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# taz.de -- Politologe über Klimapolitik mit Trump: „Das wäre ein unwägbar…
> Der künftige US-Präsident Donald Trump will erneut das Pariser Abkommen
> verlassen. Doch es gibt noch eine größere Gefahr, warnt Politologe Tim
> Bosch.
taz: Herr Bosch, Donald Trump hat angekündigt, aus dem Pariser
Klimaabkommen auszutreten, wenn er gewählt wird. Darin haben die Länder der
Welt vereinbart, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, höchstens aber
auf 2 Grad. Die USA sind schon während seiner ersten Amtszeit ausgetreten,
aber erst vier Jahre nach Amtsantritt. Wird es dieses Mal wieder so lang
dauern?
Tim Bosch: Nein, es wird wohl deutlich schneller gehen. Die relativ
restriktive Möglichkeit des Austritts in der ersten Trump-Administration
hing damit zusammen, dass das Paris-Abkommen erst 2016 in Kraft trat. Dann
war für drei Jahre kein Wiederaustritt erlaubt. Mittlerweile ist es
möglich, binnen eines Jahres auszutreten. Das bedeutet, wenn Trump im
Januar 2025 seinen Austritt erklärt, wären die USA mit Beginn des Jahres
2026 tatsächlich effektiv ausgetreten.
taz: Wäre dann zu erwarten, dass es diesmal andere Länder den USA nachtun?
Das ist beim letzten Mal ausgeblieben.
Bosch: Hier fällt es mir schwer, eine Vorhersage zu treffen. Ich glaube
nicht, dass die Architektur der internationalen Klimadiplomatie in sich
zusammenfallen wird. Das ist aber mit deutlich höheren Unsicherheiten
verbunden, weil wir ein zweites Risiko haben, das in der öffentlichen
Debatte weniger diskutiert wird: dass Trump dieses Mal auch aus der
Klimarahmenkonvention aus den 1990er Jahren austreten könnte. Das wäre ein
unwägbarer, potenziell größerer Schaden für die Klimadiplomatie.
taz: Warum?
Bosch: Durch den Verbleib in der Klimarahmenkonvention konnten die USA
unter Trump immer an den Klimakonferenzen teilnehmen, weil das die
Folgekonferenzen der Rahmenkonvention sind. Außerdem war man politisch
weiterhin am Tisch. Durch einen Austritt droht die vollständige Entfernung
der USA vom internationalen Klimaprozess. Hinzu kommt noch, dass die USA
für einen großen Teil der Finanzierung der Rahmenkonvention und ihrer
Konferenzen verantwortlich sind. Das würde wegbrechen.
taz: Aber dann könnte eine Nachfolger*in von Trump doch einfach wieder
eintreten, wie ins Pariser Abkommen.
Bosch: Nicht unbedingt. Es ist umstritten, ob der Präsident einen Austritt
aus der Klimarahmenkonvention ohne Zustimmung des Senats vornehmen könnte.
Es scheint so, aber absehbar wäre ein Rechtsstreit auf nationaler Ebene.
Wenn aber der Präsident austritt, wird es schwierig, wieder beizutreten. Es
ist nicht klar, ob für einen Wiedereintritt eine neuerliche
Zweidrittelmehrheit im Senat erforderlich ist oder ob die ursprüngliche
Mehrheit aus den 90er Jahren ausreicht.
taz: Unter Trump werden die USA also weit weniger ambitioniert sein in
Klimafragen als unter Biden. Erwarten Sie, dass sich deswegen auch andere
Länder weniger anstrengen werden?
Bosch: Ja, das sendet natürlich ein Signal. Im kommenden Jahr müssen alle
Staaten ein neues Klimaziel für 2035 festlegen. Das wird unter Trump
wahrscheinlich ein Rückschritt. Wenn dann andere Länder 2025 ihr
Beitragsziel festlegen, werden die vielleicht auch weniger ambitioniert.
Auch ein langfristiges Wegbrechen von Finanzierungen für Drittländer bei
der Klimaanpassung und Emissionsminderung wäre zu erwarten. Umso wichtiger
ist es, dass die EU sich vorbereitet, die Lücke zu füllen.
taz: In der EU treten zum Beispiel nächstes Jahr die CO2-Zölle in Kraft.
Für Importgüter muss dann extra bezahlt werden, wenn das Land, aus dem sie
kommen, keinen CO2-Preis hat. Kann die EU damit die USA unter Trump unter
Druck setzen, mehr für den Klimaschutz zu tun?
Bosch: Das ist ein Thema, das die transatlantischen Beziehungen
mitbestimmen wird. In der Tat sehen wir in den USA laufende Debatten zu
möglichen Reaktionen. Diese haben an Momentum gewonnen durch das Handeln
der EU. Ein nationaler CO2-Preis ist in den USA allerdings nicht abzusehen.
Die USA könnten ihrerseits selbst eine Art Zoll einführen, der allerdings
nicht mit einer entsprechenden nationalen Bepreisung einherginge und damit
eher protektionistisch wäre. Das erscheint auch durch die
Machtverschiebungen im Kongress wahrscheinlicher. Es wäre im
transatlantischen Interesse, Konflikte hier möglichst zu verhindern. Auch,
um grüne Wertschöpfungsketten nicht zu verhindern.
taz: Welche Rolle wird China als größter Treibhausgas-Emittent einnehmen?
Bosch: Es kann sein, dass Chinas Ambitionen geringer werden, wenn die
Vereinigten Staaten weniger in Klimaschutz investieren. China priorisiert
bislang einen Entwicklungspfad, bei dem es vorrangig um wirtschaftliches
Wachstum und das Sichern von globalen Marktanteilen geht. Das betrifft auch
grüne Lieferketten. Man könnte zwar erwarten, dass die Chinesen versuchen,
in der internationalen Klimapolitik strategisch noch stärkeren Einfluss zu
nehmen. Damit das glaubwürdig erscheint, müssten die Emissionen in China
allerdings sinken, was bislang nicht der Fall ist.
taz: Nächste Woche beginnt in Baku die UN-Klimakonferenz. Was bedeutet ein
US-Präsident Trump für die Verhandlungen dort?
Bosch: Man hat sich lange im Vorlauf der Konferenz mit dem Trump-Szenario
befasst, denn sowohl die Wahl als auch die Klimakonferenz stehen ja schon
lange im Kalender. Bei der Klimakonferenz wird in jedem Fall die
Biden-Administration am Verhandlungstisch sitzen, weil sie noch im Amt ist.
Aber wir können davon ausgehen, dass im Hintergrund schon viel vorbereitet
wurde, möglicherweise mit einem politischen Statement der anderen Staaten,
das ihren Einsatz für internationalen Klimaschutz betont.
7 Nov 2024
## AUTOREN
Jonas Waack
## TAGS
Pariser Abkommen
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Schwerpunkt Klimawandel
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Ungerechtigkeit
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