während der Konferenz in der aserbaidschanischen | |
Hauptstadt Baku. „Ich versichere der Welt, dass die Wahl im Weißen Haus uns | |
im Kampf gegen den Klimawandel in Amerika nicht aufhalten wird.“ | |
Glaubt man allerdings den Ankündigungen des neuen Präsidenten, ist das | |
äußerst fraglich. Trump hat versprochen, den Energiesektor zu deregulieren, | |
der Öl- und Gasindustrie zu erlauben, „zu bohren, zu bohren, zu bohren“. | |
Die USA sollen erneut aus dem [2][Pariser Klimaabkommen austreten], in dem | |
sich die Staaten verpflichtet haben, Schritte zu unternehmen, um die | |
schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise zu vermeiden. Die USA sind | |
historisch gesehen der größte Emittent von Treibhausgasen – bis heute | |
stoßen die Vereinigten Staaten nach China am zweitmeisten CO2 aus. | |
So blickt die Weltgemeinschaft auf dem UN-Gipfel ängstlich in Richtung USA: | |
Wie lässt sich das Schlimmste abwenden, wenn der künftige Präsident ein | |
Klimawandelleugner ist? | |
„Die Bemühungen zur Verhinderung des Klimawandels bleiben eine | |
Verpflichtung der USA und werden mit Zuversicht fortgesetzt“, versprach | |
John Podesta, der Klimabeauftragte der US-Regierung, gleich zu Beginn der | |
Konferenz. Was er nicht sagte: Das dürfte nur noch solange gelten, wie die | |
Regierung von Joe Biden im Amt ist – also bis Mitte Januar. Doch auch wenn | |
Trump versuchen werde, Fortschritte rückgängig zu machen, „ist das nicht | |
das Ende unseres Kampfes für einen saubereren und sichereren Planeten“, so | |
Podesta. „Der Kampf ist größer als eine Wahl, als ein politischer Zyklus in | |
einem Land.“ | |
Governeur Jay Inslee setzt auf die Kräfte des Marktes. Während Trumps | |
erster Regierungszeit wurde die US-Klimaallianz gegründet, erinnert er. Ihr | |
gehören derzeit [3][24 Bundesstaaten an], die nach seinen Angaben rund 60 | |
Prozent der US-Wirtschaft ausmachten. „Die Wirtschaft ist in diesen Staaten | |
schneller gewachsen als in denjenigen, die sich uns nicht angeschlossen | |
haben“, sagt der Politiker der US-Demokraten. „Donald Trump kann die | |
saubere Energiewende, die wir in unseren Bundesstaaten, Städten und | |
Landkreisen vorantreiben, nicht aufhalten.“ | |
## Trumps Energieminister ist Fracking-Mogul | |
Doch ist das mehr als nur typisch amerikanischer (Zweck-)Optimismus? | |
Immerhin gibt es Pläne, das wichtigste Klimagesetz der Geschichte wieder | |
abzuschaffen: Unter Trump soll der [4][Inflation Reduction Act (IRA) | |
fallen], der Ausgaben für den Klimaschutz in Milliardenhöhe vorsieht. So | |
will es das „Projekt 2025“ der ultrarechten Heritage Foundation, das von | |
ehemaligen Regierungsbeamten Trumps miterarbeitet wurde und großen Einfluss | |
auf den Republikaner hat. Die USA dürften unter Trump dann jährlich bis zu | |
vier Milliarden Tonnen CO2 zusätzlich ausstoßen, hat die britische | |
Klimapublikation „Carbon Brief“ errechnet. Das sind fast 80 Prozent mehr | |
als die gesamten US-Emissionen im vergangenen Jahr. | |
„Es wäre ein Todesurteil für unseren Planeten“, fürchtete Jamie Minden, … | |
21-jährige stellvertretende Geschäftsführerin von Zero Hour, einer von | |
Jugendlichen geleiteten Klimaschutzorganisation, auf einer Pressekonferenz | |
in Baku. | |
Inslee hingegen gibt Entwarnung: Die Investitionen des IRA gingen besonders | |
in republikanisch dominierte Bundesstaaten, die davon profitierten. „Kein | |
Mitglied des Kongresses sitzt stillschweigend daneben, während irgendjemand | |
Arbeitsplätze in seiner Gemeinde wegnimmt.“ Es klingt nach | |
Schadensbegrenzung. | |
Denn auch die Benennung von Verantwortlichen macht wenig Mut: Trumps | |
Wunschkandidat für das Amt des Energieministers ist [5][Chris Wright], der | |
Chef des Fracking-Unternehmens Liberty Energy. Wright verunglimpft nicht | |
nur die Klimaforschung. Er propagiert auch die Idee, dass fossile | |
Brennstoffe Menschen aus der Armut befreien können. In Argentiniens | |
Präsidenten Milei hat Trump einen Nachahmer auf globaler Ebene gefunden, | |
der seine Delegation schon nach wenigen Verhandlungstagen wieder aus Baku | |
abgezogen hat. Düstere Zeiten für die weltweite Klimadiplomatie? | |
Auf die Verhandlungen bei der 29. UN-Klimakonferenz in Baku habe die | |
künftige US-Regierung praktisch keine Auswirkung, beschwichtigt Jennifer | |
Morgan, die Sonderbeauftragte der Bundesregierung für internationale | |
Klimapolitik. „Die USA sitzen hier mit am Tisch und verhandeln wie immer.“ | |
Sowohl die USA als auch Deutschland wollten, dass inzwischen ebenfalls | |
reich gewordene Staaten – etwa China und Saudi-Arabien – zur | |
Klimafinanzierung beitragen, sagte die gebürtige US-Amerikanerin der taz. | |
## „Europe united“ statt „America first“ | |
Entwicklungs- und Umweltverbände wie die NGO Germanwatch widersprechen | |
Morgans Darstellung allerdings deutlich: „Viele Länder aus dem fossilen | |
Lager blockieren gerade wegen des Wahlausgangs in den USA mit neuem | |
Selbstvertrauen hier notwendige Schritte für Klimaschutz“, kritisiert | |
Geschäftsführer Christoph Bals. Bei einem der wichtigsten Streitpunkte des | |
Gipfels müsse der Nachweis noch geführt werden, in welchem Ausmaß die | |
anderen Industrieländer bereit sind, Klimagelder zukünftig von reicheren | |
Ländern an ärmere Staaten des [6][Globalen Südens fließen] zu lassen – al… | |
an Länder, die die Klimakrise nicht wesentlich verursacht haben. | |
Klar ist: Verlassen die USA das Paris-Abkommen, fiele künftig ein wichtiger | |
internationaler Geldgeber aus. Im Jahr 2024 steuerten die USA bereits mehr | |
als elf Milliarden US-Dollar für die internationale Klimafinanzierung bei, | |
gab die US-Regierung vor dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro bekannt. Sollte | |
das Land zusätzlich auch aus der UN-Klimarahmenkonvention aussteigen, wie | |
einige Beobachter*innen befürchten, träfe es auch das UN-Klimabüro | |
empfindlich, das unter anderem für die Organisation der Klimagipfel | |
verantwortlich ist. Laut eines Berichts von Table Media würden jährlich 20 | |
Millionen US-Dollar für administrative Zwecke fehlen. | |
Am Länderpavillon der USA wirkt es, als habe man schon zusammengepackt. Wo | |
sich andere Staaten wahlweise mit Windrädern, Blumenkübeln oder Flaggen | |
schmücken, wartet nur schlichter Messebau auf die Besuchenden. Eine | |
leitende Beamtin des Energieministeriums sorgt sich um Jobverlust ihrer | |
Mitarbeitenden, spricht aber zugleich öffentlich über Klimaanpassung für | |
lokale Gemeinschaften. Es ist dieser Widerspruch zwischen Angst und | |
Kampfgeist, der überall zu spüren ist. | |
„Die progressiven Kräfte in den USA sind jetzt sehr wichtig, aber sie | |
allein werden es nicht richten können“, sagt Bals von Germanwatch. „Andere | |
Akteure müssen stärker werden.“ Die EU müsse ihre Klimapartnerschaften | |
deutlich stärken, fordert er. Auch China werde wichtiger, was sich auch in | |
der Übernahme von Finanzierung spiegeln müsse. | |
## Hören die Trumps dieser Welt zu? | |
Staatssekretärin Jennifer Morgan verweist auf die bereits bestehende | |
transatlantische Zusammenarbeit in Klimaschutz- und Energiefragen (Clean | |
Economy Bridge), die auch auf Ebene der Bundesstaaten weitergehen werde. | |
Mitte der Woche trifft schließlich auch ihre Chefin, Bundesaußenministerin | |
Annalena Baerbock in Baku ein. | |
„Sollte aus den USA klimapolitisch ‚America first‘ kommen, dann ist die | |
Antwort aus klimapolitischer Sicht: ‚Europe united‘“, sagt sie. Baerbock | |
betont ebenfalls, dass sich die grüne Transformation nicht mehr stoppen | |
lasse. Für klimafreundliche Investitionen sprächen handfeste | |
wirtschaftliche Argumente. „Selbst der ölreiche US-Bundesstaat Texas | |
bezieht seinen Strom zu 30 Prozent aus Erneuerbaren.“ | |
Fraglich ist nur, ob das bei den Trumps dieser Welt Gehör findet. „Die Zeit | |
wird über diejenigen urteilen, die den Übergang nicht schaffen“, warnte | |
Hilda Heine, die Präsidentin der vom Klimawandel besonders betroffenen | |
Marshallinseln, in ihrer Gipfelrede. Die kleine Inselnation im Pazifik ist | |
eng mit den USA durch ein Assoziierungsabkommen verbunden. Ihre Worte | |
lassen sich als deutliche Mahnung in Richtung Weißes Haus verstehen: | |
„Einige werden scheitern, weil sie den Wandel leugnen und sich Illusionen | |
hingeben – in der irrigen Annahme, dass ihr Land irgendwie immun wäre.“ | |
22 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Maximilian Arnhold | |
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