| # taz.de -- Demografie: Es wird Zeit, reichen Rentner-Boomern ins Gewissen zu r… | |
| > Wohlhabende Boomer, die in Rente gehen, sollten länger arbeiten. Denn es | |
| > muss eine solidarische Bewegung der reichen Alten mit den armen Alten | |
| > entstehen. | |
| Bild: Sollten Boomer länger weiterarbeiten als vorgeschrieben? | |
| Rentenpaket, Krankenhausreform, Kollaps der Pflegeversicherung, Demografie | |
| – gerade [1][kochen diese Themen wieder hoch.] Je mehr von den in den | |
| Boomerjahren von 1951 bis 1969 Geborenen in Rente gehen, desto näher die | |
| Generationenrevolte. Denn einen Großteil der Kosten– für die Alten sollen | |
| die jüngeren Generationen der Arbeitnehmenden schultern durch die | |
| umlagefinanzierten Sicherungssysteme. Ist Fakt. Und an sich ja nicht | |
| falsch: Jüngere zahlen für die Alten, wie früher die Alten für die Jungen. | |
| Nur gibt es immer weniger Jüngere und immer mehr Alte. | |
| Die steuerfinanzierten Rentenzuschüsse, die die Staatskasse deshalb leisten | |
| muss, steigen immer weiter. [2][2024 sind es 127,3 Milliarden Euro], das | |
| ist über ein Viertel des [3][Bundeshaushaltes]. Und auch die | |
| Krankenkassenbeiträge werden weiter steigen, die Pflegeversicherung wird | |
| unbezahlbar. | |
| Hinzu kommt, dass es, sobald die Boomer aufs Altenteil gehen, Leerstellen | |
| geben wird im wirtschaftlichen, dienstleistungsbezogenen, bildenden, | |
| produzierenden Gefüge, die nicht so einfach zu schließen sind, weil | |
| schlicht die Leute fehlen. | |
| Orchestriert wird die Lösung dieses Problems einerseits damit, dass junge | |
| Gutqualifizierte aus anderen Ländern angeworben werden sollen und | |
| andererseits mit brachialem Ausländerfeindlichkeitssprech. Das passt nicht | |
| zusammen. | |
| CDU, CSU und FDP spielen, anders als die rechten Parteien, die | |
| ausschließlich den Ausländerhass schüren, die oben erwähnten, sich | |
| widersprechenden Karten gleichzeitig aus. Sie sagen, die Migrant*innen | |
| seien an allem schuld und im selben Atemzug, wir brauchen Migrant*innen, | |
| damit die Wirtschaftsmaschine brummt und die Alten versorgt werden. Was | |
| jetzt? | |
| Wenn es um die zukünftige Finanzierung der Renten, der Arzt- und | |
| Pflegekosten geht, doktert die Politik ebenfalls nur herum. Mit | |
| Beitragserhöhungen bei den Jungen und Rentenkürzungen bei den Alten. Die | |
| FDP denkt, die [4][Mütterrente kann weg], mit der einst auf das | |
| Armutsrisiko bei Frauen reagiert wurde. Selbstverliebte Neoliberale glauben | |
| zudem, dass der Aktienmarkt, diese [5][eierlegende Wollmilchsau], das | |
| Rentenproblem lösen wird. Bisschen Geld anlegen und zack, schon gibt es | |
| Rendite, die in die Kasse der Rentenversicherung fließen kann – in hundert | |
| Jahren vielleicht. | |
| Das Aufgeführte soll skizzieren, wie eingefahren in der Politik gedacht | |
| wird. Keine neuen Ideen in Sicht. Die Armen sollen ärmer werden, die | |
| Reichen reicher. Friedrich Merz nannte die Reichen kürzlich die | |
| [6][„Leistungsträger“] in der Gesellschaft, denen nicht an den Geldbeutel | |
| gegangen werden soll. So verhöhnt er alle anderen, die für weniger schuften | |
| und auch in Rente weiterarbeiten, weil diese nicht reicht. | |
| Merz scheint der Letzte, dessen Blick auf die fällt, die sich im | |
| Windschatten der Umverteilungsdebatte verstecken: Die nämlich, die von | |
| Rente und ihren sonstigen Einnahmen im Alter hervorragend leben können. | |
| Es kann nicht darum gehen, eine Neiddebatte auszulösen, vielmehr muss bei | |
| den Boomern, die zukünftig sehr gut von der Rente leben können, die | |
| Einsicht reifen, dass sie länger als vorgeschrieben weiterarbeiten – zu | |
| ganz normalen Konditionen, ohne gleichzeitig Rente zu beziehen. Sie zögern | |
| den Bezug also heraus. | |
| Das ist ihr Geschenk an die Gemeinschaft. Denn es muss eine solidarische | |
| Bewegung der reichen Alten mit den armen Alten entstehen. Rechtlich mag das | |
| nicht durchsetzbar sein, moralisch schon. Und Politiker*innen könnten | |
| den Solidaritätsgedanken beschwören, nur haben sie das zwischenzeitlich | |
| verlernt. | |
| Für Beamte müsste der Solidaritätsgedanke übrigens erst recht gelten. Zumal | |
| sie, solange es ums Nehmen geht, Nutznießende sind. Sie zahlen nicht in die | |
| Rentenversicherung ein, ihre Pensionen, die höher sind als die Rente, | |
| werden direkt von Steuermitteln gedeckt. | |
| Mehr als [7][ein Viertel der Rentner*innen] erhält unter 1.000 Euro im | |
| Monat. Es scheint den Politiker*innen leichter, denen, die arm sind, | |
| zu erklären, dass ihre Rente zukünftig gekürzt werden muss, als den | |
| Wohlhabenden, dass ihr Wohlstand verpflichtet. Sollte man nicht mehr | |
| Fantasie erwarten können? | |
| 26 Oct 2024 | |
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| [1] https://www.deutschlandfunk.de/programm?drsearch%3Adate=2024-10-21 | |
| [2] https://www.fr.de/wirtschaft/haushalt-2025-kuerzungen-bei-der-rente-erneut-… | |
| [3] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/tipps-fuer-verbraucher/faq-zu… | |
| [4] https://www.fr.de/wirtschaft/ende-der-muetterrente-so-viel-weniger-rente-ha… | |
| [5] https://www.deutschlandfunk.de/rente-altersvorsorge-aktienrente-100.html | |
| [6] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/deshalb-haelt-friedrich-merz-nichts-… | |
| [7] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/09/PD22_N061_12_1… | |
| ## AUTOREN | |
| Waltraud Schwab | |
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