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# taz.de -- Maßnahmen gegen Messergewalt: Sprangers schärfstes Schwert
> Mit Verbotszonen in Kreuzberg und Führerscheinentzug will die
> Innensenatorin gegen Messergewalt vorgehen. Grüne, Linke und
> Polizei-Lobby sind skeptisch.
Bild: Sicher nicht zum Brotschneiden da, aber auch nicht unbedingt verboten: ve…
Berlin taz | Es kommt selten vor, dass Grüne und Linke ins selbe Horn
stoßen wie die Polizeigewerkschaft GdP – aber beim [1][Thema
Messerverbotszonen] ist man sich einig: Die seien „unglaublich
personalintensiv“, meint etwa GdP-Landeschef Stephan Weh, deshalb sei man
„skeptisch“. Als „ineffektiv“ bezeichnet sie Grünen-Innenexperte Vasili
Franco, der ohnehin „kein Freund“ der Verbotszonen sei.
Doch die SPD-geführte Innenverwaltung ist fest entschlossen, „zeitnah“ –
womöglich noch in diesem Jahr – solche Zonen einzuführen. Man habe „gute
Erfahrungen“ mit temporären Verboten gemacht, etwa während der Fußball-EM
oder [2][an Berliner Bahnhöfen], sagte Staatssekretär Christian Hochgrebe
am Montag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.
Nun sollen mindestens zwei dauerhafte Verbotszonen eingerichtet werden –
beide in Kreuzberg: eine [3][im und um den Görlitzer Park], die andere rund
ums Kottbusser Tor. Beide Gegenden sind als sogenannte
„kriminalitätsbelastete Orte“ eingestuft, an denen die Polizei Sonderrechte
besitzt. Dort dürften dann künftig ganztägig keine Messer getragen werden –
über bereits bestehende Besitz- oder Mitführverbote bestimmter Klingen
hinaus. Zudem will die Innenverwaltung eine Verbotszone am Leopoldplatz im
Wedding prüfen.
Damit macht die Verwaltung von einer bundesweiten Verschärfung des
Waffenrechts Gebrauch, die Ende Oktober in Kraft getreten ist. Unter
anderem wurde den Ländern erleichtert, Messerverbotszonen zu erlassen.
Darüber hinaus gilt seitdem bundesweit ein absolutes Messerverbot in Bus
und Bahn sowie auf Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen
und Märkten.
## Saftige Bußgelder
Polizeipräsidentin Barbara Slowik zeigte sich am Montag erfreut über die
geplanten Verbotszonen. Diese hätten klare Vorteile. Anders als bislang
dürfe die Polizei dann Messer sofort entziehen, und es werde ein Bußgeld
fällig – von bis zu 10.000 Euro. „Es wird also doppelt spürbar. Ich
verspreche mir durchaus eine Veränderung bei vielen“, so Slowik.
Neben den Vorschlägen für Verbotszonen hatte eine von Innensenatorin Iris
Spranger eingesetzte Expertenkommission bereits am Donnerstag weitere Ideen
zur [4][Bekämpfung von Messerkriminalität] vorgelegt. Demnach wird im
Januar eine „Koordinierungsstelle Messer“ beim Landeskriminalamt die Arbeit
aufnehmen. Sie soll Straftaten mit Messern erfassen und gebündelt
analysieren.
Außerdem soll in Polizeidatenbanken ein neuer „Personenhinweis Messer“
eingeführt werden, der kennzeichnet, ob eine Person schon durch Straftaten
mit einem Messer aufgefallen ist. Es gibt bereits die Hinweise „bewaffnet“
und „gewalttätig“. Hochgrebe sprach davon, dass so der raumbezogene Ansatz
der Verbotszonen um einen personenbezogenen Ansatz ergänzt werde.
## Führerscheinentzug für verurteilte Straftäter
Personenbezogen ist auch ein weiterer Vorschlag: Verurteilten
Messerstraftätern soll der Führerschein wegen „charakterlicher
Nichteignung“ bis zu fünf Jahren entzogen werden. „Dies würde ein
deutliches Signal an potenzielle Täter senden, dass der Rechtsstaat
entschieden gegen Messerangriffe vorgeht“, hofft Spranger. Hochgrebe glaubt
an eine „besonders wirksame Maßnahme“.
Aus der Opposition kommen allerdings Zweifel, ob sie überhaupt rechtmäßig
ist: Der Grünen-Innenpolitiker Franco etwa sprach von einer
„zurückhaltenden Rechtsprechung“, was den Entzug der Fahrerlaubnis bei
Straftaten ohne Bezug zum Straßenverkehr betrifft. „Es bringt nichts, so
eine Maßnahme einzuführen, und nach ein paar Monaten kippt das
Verwaltungsgericht sie wieder“, so Franco.
Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Niklas Schrader, merkte an,
dass viele Taten mit Messern [5][von psychisch Erkrankten oder Suchtkranken
begangen] werden: „Es gibt Verbesserungsbedarf beim Umgang mit Personen in
einem psychischen Ausnahmezustand“, so Schrader.
18 Nov 2024
## LINKS
[1] /Zunahme-von-Messerangriffen/!6026725
[2] /Waffenkontrollen-durch-Bundespolizei/!5947734
[3] /Kriminalitaet-am-Goerlitzer-Park/!6042703
[4] /Kriminologe-ueber-Messerkriminalitaet/!6033293
[5] /Anstieg-toedlicher-Schuesse-durch-Polizei/!6042771
## AUTOREN
Hanno Fleckenstein
## TAGS
Schwarz-rote Koalition in Berlin
Innensenatorin Iris Spranger
Kriminalität
Messerangriff
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