Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Studie zu Social Media im Wahlkampf: AfD doch Amateure
> Der AfD-Erfolg bei jungen Menschen wurde oft mit TikTok erklärt. Doch
> ging die AfD auf Social Media wirklich strategisch vor? Eine Studie
> stellt das infrage.
Bild: Videos von Alice Weidel werden zwar vielfach geteilt, aber steckt wirklic…
Was macht unsere Jugend rechts?, fragten sich viele schockiert nach den
Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Zur Erinnerung: Vor
allem bei Jungwähler*innen punktete die AfD.
Ein Sündenbock war für Journalist*innen schnell gefunden: Social Media.
Oft wurde getitelt, die AfD habe die sozialen Medien perfekt genutzt, die
Mechanismen der Plattformen verstanden und mithilfe von TikTok, YouTube und
Co. gezielt junge Menschen für sich begeistert. [1][Doch eine neue Studie
der Otto-Brenner-Stiftung (OBS)] zeigt, dass der Einfluss der AfD auf
Social Media womöglich überschätzt wurde – und dass Medien diesen Einfluss
unfreiwillig verstärkt haben.
Die Studienautoren analysierten das digitale Auftreten der AfD in den
Wahlkämpfen von Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Sie suchten nach
wichtigen Akteur*innen und wie die kommunizierten. Sie wollten dabei die
These untersuchen, dass die Strategien der AfD auf Social Media zum
Wahlerfolg beigetragen haben.
Überraschung: So einheitlich und strategisch war der Wahlkampf der AfD
online nicht. In den Bundesländern finden die Autoren Unterschiede. In
Brandenburg etwa investierte die AfD am meisten in ihren digitalen
Wahlkampf und setzte auf eine Vernetzung mit extrem rechten Akteurinnen.
TikTok wurde hier im Vergleich deutlich strategischer eingesetzt, um junge
Menschen zu erreichen. Ähnlich wie [2][schon beim Europawahlkampf des
AfD-Abgeordneten Maximilian Krah], der selbst als eine Art Influencer
auftrat und sich mit direkten Ansprachen zu emotionalen, lebensnahen Themen
an seine Follower*innen wandte.
## In Sachsen eher blass
In Thüringen wurde im digitalen Wahlkampf stark auf den Spitzenkandidaten
Björn Höcke fokussiert, ohne dabei jedoch nennenswerte Reichweiten zu
erzielen. In Sachsen, wo die AfD mit der rechten Gruppierung „Freie
Sachsen“ um Aufmerksamkeit konkurrieren musste, blieb der digitale
Wahlkampf im Vergleich eher blass.
Vor allem auf TikTok, das besonders junge Nutzer*innen anzieht, gelang
es der AfD nur vereinzelt, nennenswerte Reichweiten zu erzielen. Die
Inhalte der Partei waren oft schlecht an die Dynamiken der Plattform
angepasst. Das zeigte sich etwa am Account der Thüringer AfD-Politikerin
Barbara Geithner, der im Wahlkampf für viel Wirbel gesorgt hat – allerdings
eher bei Älteren gut ankam. Während die AfD also technisch durchaus präsent
ist, fehlten die guten Ideen.
Die digitale Wirkung der AfD habe etwas anderes verstärkt, so ein Ergebnis.
Nämlich, dass Medien über AfD-Provokationen berichten. Die Partei sei sich
bewusst, dass ihre radikalen Aussagen häufig durch Berichte eine
zusätzliche Reichweite erfahren.
Beispiele sind etwa der Einsatz rassistischer Lieder auf AfD-Partys, der
nicht nur das Publikum vor Ort ansprechen, sondern vor allem
Berichterstattung provozieren sollte. Oder nach dem Anschlag in Solingen
die Forderung, die Bewegungsfreiheit von Geflüchteten einzuschränken.
## Mediale Verstärkung
Solche Aussagen sind darauf ausgelegt, dass sie von
Medienvertreter*innen aufgegriffen und unfreiwillig verstärkt
werden. Durch den kalkulierten Einsatz medialer Verstärkung wirkt die AfD
stärker, als ihre eigentliche Social-Media-Performance ist.
Das ist hochproblematisch. Denn während die Inhalte der AfD in vielen
Fällen nach „innen“ wirken, also AfDler und weitere rechtsextreme Kanäle
die Inhalte teilen, wirkt die mediale Resonanz nach außen, in die
Zivilgesellschaft. Die reale Gefahr der rechten Social-Media-Strategien
zeigt sich beispielsweise, wenn sich zunehmend engagierte Menschen aus der
Öffentlichkeit zurückziehen, weil sie Hass und Angriffen ausgesetzt sind.
So etwa der sächsische CDU-Politiker Marco Wanderwitz, der sich aufgrund
rechtsextremer Drohungen gezwungen sah, seine politische Arbeit
niederzulegen.
Vor diesem Hintergrund sind sich die OBS-Autoren einig: Die Präsenz der AfD
auf Social Media ist eine Gefahr für die Demokratie, doch ihre mediale
Überhöhung verstärkt ihre Präsenz unnötig. Ein wichtiger Appell geht
deshalb an Journalist*innen: Die Fehler in der Berichterstattung über die
AfD dürfen nicht wiederholt werden.
Eher müssen die Mechanismen erkannt und sensibel hinterfragt werden. Dieser
Verantwortung müssen sich Journalist*innen bewusst sein. Nur so kann
wirklich glaubwürdig nach Gründen gesucht werden, warum junge Menschen nun
rechts wählen und was und [3][wie viel das alles mit TikTok zu tun hat.]
19 Nov 2024
## LINKS
[1] https://www.otto-brenner-stiftung.de/social-media-partei-afd/
[2] /Die-Wahrheit/!6011360
[3] /Die-AfD-auf-Tiktok/!6035899
## AUTOREN
Ann-Kathrin Leclere
## TAGS
TikTok
Schwerpunkt AfD
Social Media
Social-Auswahl
Kolumne Flimmern und Rauschen
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt AfD
Desinformation
Schwerpunkt AfD
TikTok
## ARTIKEL ZUM THEMA
Linke Wochenzeitung verliert gegen AfD: Wer schützt hier eigentlich wen?
Ein fragwürdiges Urteil gegen die Zeitung „Kontext“ gefährdet
investigativen Journalismus – und schüttelt an den Grundpfeilern der
Pressefreiheit.
Kommunikationswissenschaftler: „Fake News muss man schon glauben wollen“
Welchen Einfluss haben Social Media und KI auf den Wahlkampf?
Kommunikationswissenschaftler Jörg Haßler über den medialen
Nachrichtenkreislauf.
Umgang mit der AfD: Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Über die Frage, ob wir AfD-Wähler:innen in der taz mehr zitieren sollten,
diskutiert die Redaktion seit Wochen heftig. Ein Pro & Contra.
Strategien gegen Fake-News: Das Dilemma der freien Rede
Fake News und Hetze machen unser Zusammenleben kaputt. Wie können
demokratische Gesellschaften dagegen vorgehen – ohne sich selbst in Verruf
zu bringen?
Medienforscher zu Nazis auf Social Media: „Faschismus ist heute Lifestyle“
Simon Strick erklärt, warum Rechte im Netz längst kultureller Mainstream
sind – und chronische Opposition auf Social Media immer gewinnt.
Die AfD auf Tiktok: Eine Plattform für Populisten?
Die AfD ist auf TikTok besonders erfolgreich. Aber es gibt auch
Contentcreator:innen, die dagegen kämpfen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.