# taz.de -- Linke wählen neue Spitze: Letzter Parteitag vor dem Nirwana? | |
> Die Wahl des neuen linken Spitzenpersonals gilt vor dem Parteitag | |
> zumindest als unumstritten. Das war es aber schon mit der Harmonie. | |
Bild: Sind noch zuversichtlich: die voraussichtlichen neuen Linken-Parteivorsit… | |
BERLIN taz | Wird das noch was? Diese Frage dürften sich viele der über 500 | |
Delegierten stellen, die sich an diesem Wochenende zum Bundesparteitag der | |
Linken in Halle an der Saale versammeln. Mit einer neuen Führung soll der | |
weitere Absturz der chronisch zerstrittenen Partei ins | |
außerparlamentarische Nirwana gestoppt werden. | |
[1][Ines Schwerdtner und Jan van Aken], die voraussichtliche neue | |
Doppelspitze, geben sich unverdrossen zuversichtlich. „In der ganzen Breite | |
der Partei scheinen inzwischen alle den Schuss gehört zu haben und bereit | |
zur Zusammenarbeit zu sein“, so Schwerdtner im taz-Interview. Das könnte | |
sich allerdings als bloßer Zweckoptimismus erweisen. | |
Immerhin: Die Wahl der 35-jährigen Berlinerin Schwerdtner und des | |
63-jährigen Hamburgers van Aken gilt als unumstritten. Zwar haben ein | |
Handwerksmeister aus Thüringen und ein Heilpraktiker aus Hessen ebenfalls | |
ihre Ambitionen auf den Bundesvorsitz angemeldet. Aber ihnen werden nicht | |
einmal Außenseiterchancen zugebilligt. | |
Auch bei den vier Stellvertreter:innen dürfte nur interessant sein, | |
mit welchen Wahlergebnissen der wieder kandidierende Bundestagsabgeordnete | |
Ates Gürpinar, die sächsische Landtagsabgeordnete Luise Neuhaus-Wartenberg | |
sowie Sabine Ritter und Maximilian Schirmer, Landesvorsitzende in Hamburg | |
und Berlin, gewählt werden. Bislang sogar ohne Gegenkandidat:innen | |
sind die beiden Berliner Janis Ehling, der als Bundesgeschäftsführer | |
kandidiert, und Sebastian Koch, der als Schatzmeister antritt. | |
Gerangel gibt es hingegen um die verbleibenden 18 Plätze im Bundesvorstand, | |
für die sich nach derzeitigem Stand 37 Kandidat:innen bewerben. Hier | |
wird sich zeigen, wie viel von der postulierten Bereitschaft zu einem | |
gemeinsamen Neuanfang zu halten ist. Reicht sie bis hin zur friedlichen | |
Koexistenz beispielsweise des Bremer Landessprechers Christoph Spehr, eines | |
Befürworters militärischer Unterstützung der Ukraine, und der bayerischen | |
Gewerkschafterin Ulrike Eifler, einer entschiedenen Gegnerin von | |
Waffenlieferungen? Oder scheitern die Delegierten an der Aufgabe, die | |
gesamte Spannbreite der Partei in ihrer neuen Führung widerzuspiegeln? | |
## Wie geht die Partei mit dem Nahostkonflikt um? | |
Die Haltung zum russischen Überfall auf die Ukraine ist nicht der einzige | |
Konfliktpunkt, der der Partei schwer zu schaffen macht. Es gibt viele | |
Sprengsätze, die auf dem Parteitag zünden könnten. Zuvorderst gilt das für | |
den äußerst emotional geführten Streit über einen angemessenen Umgang mit | |
dem Nahostkonflikt, der bereits [2][auf dem Berliner Landesparteitag am | |
vergangenen Wochenende zu einem Eklat geführt hat]. | |
Nachdem mit äußerst knappen Mehrheiten aus einem Antrag die Formulierung, | |
der Terror der Hamas und der Hisbollah sei von einem „eliminatorischen | |
Antisemitismus“ angetrieben, ebenso herausgestrichen wurde wie alle | |
Hinweise auf einen linken Antisemitismus, verließen rund 40 Delegierte den | |
Parteitag, darunter Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau [3][und der frühere | |
Berliner Kultursenator Klaus Lederer]. | |
In der Folge erklärte am Dienstag der langjährige Berliner | |
Fraktionsvorsitzende Udo Wolf seinen Parteiaustritt. Für ihn sei „eine | |
persönliche Schmerzgrenze überschritten“, schreibt er in seiner | |
Abschiedserklärung. „Der Kampf gegen JEDEN Antisemitismus ist für meine | |
Vorstellung von linker Politik konstitutiv“, so Wolf weiter. | |
Sowohl die alte wie auch die designierte neue Parteiführung versuchen | |
derzeit intensiv, hinter den Kulissen die Wogen zu glätten. „Wir sind jetzt | |
mit allen Seiten im Gespräch und werden auf dem Bundesparteitag einen | |
Antrag vorlegen, der sicherlich von fast allen in der Partei unterstützt | |
werden kann“, sagte van Aken dem [4][Spiegel]. Das wird auch nötig sein. | |
Denn klar ist: Kommt es in Halle zu einem Knall wie in Berlin, dann dürften | |
auch die letzten Hoffnungen verflogen sein, dass die Linkspartei ihren | |
Abwärtstrend in die Bedeutungslosigkeit noch aufhalten kann. | |
Sie wünsche sich eine Debatte auf dem Parteitag, die „geprägt ist von | |
Empathie“ gegenüber Israelis wie Palästinenser:innen, die unter dem | |
Terror und dem Krieg leiden, sagte die scheidende Vorsitzende Janine | |
Wissler auf ihrer gemeinsamen Abschiedspressekonferenz mit Noch-Co-Chef | |
Martin Schirdewan am vergangenen Montag. Sie werbe „für Respekt für die | |
Menschen, die in schwierigster Situation versuchen, die Fahne der Humanität | |
hochzuhalten, die gemeinsam sich für Frieden einsetzen“. | |
18 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Die-Linke-vor-ihrem-Bundesparteitag/!6039503 | |
[2] /Linkspartei-streitet-ueber-Antisemitismus/!6039646 | |
[3] /Klaus-Lederer-uebers-Aelterwerden/!6002696 | |
[4] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/linken-vorsitzende-ueber-fokus-a… | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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