# taz.de -- Resilienz des Bundesverfassungsgerichts: Schutzwall für Karlsruhe | |
> Der Bundesrat will, dass gesetzliche Änderungen zum | |
> Bundesverfassungsgericht nur noch mit seiner Zustimmung möglich sind. Die | |
> CDU/CSU ist dagegen. | |
Bild: In der Stärke der AfD sehen die Länder auch eine Gefahr für das Bundes… | |
Berlin taz | Die Länder wollen das Bundesverfassungsgericht noch stärker | |
gegen verfassungsfeindliche Attacken schützen als der Bund. Änderungen des | |
Bundesverfassungsgerichts-Gesetzes (BVerfGG) sollen künftig nur noch mit | |
Zustimmung des Bundesrats möglich sein. Eine entsprechende Resolution | |
beschloss der [1][Bundesrat] an diesem Freitag. | |
Der Bundesrat reagiert damit auf eine Initiative von SPD, Grünen, FDP und | |
CDU/CSU, [2][die im Juli vorgestellt wurde]. Wichtige Strukturmerkmale des | |
Bundesverfassungsgerichts sollen im Grundgesetz verankert werden. Dies soll | |
verhindern, dass die AfD oder andere Parteien, die das Verfassungsgericht | |
lahm legen wollen, die Grundstrukturen des Gerichts mit einfacher Mehrheit | |
im BVerfG-Gesetz ändern können. | |
Für den Fall, dass problematische Parteien im Bundestag oder im Bundesrat | |
eine Sperrminorität (also mehr als ein Drittel der Sitze) erreichen, soll | |
zudem verhindert werden, dass diese damit die Wahl neuer | |
Verfassungsrichter:innen blockieren können. Statt im Bundestag würden | |
die Richter:innen dann im Bundesrat gewählt – oder umgekehrt. | |
Der Bundesrat signalisierte jetzt für dieses Paket ausdrücklich Zustimmung. | |
Die Länderkammer will aber noch weitergehen. Für eine Änderung des BVerfGG | |
soll künftig die Mehrheit im Bundestag nicht mehr genügen, auch der | |
Bundesrat soll jeweils mit Mehrheit zustimmen müssen. Dies soll auch im | |
Grundgesetz vorgeschrieben werden. | |
## Breite Mehrheit, aber Bayern zieht zurück | |
„Das mag aus Bundessicht zusätzlichen Aufwand bedeuten, das Wohl des | |
Bundesverfassungsgerichts sollte uns diesen zusätzlichen Aufwand aber Wert | |
sein“, sagte NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne), der den Antrag in | |
der Länderkammer vorstellte. Sonst könnte eine Mehrheit des Bundestags zum | |
Beispiel das BVerfGG so ändern, dass umstrittene Gesetze von den | |
Richter:innen nur noch einstimmig (statt mit Mehrheit) für | |
verfassungswidrig erklärt werden können, so Limbach. Dagegen könne der | |
Bundesrat – wenn für eine Änderung des BVerfGG auch seine Zustimmung | |
erforderlich ist – solche gefährlichen Änderungen verhindern. | |
Der Entschließungsantrag war zunächst von sieben Bundesländern eingebracht | |
worden. Bayern zog sich dann aber am Donnerstag zurück. Doch am Morgen des | |
Freitags kamen sechs neue Bundesländer aller Couleur als Antragssteller | |
hinzu, so dass eine breite Mehrheit für den Antrag gesichert war. | |
Der Beschluss des Bundesrats wurde umgehend vom Deutschen Anwaltverein und | |
vom Deutschen Richterbund begrüßt. Ein „zweiter Schutzwall“ würde die | |
Resilienz des Bundesverfassungsgerichts zusätzlich stärken, sagte Sven | |
Rebehn, der Bundesgeschäftsführer des Richterbunds. | |
## Sinnvoll oder gefährlich? | |
Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ist jedoch skeptisch. Sie zweifelt schon | |
an der Annahme, dass der Bundesrat weniger anfällig für eine Übernahme | |
durch problematische Parteien ist. | |
Die Ampelparteien haben gemeinsam mit der CDU/CSU in dieser Woche zwei | |
Gesetzentwürfe in den Bundestag eingebracht: ein Entwurf für die geplanten | |
Änderungen des Grundgesetzes, der [3][andere Entwurf für Änderungen am | |
BVerfGG]. Die Forderung des Bundesrats ist darin noch nicht berücksichtigt. | |
In der nächsten Sitzungswoche Anfang Oktober ist die erste Lesung der | |
Gesetzentwürfe geplant. Bis Anfang nächsten Jahres sollen die Vorhaben in | |
Bundestag und Bundesrat beschlossen sein. | |
Vermutlich wird es im Oktober oder November eine Sachverständigen-Anhörung | |
geben. Diese könnte Aufschluss geben, ob die Forderung des Bundesrats eher | |
sinnvoll oder eher gefährlich ist. | |
Die Verhandlungsposition des Bundesrats ist jedenfalls stark, denn die | |
geplanten Grundgesetzänderungen sind nur möglich, wenn eine | |
Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat zustande kommt. | |
27 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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