# taz.de -- US-Präsidentschaftswahlen: Harris' Dilemma beim Klimaschutz | |
> Für Kamala Harris ist Klimaschutz wichtig. Umweltverbände gehen davon | |
> aus, dass sie mit ihr eine starke Unterstützerin haben werden. | |
Bild: Mit Kamala Harris als US-Präsidentin könnten Klimaschutzaktivist*innen … | |
Washington taz | „Sie wird jeden Tag dafür kämpfen, dass alle Amerikaner | |
Zugang zu sauberer Luft, sauberem Wasser und einer gesunden Umwelt haben“, | |
bestätigte die ehemalige Klimaberaterin des Weißen Hauses, Gina McCarthy, | |
in einer Stellungnahme. Gleichzeitig bedarf es aber sowohl im Wahlkampf als | |
auch als mögliche erste Präsidentin der USA eines gewissen | |
Fingerspitzengefühls, da noch immer Tausende von Arbeitsplätzen vom Erfolg | |
der amerikanischen Öl- und Gasindustrie abhängig sind. Es ist eine | |
Situation, mit der auch Präsident Joe Biden während der vergangenen Jahre | |
konfrontiert wurde. | |
Als Vizepräsidentin hat Kamala Harris am größten Klimagesetzespaket in der | |
Geschichte der USA mitgearbeitet. Der Inflation Reduction Act, der vor fast | |
zwei Jahren von Biden unterzeichnet wurde, hat z[1][u | |
Milliardeninvestitionen und Hunderttausenden neuen Arbeitsplätzen in | |
Sektoren wie erneuerbare Energien oder Batteriefertigung geführt]. Und | |
trotzdem haben die USA im vergangenen Jahr so viel Öl- und Erdgas gefördert | |
wie noch nie zuvor. | |
Es ist ein Paradox, mit dem sich einige Demokraten, vor allem aus dem | |
progressiven linken Flügel der Partei, nicht so recht anfreunden können. | |
Während des UN-Klimagipfels in Dubai im vergangenen Dezember erklärte | |
Kamala Harris, dass es transformierende Veränderung brauche, um gegen den | |
Klimawandel vorzugehen. Die Zeit der kleinen Schritte sei vorbei. „Überall | |
auf der Welt werden Gemeinden von Dürren erdrückt, von Überschwemmungen | |
weggeschwemmt und von Hurrikans verwüstet. Der Rauch von Waldbränden | |
verdunkelt unseren Himmel und der steigende Meeresspiegel bedroht das Leben | |
und die Existenzgrundlage von Millionen von Menschen. Die Dringlichkeit | |
dieses Augenblicks ist klar“, sagte sie damals und warnte: „Die Uhr tickt | |
nicht mehr nur, sie hämmert. Und wir müssen die verlorene Zeit aufholen.“ | |
Für Harris sind solche Aussagen keineswegs nur Floskeln. Ihre Arbeit im | |
Bereich Umwelt- und Klimaschutz reicht bis an den Start ihrer Karriere im | |
öffentlichen Dienst zurück. Als Bezirksstaatsanwältin in San Francisco | |
gründete sie 2005 eine der ersten Einheiten im Land, die sich speziell auf | |
Umweltverbrechen konzentrierte. Als Generalstaatsanwälten des Bundesstaates | |
Kalifornien erwirkte sie Vergleiche in Milliardenhöhe. | |
## Klagte sogar schon gegen die Obama-Regierung | |
Dazu gehört unter anderem der Vergleich mit Volkswagen, nachdem die | |
Wolfsburger der Manipulation von Dieselfahrzeugen unter Beihilfe einer | |
Abgas-Betrugssoftware überführt wurden. Der deutsche Autobauer | |
verpflichtete sich 2016, insgesamt 14,7 Milliarden Dollar in die Hand zu | |
nehmen, um den verursachten Schaden in den USA zu beheben. Sie erwirkte | |
außerdem Vergleiche mit den Ölfirmen Phillips 66 und ConocoPhillips wegen | |
Umweltverstößen. | |
Sie schreckte auch nicht davor zurück, Ex-Präsident Barack Obama und dessen | |
Regierung zu verklagen, nachdem diese entschlossen hatte, Genehmigungen für | |
die kontroverse Fracking-Methode zur Öl- und Erdgasgewinnung vor der | |
kalifornischen Küste zu erteilen. „Wir sind zuversichtlich, dass sie bereit | |
ist, das historische Erbe von Präsident Biden fortzuführen und die | |
Messlatte für den Klimaschutz in Amerika noch höher zu legen“, sagte | |
Evergreen Geschäftsführerin Lena Moffitt. | |
## Harris könnte grüner als Biden werden | |
Evergreen ist eine von mehreren namhaften Umweltgruppen, darunter auch der | |
Sierra Club, der League of Conservation Voters Action Fund und der NRDC | |
Action Fund, die Harris ihre Unterstützung im Wahlkampf ausgesprochen | |
haben. Da sie in der Vergangenheit nicht davor zurückgeschreckt hat, gegen | |
die amerikanischen Ölkonzerne vorzugehen, gibt es Stimmen, die behaupten, | |
dass Harris als mögliche US-Präsidentin vielleicht sogar noch mehr für den | |
Klimaschutz tun würde, als Joe Biden bereits getan hat. Zwar hat Biden mit | |
seinem Klimagesetz eine Transformation im Land eingeleitet und die | |
wirtschaftlichen Bedingungen von grünen Technologien drastisch verbessert. | |
Doch um dies zu erreichen, musste er auch jede Menge Zugeständnisse an die | |
Öl- und Erdgasindustrie machen. | |
Dies ist der politischen Realität im Land geschuldet. Dass sich dies auch | |
mit Harris an der Spitze nicht dramatisch ändern wird – davon ist | |
auszugehen. Sollte Harris, wie zu erwarten, die Nominierung der | |
demokratischen Partei als neue Präsidentschaftskandidatin erhalten, dann | |
ist ihre Bilanz in Klima- und Umweltangelegenheiten nicht nur eine ihrer | |
größten Stärken, sondern auch eine bedeutende Schwäche. | |
## Kontrast zu Trump | |
Ihr Kontrahent im Wahlkampf, [2][Ex-Präsident Donald Trump, bezeichnet den | |
menschengemachten Klimawandel als „Schwindel“ und „Scheinproblem“]. Auf | |
seinen Wahlkampfkundgebungen fordern er und seine Anhänger immer wieder | |
„Drill, baby, drill“ (Bohre, Baby, bohre), eine Anspielung darauf, die | |
Förderung von fossilen Brennstoffen in den kommenden Jahren weiter | |
auszubauen. Es ist eine Position, die vor allem unter republikanischen | |
Wählern weiterhin äußerst weit verbreitet ist. | |
Hinzu kommen aber auch wirtschaftliche Umstände. Der Absatz von | |
Elektrofahrzeugen ist in den USA noch immer verschwindend gering. Nur 8 | |
Prozent aller Autoverkäufe im vergangenen Jahr waren E-Autos. Auch sind | |
Alternativen zum Kerosin im Flugverkehr oder zum Schweröl im Schiffsverkehr | |
noch Jahre entfernt. | |
Als Präsidentschaftskandidatin während der demokratischen Vorwahlen im Jahr | |
2019 sprach sich Harris für eine CO2-Steuer, ein Verbot von Fracking auf | |
öffentlichen Ländereien und eine Investition von 10 Billionen Dollar zum | |
Kampf gegen die globale Erderwärmung aus. Als sie Bidens Wahlkampf | |
schließlich als Vizekandidatin beitrat, schwächte sie ihre Positionen ab. | |
„Wahlkampf ist eine Sache, regieren eine andere“, sagte Kevin Book, | |
Geschäftsführer des Beratungsunternehmens ClearView Energy Partners, | |
gegenüber Semafor. | |
28 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Hansjürgen Mai | |
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