# taz.de -- Linke Wochenzeitung verliert gegen AfD: Wer schützt hier eigentlic… | |
> Ein fragwürdiges Urteil gegen die Zeitung „Kontext“ gefährdet | |
> investigativen Journalismus – und schüttelt an den Grundpfeilern der | |
> Pressefreiheit. | |
Bild: Das Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt ist ein Skandal | |
Da sage noch eineR, Deutschlands [1][Regionalzeitungen] würden sich wegen | |
der hier und da nicht mehr ganz so rosigen finanziellen Lage lieber in | |
verhuschter Verzagtheit üben, als klare Kante zu zeigen. „In einem | |
jahrelangen Rechtsstreit mit einem ehemaligen Mitarbeiter zweier | |
[2][AfD]-Landtagsabgeordneter hat die Kontext-Wochenzeitung kürzlich vor | |
Gericht eine Niederlage hinnehmen müssen. | |
Das Urteil ist nicht nur bemerkenswert, es ist ein Skandal. Es sägt an den | |
Grundfesten journalistischen Arbeitens. Bleibt es bestehen, verlieren wir | |
alle“, schrieb letzte Woche nicht etwa Heribert Prantl in der Süddeutschen | |
Zeitung (was er ruhig mal machen könnte). Sondern Alexander Roth, Redakteur | |
beim Zeitungsverlag Waiblingen im schönen Rems-Murr-Kreis in der Nähe von | |
Stuttgart. | |
Dort wiederum erscheint Kontext (samstags als Beilage in der taz), das | |
Wochenblatt mit Arsch in der Hose. Der ihnen selbst jetzt nicht auf | |
Grundeis geht. | |
Worum geht es? In Rechtsstreit mit Kontext hat der ehemalige | |
AfD-Abgeordneten-Mitarbeiter vor dem Oberlandesgericht Frankfurt gegen die | |
Zeitung gewonnen. Sie hatte über Facebook-Chats mit rassistischen und | |
[3][menschenverachtenden] Inhalten berichtet, die von dem AfD-Mitarbeiter | |
stammen sollen, und dessen Klarnamen genannt. | |
Der ging dagegen juristisch über mehrere Instanzen vor, und das Gericht | |
stellte in seinem am 27. März verkündeten Urteil nun fest, die Echtheit der | |
Facebook-Posts sei nicht zweifelsfrei erwiesen, diese hätten manipuliert | |
sein können. Da sie Kontext von eineR Hacker*in illegal per USB-Stick | |
zugespielt worden seien, hätte die Redaktion sehr hohe Ansprüche an die | |
Überprüfung der Zuverlässigkeit dieser Quelle stellen müssen. Ob sie das | |
getan habe, sei nicht feststellbar, da die Redaktion ihre Quelle nicht | |
nenne. | |
## Streitwert 460.000 Euro | |
Ja Sapperlot! Quellenschutz nennt sich das und ist das „A“ und „O“ jedes | |
verantwortlichen Journalismus'! „Warum muss denn der Kläger nicht beweisen, | |
dass die Posts manipuliert waren“, fragt die Mitbewohnerin. Das Gericht | |
dreht Kontext jetzt nicht nur einen Strick draus, sondern hat auch gleich | |
den Streitwert des Ganzen nochmal auf 460.000 Euro hochgesetzt, was für die | |
Kolleg*innen in Stuttgart heftig ist. | |
Schließlich berechnen sich daraus auch die von der Zeitung mehrheitlich zu | |
übernehmenden Prozesskosten, dazu kommt noch Schadensersatz. Wobei der | |
nicht ganz so hoch ausfiel wie vom Kläger erhofft: „Bei der Höhe der | |
Geldentschädigung mindernd zu berücksichtigen“ sei, dass mit Blick auf die | |
Facebook- Äußerungen „umgekehrt nicht feststeht, dass diese nicht von dem | |
Kläger stammen“. Ach, also wie jetzt? | |
Das Urteil ist zum Haareraufen. Quellen nennen ist nicht, was nicht nur die | |
nächsten Panama Papers, sondern investigative Recherchen insgesamt und | |
nicht nur bei Datenklau ein bisschen erschweren dürfte. Und was ist | |
eigentlich mit der Beweislastumkehr? | |
Revision ließen die Frankfurter Richter auch nicht zu, es fehle dem Ganzen | |
die „grundsätzliche Bedeutung“. Das ist genauso absurd wie Tatsache, dass | |
damit eine sieben Jahre alte Prophezeiung der SZ in Erfüllung gehen dürfte. | |
Damals schrieb das Blatt anlässlich des erstes Verhandlungstags Anfang | |
August 2018, das Verfahren könnte sich hinziehen: „Beim Bundesgerichtshof | |
wäre man mit dem Streit dann etwa im Jahr 2025 angekommen.“ Spätestens dann | |
berichten bitte wieder alle! | |
18 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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