# taz.de -- Scheindemokratische Farce: Ignoriertes Bürger*innenvotum | |
> Auch die zweite Dialogwerkstatt zur Randbebauung des Tempelhofer Felds | |
> lehnt das Vorhaben des Senats deutlich ab. Das wird aber auch nicht | |
> nützen. | |
Bild: Schon länger Thema: Protest der Initiativen „100 Prozent Tempelhofer F… | |
Ich mach mir das Feld, widdewidde wie es mir gefällt – diese Einstellung | |
scheint derzeit im Berliner Senat zu herrschen. Der hat nicht zum ersten | |
Mal [1][einen Volksentscheid ignoriert] und will auf Teufel komm raus das | |
Tempelhofer Feld bebauen. Die größte unbebaute Freifläche inmitten der | |
dicht besiedelten Hauptstadt ist bei den Berliner*innen als | |
Freizeitgelände allerdings sehr beliebt, wie sich mal wieder gezeigt hat. | |
Anfang der Woche lehnte auch [2][die zweite Dialogwerkstatt] zur Zukunft | |
des Tempelhofer Felds eine Randbebauung eindeutig ab. | |
Wie schon die erste Dialogwerkstatt Anfang September. Und wie schon [3][vor | |
zehn Jahren], als die Mehrheit der Berliner*innen ein Bebauungsverbot | |
für das ehemalige Flughafengelände durchsetzte. Die schwarz-rote Koalition | |
und allen voran der Regierende Bürgermeister Kai Pippilotta | |
Wegner-Langstrumpf (CDU) will jedoch unbedingt 5.000 Wohnungen auf das | |
innerstädtische Grün pflanzen. | |
Dafür müsste jedoch das Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Felds geändert | |
werden. Also behauptete Wegner einfach, dass sich die Stimmung dazu in der | |
Stadt mittlerweile geändert habe. Und initiierte die Dialogwerkstätten, die | |
aber nicht über das Ob, sondern das Wie einer Randbebauung beraten sollten. | |
275 unabhängig ausgeloste Berliner*innen unterschiedlicher Herkunft | |
nahmen an dem Bürgerbeteiligungsformat teil. Und erteilten der | |
scheindemokratischen Farce eine Absage, indem sie sich entgegen ihrem | |
Auftrag für eine Weiterentwicklung des Felds als Naherholungsgebiet | |
aussprachen und die Bedeutung des Felds für den Natur- und Klimaschutz | |
hervorhoben. | |
## Bürger*innenrat degradiert | |
Weil das demokratische Ergebnis nicht ihren Wünschen entspricht, reagiert | |
Berlins CDU wie ein verzogenes neunjähriges Kind in einer Villa, das noch | |
immer seinen Willen bekommen hat: Es ging ja gar nicht um die Frage, ob | |
gebaut wird, sondern darum, was, sagte der stadtentwicklungspolitische | |
Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, nach der Abstimmung [4][trotzig | |
zur taz]. Dass das aus demokratischer Perspektive ohnehin schon | |
problematisch ist, interessiert ihn dabei wenig. | |
Stattdessen setzte er noch einen drauf und degradierte den selbst | |
eingesetzten Bürger*innenrat zur irrelevanten Einzelmeinung: Man wolle | |
sich nicht auf die Empfehlungen einer kleinen Gruppe verlassen, sondern im | |
Zweifel eher noch mal alle Berliner*innen befragen, so Gräff. Wäre das | |
Ergebnis der Dialogwerkstätten im Sinne der CDU ausgefallen, wäre die | |
„kleine Gruppe“ wohl als Stimme des Volkes präsentiert worden. Aber so gilt | |
das Motto: Wir fragen weiter, irgendwann wird schon das Ergebnis | |
herauskommen, das sich CDU und SPD und ihre Kumpel aus der Baulobby so | |
sehnlich wünschen. | |
Das Ende vom Kinderlied: Das eindeutige Bürger*innenvotum wird | |
ignoriert. Zumal es ohnehin nicht bindend ist. Die Ergebnisse sollen | |
vielmehr nun „aufbereitet“ und in einen internationalen Ideenwettbewerb | |
„eingespeist“ werden. Der soll am 13. November starten und bis Mai 2025 | |
laufen. Wie genau ein Votum, das sich für die „Bewahrung der weltweit | |
einzigartigen Perle im Herzen Berlins“ einsetzt und als zentrale Punkte | |
„keine Bebauung“, „Förderung und Ausbau des Bestehenden“ sowie „THF … | |
alle“ beinhaltet, in einen Bebauungswettbewerb eingespeist werden soll, | |
bleibt ein Geheimnis. | |
Die Missachtung des Willens der Mehrheit der Berliner*innen lässt sich | |
der Senat übrigens schlappe drei Millionen Euro kosten – obwohl Berlin auch | |
ohne das Tempelhofer Feld Platz für den Bau neuer Wohnungen hat, wie aus | |
einem Stadtentwicklungsplan des Senats hervorgeht. Aber aus dem Haus will | |
Wegner nun mal aufs Tempelhofer Feld rausschauen. Dafür macht zwei mal drei | |
dann auch mal vier. | |
28 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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