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# taz.de -- Martin Assig in der St.-Matthäus-Kirche: Zwischen hier und dort
> Bilder stellen Fragen in der Ausstellung „Gottweißwo“ von Martin Assig in
> der St.-Matthäus-Kirche. Sie ist eine farbenfrohe Ermutigung zur
> Zuversicht.
Bild: Ausschnitt aus der Serie „St. Paul“ von Martin Assig
„Warum essen, warum trinken“: Mit schwarzen Großbuchstaben steht das in
einer roten Fläche auf einem Bild, das neben dem Altar in der
[1][St.-Matthäus-Kirche am Berliner Kulturforum] hängt. Einfach zu
beantworten, denkt man, weil man leben will. Vielleicht auch, weil es
schmeckt, eilt ein alltäglicher Gedanke hinterher. Aber das Einfache hat es
in sich. Es könnte doch auch die Frage eines Verzweifelten oder die eines
Kranken sein, der nicht mehr leben will.
In der Nähe zum Altar aber geschieht noch etwas anderes mit diesem Bild von
Martin Assig. Denn das ist der Ort des Abendmahls, bei dem Brot und Wein
symbolische Bedeutung erlangen, um eine Verbindung in der Gemeinschaft der
Gläubigen und zwischen ihnen und Jesus herzustellen. Und so erhält eines
der Sakramente der Kirche unvorhergesehen ein neues Logo, das ein wenig
auch mit kindlichem Schalk auffordert, über seinen Sinn nachzudenken.
## Der Ort Kirche als Verstärker
Ein Kirchenraum verändert die Kunst, die in ihr ausgestellt ist. In [2][St.
Matthäus am Kulturforum,] die von der Kunst- und Kulturstiftung der
Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz regelmäßig
für Ausstellungen genutzt wird, ist das oft zu erfahren. Die Kirche als Ort
kann zum Verstärker werden für die appellativen Merkmale der Kunst. Bei den
Bildern von Martin Assig, die oft Schrift, Zeichnung und farbige Flächen in
einem spannungsvollen Verhältnis nutzen, funktioniert das besonders gut.
Auf der Empore sind über 230 kleinteilige Arbeiten aus der Serie „St. Paul“
zu sehen, an der er seit mehr als zehn Jahren arbeitet. „ist man dort
glücklich?“, „ist es dort ewig?“, „wie ist das Essen?“ und „ist es…
dunkel?“ steht zwischen Köpfen, die liegend und im Profil zu sehen sind.
Das „dort“ und die Fragen danach sind eine wiederkehrende Position in dem
Zyklus, das „hier“ eine andere. „weil ich hier bin“, die vier Wörter b…
einzelne Inseln in einem Strom rot-schwarzer Farbstrudel, in denen auch
eine Spinne, ein Totenschädel und erhobene Hände treiben.
Die Bilder des Zyklus erinnern an Votivtafeln, die teils nach einem
überstandenen Unglück die Rückkehr ins Leben feiern, oft aber noch mitten
aus dem Schmerz zu kommen scheinen, der Ungewissheit, ob es überhaupt
weitergehen wird. Martin Assig erzählt bei einem Gespräch in der Kirche mit
Pfarrer Hannes Langbein, dem Kunstbeauftragten und Kurator in St. Matthäus,
dass ihm viele Menschen, die „St. Paul“ in Ausstellungen gesehen haben, von
sich und ihrem überstandenen Leiden erzählen wollen.
## Kartografien aus dem Körperinneren
In der Reihe steht Dichtes neben Luftigem, Helles neben Dunklem. Elemente
wiederholen sich, wie Köpfe und Körper, Geflechte, die an Wege oder auch
Blutbahnen erinnern, innere und äußere Kartografien. In den Wiederholungen,
aber auch im Leuchten der Farben zwischen den Abstürzen ins Dunkle liegt
etwas von Beharrlichkeit, einer Lust an der visuellen Schönheit, einem
Festhalten an den Möglichkeiten, das Spiel doch noch einmal neu zu
gestalten.
Es geschieht nicht oft, dass die Betrachtung von Bildern einen so sehr mit
ihrer Zuversicht berührt, ihrem Mut, trotz der dunklen Erfahrungen
weiterzumachen.
18 Nov 2024
## LINKS
[1] /Holy-Fluxus-Ausstellung-in-Berlin/!6027360
[2] /Holy-Fluxus-Ausstellung-in-Berlin/!6027360
## AUTOREN
Katrin Bettina Müller
## TAGS
Berlin Ausstellung
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