| # taz.de -- US-Präsident Trump: Sie können die Naturgesetze nicht außer Kraf… | |
| > Der kommende US-Präsident Trump setzt auf fossile Energie. Aber in seinem | |
| > Milieu stecken Widersprüche: Die Ölindustrie braucht hohe, seine Wähler | |
| > wollen niedrige Preise. | |
| Bild: Trumps neuer Energieminister, der Ölmanager Chris Wright, weiß, wie man… | |
| Das Gruselkabinett von Donald Trump ist mit einer weiteren Personalie von | |
| besonderer Brisanz erweitert worden. Neuer Energieminister wird [1][der | |
| Ölmanager Chris Wright], Chef der Fracking-Firma Liberty Oilfield. Wright | |
| ist nicht nur ein Mann der Öl- und Gasindustrie, er geriert sich auch als | |
| Leugner der Klimakrise. „Es gibt keine Klimakrise, und wir befinden uns bei | |
| der Energie auch nicht in einem Umbruch“, gab Wright zu Protokoll. | |
| Also erneut ein Bock als Gärtner? Eine Schlüsselstellung für einen Mann, | |
| der die Energiepolitik zurück in die fossile Steinzeit katapultieren will? | |
| Fast reflexhaft stellen sich entsprechende Ängste ein: dass die letzten | |
| Bremsen der Vernunft gelöst werden; dass in Naturschutzgebieten und in den | |
| Weiten Alaskas bald überall nach Öl gebohrt wird; dass der Boom der | |
| erneuerbaren Energien gestoppt und stattdessen wieder mehr Kohle verstromt | |
| wird. | |
| Trump, Wright und andere Mitglieder der neuen Regierung werden energie- und | |
| klimapolitisch einiges Unheil anrichten, das ist in der Tat zu befürchten. | |
| Aber sie können Naturgesetze nicht außer Kraft setzen und auch nicht die | |
| wirtschaftlichen Realitäten. So ist der Umbruch der Energieversorgung, den | |
| Wright wortreich bestreitet, weltweit längst mit einem immer höheren Tempo | |
| im Gang. US-Präsident Joe Biden hat recht, wenn er vor dem G20-Gipfel in | |
| Brasilien sagte: „Die grüne Energierevolution ist auf dem Weg, und niemand | |
| kann sie umkehren, wirklich niemand!“ | |
| Bis 2030, so die Hochrechnung der Internationalen Energieagentur (IEA) der | |
| OECD-Staaten, werde sich weltweit die Kapazität der Anlagen für erneuerbare | |
| Energien gegenüber 2023 nahezu verdreifachen. Auch die USA werden sich von | |
| dieser Entwicklung, bei Strafe schwerer ökonomischer Verluste, nicht | |
| abkoppeln können, zumal der einflussreiche „Schattenpräsident“ Elon Musk | |
| gerade in diesem Sektor viel Geld verdient. | |
| ## Trumps Radau setzt die Realitäten nicht außer Kraft | |
| An geeigneten Standorten ist die Stromerzeugung durch Solaranlagen schon | |
| heute die mit Abstand wirtschaftlichste Alternative. Eine neue Blütezeit | |
| der Kohleverstromung würden sich manche Fossil-Fans zwar wünschen, aber sie | |
| ist auf Dauer einfach unwirtschaftlich. It’s the economy, stupid. | |
| Ökonomisch haben die erneuerbaren Energien die fossilen längst abgehängt. | |
| Die Kohleförderung der USA ist seit Jahren aus geologischen und | |
| wirtschaftlichen Gründen rückläufig, diesen Trend wird Kohlefan Donald | |
| Trump auch mit hohen Subventionen nur schwer ändern können. | |
| „Drill, Baby, drill!“ Trumps pubertärer Schlachtruf für einen neuen | |
| glorreichen Aufbruch in der Ölförderung fand mit der Ernennung des | |
| Energieministers Wright seine folgerichtige Pointe. Aber auch in der | |
| Ölförderung gilt: Trumps Radau kann die Realitäten nicht außer Kraft | |
| setzen. Die konventionelle Ölförderung in den USA befindet sich seit | |
| mehreren Jahrzehnten im Rückwärtsgang, das konnten auch verschiedene | |
| republikanische Präsidentschaften nicht verhindern. | |
| Die unkonventionelle Ölförderung durch Fracking ist nach dem steilen | |
| Anstieg vergangener Jahre jetzt auf einem Plateau angekommen, aktuell | |
| notierten die Statistiker sogar einen leichten Rücksetzer. | |
| Fracking-Experten wie der Münchner Buchautor Werner Zittel erwarten im für | |
| die Ölindustrie günstigsten Fall eine Verlängerung des Förderplateaus um | |
| einige Jahre, wahrscheinlicher sei aber ein baldiger Rückgang der | |
| Förderung, vielleicht sogar während der Zeit der Regierung Trumps. Die | |
| Gründe: Die besten Claims sind längst ausgebeutet, mehr Bohrungen bringen | |
| auf Dauer nicht zwangsläufig auch mehr Öl. Bei einem sinkenden Ölpreis | |
| durch ein höheres Ölangebot würde das Fracking zudem schnell die rote Linie | |
| erreichen und zumindest in geologisch ungünstigeren Regionen | |
| unwirtschaftlich werden. | |
| ## Ölförderung wird teurer | |
| Angebot und Nachfrage bilden im Ölsektor ohnehin eine heikle Beziehung. Der | |
| (stereo)typische männliche Trump-Wähler besteht als unveräußerliches | |
| Grundrecht nicht nur auf riesigen Steaks, die über den Tellerrand ragen, | |
| sondern auch auf billigem Benzin für seinen Pick-up. Die Ölindustrie, die | |
| Donald Trump jetzt pampern und zu neuen Höhenflügen ermuntern will, braucht | |
| aber möglichst hohe Ölpreise, damit sich die zunehmend aufwändigeren | |
| Investitionen in die Suche und Erschließung neuer Ölfelder auch rechnen – | |
| ein Widerspruch, der schwer aufzulösen ist. Billiges Öl als Belohnung für | |
| Trump-Wähler wäre für den neuen Energieminister ein Albtraum, weil ein | |
| niedriger Ölpreis die Gewinnmargen der Branche abschmelzen lässt. | |
| Besonders aufwändig und teuer ist die Erschließung neuer Ölfelder in den | |
| arktischen Regionen Alaskas. Präsident Biden hat dort etliche Gebiete unter | |
| Schutz gestellt und von Ölbohrungen ausgenommen. Er hat aber gleichzeitig, | |
| entgegen seinem Wahlversprechen und trotz heftiger Kritik von | |
| Umweltaktivisten, dem Energiekonzern ConocoPhillips grünes Licht für | |
| Ölbohrungen an drei Standorten gegeben. [2][Auch die demokratischen | |
| Präsidenten hielten stets ihre schützende Hand über die Interessen der | |
| Ölbranche]. Voller Stolz hatte Barack Obama verkündet, dass die USA während | |
| seiner Amtszeit zum größten Ölproduzenten der Welt aufgestiegen seien. | |
| Joe Bidens energie- und klimapolitischer Befreiungsschlag war der Inflation | |
| Reduction Act (IRA), ein 370 Milliarden Dollar schweres | |
| Investitionsprogramm. Mehr als Dreiviertel des Geldes soll bisher in | |
| ländliche, eher republikanisch dominierte Bundesstaaten geflossen sein. Ein | |
| Abwürgen des IRA würde mehr als 300.000 Arbeitsplätze im grünen Energie- | |
| und Umwelttechnologiesektor gefährden. Trumps eigene Parteileute werden | |
| sich dagegen zu wehren wissen. Zudem: Viele US-Bundesstaaten und Städte | |
| haben längst in Eigenregie Klima- und Umweltprogramme aufgelegt, die Trump | |
| schwerlich alle stoppen kann. Kalifornien zum Beispiel hat zuletzt viel | |
| unternommen, [3][um seine Umweltgesetze „trumpsicher“ zu machen.] | |
| Es gibt also auch in düsteren Zeiten noch Hoffnung auf die Restvernunft. | |
| 29 Nov 2024 | |
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| [1] /Zukuenftige-Regierung-in-den-USA/!6049529 | |
| [2] /Kamala-Harris-Programm/!6033875 | |
| [3] https://www.spiegel.de/wirtschaft/donald-trump-will-foerderungen-streichen-… | |
| ## AUTOREN | |
| Manfred Kriener | |
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