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# taz.de -- Kürzungen im Kulturhaushalt: Berliner Senat will sparen
> Der Berliner Senat plant mit Kürzungen im Kulturetat. Nicht nur
> Theaterhäuser sind bedroht, sondern auch diejenigen, die Kunst als
> Ausgleich brauchen.
Bild: Auch die Berliner Schaubühne am Lehniner Platz wäre betroffen
Harte Zeiten für Kunstliebende und Theaterfans: Der Berliner Senat hat
enorme [1][Kürzungen im Kulturhaushalt] angekündigt. Im Raum steht eine
Einsparung von etwa 10 Prozent. Wer wissen will, was diese Zahl
wirtschaftlich und organisatorisch für die Berliner Bühnen bedeutet, kann
das [2][in der „Nachtkritik“ nachlesen]. Das Theaterportal hat Stimmen der
prägenden Berliner Bühnen dazu gesammelt.
Deutlich wird, dass die Kürzungen zu Lasten des Programms gehen. Weniger
Aufführungen, weniger Neuproduktionen, weniger Angebot fürs Publikum. Je
nachdem, wie die Kürzungen nun konkret aussehen werden, sind die Theater
gezwungen, den Spielbetrieb einzuschränken. Manche befürchten, die Arbeit
ganz einstellen zu müssen.
Kürzungen dieses Ausmaßes bedeuten auch für mich mehr berufliche
Unsicherheit, weniger mögliche Aufträge und geringere Förderungen. Diese
Aussichten nagen an meiner finanziellen Sicherheit, meiner künstlerischen
Freiheit und Unabhängigkeit. Die Ausführungen der Theaterhäuser zeigen mir
jedoch: Ich bin – wie viele – von den Kürzungen doppelt betroffen. Als
Künstlerin und als Zuschauerin.
Theater hat auch ganz privat eine besondere Bedeutung für mich. Ich bin
auch – vielleicht sogar meistens – Publikum. Und bei all den beruflichen
Sorgen kommt meine Publikumsperspektive häufig zu kurz. Theater ist wichtig
für meine Freizeitgestaltung und mein Wohlbefinden.
## Kultur, die Retterin in der Not
Ich verstehe, dass Kunst, bei allen Nöten im sozialen und im
Gesundheitsbereich, eher als Luxus angesehen wird. Doch die Kultur war mir
schon oft Retterin in der Not. Wenn mir als Studentin im beschaulichen
Hildesheim alles etwas zu eng und vertraut wurde, oder wenn mir Inspiration
und Antrieb für das Studium fehlten, wusste ich: Ich muss nach Berlin.
Ich nannte diese Wochenenden Theater-Tanken. Aus den Spielplänen stellte
ich mir mein ganz persönliches Festival zusammen. Dabei habe ich einen
Sport daraus gemacht, möglichst viel Theater, in möglichst wenig Zeit zu
packen.
Der Tag beginnt mit einer Matinee, Kindertheater am Nachmittag und für den
Abend am besten in ein Haus, an dem man zwei Inszenierungen hintereinander
schauen kann. Das war oft [3][am HAU] möglich und ich erinnere mich an
lange Abende an der Volksbühne: Erst einen [4][Pollesch] und danach Gob
Squad.
## Das „Life“ in der Work-Life-Balance
Als ich einige Jahre später in die Hauptstadt gezogen bin und noch nicht so
viele Menschen kannte, bewahrten mich vor allem die Berliner Museen vor
Einsamkeit. Heute besuche ich Konzerte, immer wenn mir der Alltag zu viel
wird und ich nicht weiß, wie ich abschalten kann. Bei Liebeskummer tröstet
mich das Schauspiel. Ich denke, ich gehe häufig ins Theater, um mich zu
spüren.
Um herauszufinden, wer ich bin und wer die anderen sind und wie wir
zueinander stehen. Dabei kann ich einiges an Reibung aushalten, für das ich
draußen keinen Nerv habe. Das Surren der Scheinwerfer beruhigt mich.
Die angekündigten Kürzungen gehen zu Lasten von uns – dem Publikum. Als
Zuschauerin werde ich weniger Angebot und weniger Vielfalt haben. Ich werde
Produktionen sehen, die unter großem Zeit- und Konkurrenzdruck entstanden
sind. Das wird uns einige magische Momente kosten. Einiges an Trost und
Freude wird ausbleiben. Dabei können wir genau davon in Krisenzeiten
besonders viel gebrauchen. Kunst und Kultur sind für viele vollkommen
unterschiedliche Menschen das „Life“ in der Work-Life-Balance. Darum: Wer
Kunst kürzt, kürzt Lebensqualität.
4 Oct 2024
## LINKS
[1] /Kuerzungen-im-Bundeshaushalt-2025/!6033780
[2] https://nachtkritik.de/recherche-debatte/spardiktat-in-berlin-stimmen-der-t…
[3] /Marina-Otero-aus-Argentinien-im-HAU/!6036894
[4] /Berliner-Volksbuehne-gedenkt-Pollesch/!6004839
## AUTOREN
Simone Dede Ayivi
## TAGS
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Haushalt
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