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# taz.de -- Schuldenbremsen-Dogma bröckelt: Auch Merz braucht Geld
> Der Oppositionsführer rückt schon mal von der Schuldenbremse ab. Es
> könnte aber sein, dass im nächsten Bundestag die Mehrheit dafür fehlt.
Bild: Friedrich Merz im Wahlkampf
Friedrich Merz sitzt gedanklich schon im Kanzleramt. Das zeigt seine
Äußerung zur Schuldenbremse. Der Oppositionschef Merz hat sie noch in jeder
Form verteidigt, der mögliche Kanzler übt sich in gedanklichen Lockerungen.
Selbstverständlich könne man darüber reden, die Schuldenbremse zu
verändern, sagt er jetzt. Vor einem Jahr stauchte er noch den Berliner
CDU-Bürgermeister zusammen, als der eine Reform vorschlug. Merz' Kehrtwende
kommt spät, vielleicht zu spät.
Die seit 2009 im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse hat sich in ihrer
jetzigen Form überlebt, [1][verhindert sie doch öffentliche Investitionen
für die Modernisierung des Landes]. China pumpt gerade über 700 Milliarden
Euro in die heimische Wirtschaft, die USA hatten mit dem Inflation
Reduction Act ein Investitionsprogramm in ähnlicher Höhe aufgelegt.
Und Deutschland? Nach Artikel 109 des Grundgesetzes dürfen Bund und Länder
für ihre Aufgaben keine neuen Schulden aufnehmen, Ausnahmen gelten nur in
außergewöhnlichen Notsituationen. Deutschland verhält sich wie eine
Hauseigentümerin, die für die Sanierung des löchrigen Daches keinen Kredit
aufnimmt, sondern jeden Monat was zur Seite legt, bis sie es sich leisten
kann. [2][Blöd nur, wenn es dann schon reinregnet und die Wände durchweicht
sind].
Dem Bund ist derzeit lediglich ein winziger Spielraum von 0,35 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts an zusätzlichen Krediten gestattet. Es gehört zur
Ironie der Geschichte, dass der damalige Parlamentarische Geschäftsführer
der SPD-Fraktion, ein gewisser Olaf Scholz, der die Grundgesetzänderung mit
vorbereitete, als Regierungschef unter anderem an dieser scheiterte.
## Zweidrittelmehrheit bedroht
Das Kalkül von Friedrich Merz, die Ampel in dieser selbstgeschaffenen
Zwangslage zappeln und sich zerlegen zu lassen, ist also aufgegangen. Doch
der Mann kann rechnen: Auch seine Regierung in spe bräuchte Geld, um die
nötigen Investitionen für Digitalisierung, Dekarbonisierung und die
Bewältigung des demografischen Wandels zu stemmen. Der nicht als linke
Denkfabrik geltende Bundesverband der Deutschen Industrie schätzt 400
Milliarden Euro über die nächsten zehn Jahre.
Die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Änderung des Grundgesetzes käme
mit den Stimmen von SPD, Grünen, Union und Linken derzeit gerade so
zusammen. Falls jedoch die AfD und das BSW nach der Wahl zusammen mehr als
ein Drittel der Sitze haben, könnten sie die Verfassungsänderung
blockieren. Das wäre nicht nur doof für ein Kabinett Merz, sondern auch
fürs Land. Merz sollte sich deshalb jetzt einen Ruck geben.
14 Nov 2024
## LINKS
[1] /Jahresgutachten-der-Wirtschaftsweisen/!6045771
[2] https://www.lokalmatador.de/thema/die-sieben-wichtigsten-tipps-fuer-die-dac…
## AUTOREN
Anna Lehmann
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