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# taz.de -- Neuer Landtag in Brandenburg: Und keiner hat „Pfui“ gesagt
> In Brandenburg trat der neue Landtag zusammen – erstmals ohne die
> Linkspartei und unter der Leitung eines BSW-Abgeordneten.
Bild: Alterspräsident Reinhard Simon (BSW) gratuliert Ulrike Liedtke (SPD) zu …
Potsdam taz | In Brandenburg hat sich am Donnerstag zum ersten Mal in
Ostdeutschland ein neuer Landtag ohne die SED-Nachfolgeparteien PDS und
Linkspartei gebildet. Die Linke kam bei der brandenburgischen Landtagswahl
am 22. September nur auf 2,98 Prozent und scheiterte damit klar an der
Fünfprozenthürde. Unter der war die Partei zwar zuvor auch bei der Wahl in
Sachsen geblieben. Wegen zweier gewonnener Wahlkreise galt die Hürde dort
aber nicht.
Ebenfalls raus sind die Grünen, die seit 2019 Teil der Kenia-Koalition mit
SPD und CDU waren, und die Freien Wähler. Neu im Parlament ist das Bündnis
Sahra Wagenknecht (BSW), das aktuell mit der SPD in Gesprächen über eine
Koalition ist.
Bei der Landtagswahl im September waren die brandenburgischen
Sozialdemokraten erneut und [1][wie durchweg seit 1990 stärkste Kraft]
geworden, knapp vor der AfD. Dazu hatten sie alles auf ihren
Landesvorsitzenden gesetzt, den seit 2013 amtierenden Ministerpräsidenten
Dietmar Woidke. „Wer Woidke will, wählt SPD“, hatten sie plakatiert und es
damit geschafft, der Unbeliebtheit ihrer Bundespartei entgegenzuwirken.
Woidke hatte angekündigt, sich zurückzuziehen, falls die AfD die Wahl
gewinnen würde.
Für die Regierungsbildung kommt bislang nur ein Bündnis der SPD mit dem BSW
in Frage, [2][das mit 46 von 88 Stimmen eine knappe Mehrheit im
brandenburgischen Landtag hätte.] Mit der CDU käme die SPD nur auf 44 Sitze
und damit einen zu wenig. Die AfD hat mit 30 Sitzen eine Sperrminorität und
kann damit etwa Verfassungsänderungen verhindern, für die eine
Zweidrittelmehrheit nötig ist.
Vor diesem Hintergrund und nach den tumultigen Szenen bei der Eröffnung des
Thüringer Landtags war durchaus mit Spannung erwartet worden, wie der
BSW-Abgeordnete Reinhard Simon als 73-jähriger Alterspräsident die erste
Sitzung des neuen Parlaments handhaben würde. Er hatte [3][zu Wochenbeginn
in einem Interview angedeutet], das BSW werde „dort, wo die AfD sinnvolle
Dinge beantragt“, nicht pauschal ablehnen, sondern unter Umständen auch
zustimmen.
Am Donnerstagvormittag aber erwähnte Simon, bis 2019 rund drei Jahrzehnte
Intendant der uckermärkischen Landesbühnen Schwedt und mit dem
Verdienstorden des Landes Brandenburg ausgezeichnet, die AfD in seiner
Eröffnungsrede mit keinem Wort. Generell sagt er, „Pfui-Bekundungen“ würd…
für ihn nicht zum Umgang mit gegensätzlichen Meinungen gehören.
## Keine Tumulte wie in Erfurt
Simon forderte, die ostdeutschen Bundesländer „nicht wie Beitrittsgebiet“
zu behandeln. Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine
appellierte er an die brandenburgischen Gemeinden, Städtepartnerschaften
und Kulturaustausch mit Russland wieder aufzunehmen.
Für die angestrebte Zusammenarbeit zwischen SPD und Simons Partei hatte es
tags zuvor ein weiteres Treffen gegeben. BSW-Landes- und Fraktionschef
Robert Crumbach zeigte sich danach „grundsätzlich zuversichtlich“.
Insgesamt seien die Gespräche gut verlaufen, „auch wenn es manchmal
schwierig ist“, äußerte sich Crumbach, der über 40 Jahre SPD-Mitglied war.
Die SPD hält sich bislang mit Einschätzungen zurück, weil man
Stillschweigen vereinbart habe.
Unterschwellig allerdings hofft die SPD darauf, dass, falls die Gespräche
auf Druck von Parteigründerin Sahra Wagenknecht scheitern sollten,
mindestens ein BSW-Abgeordneter zur SPD übertritt. Das würde dann ein
rot-schwarzes Bündnis mit der CDU ermöglichen.
Im Plenarsaal des Parlaments blieben am Donnerstag jene tumultartigen
Szenen aus, die vor drei Wochen den Thüringer Landtag in Erfurt prägten,
der erst durch Anrufung des Verfassungsgerichts arbeitsfähig wurde. Dort
stellt die AfD anders als in Brandenburg den Alterspräsidenten und
beanspruchte zudem erfolglos als stärkste Fraktion den Posten des
Parlamentspräsidenten.
In Potsdam hingegen erhielt die alte und neue Parlamentspräsidentin Ulrike
Liedke von der SPD in geheimer Wahl auch mindestens 12 Stimmen von der AfD.
Im zweiten Wahlgang wurde ein AfD-Abgeordneter als einer ihrer drei
Stellvertreter gewählt. Einen Vizepräsidenten stellte die AfD allerdings
auch schon in der vergangenen Wahlperiode.
17 Oct 2024
## LINKS
[1] https://www.wahlrecht.de/ergebnisse/brandenburg.htm
[2] https://wahlergebnisse.brandenburg.de/12/500/20240922/landtagswahl_land/erg…
[3] https://www.maz-online.de/brandenburg/alterspraesident-des-brandenburger-la…
## AUTOREN
Stefan Alberti
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