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# taz.de -- Umgang mit Sexarbeit: Zwischen Stigmatisierung und Schutz
> Sexkauf soll bestraft werden, findet die Unionsfraktion. Vor dem
> Familienausschuss wird Kritik an dieser Forderung laut.
Bild: Eine Leuchtreklame in einem Wohnwagen auf dem Straßenstrich am Kirmespla…
Berlin taz | Eine Aktivistin verteilt Herzsticker, bevor der
Familienausschuss des Bundestags am Montagnachmittag Sachverständige zum
Thema Sexkaufverbot anhört. Die Frau mit Glitzertop und Plüschhandtasche,
selbst Sexarbeiterin, reicht sie den Wartenden vor dem Paul-Löbe-Haus. Sie
wirbt dafür, Sexarbeit zu entstigmatisieren. Neben ihr steht eine Frau vom
Verein Sisters, [1][der Prostituierte beim Ausstieg unterstützt].
Dann beginnt die Anhörung der von den Fraktionen geladenen
Sachverständigen. „Jede Kollegin sieht und empfindet ihren Job ganz
anders“, sagt Johanna Weber, Sprecherin des Berufsverbands erotische und
sexuelle Dienstleistungen. In ihrer Rolle müsse sie ihre eigene Wahrnehmung
hinten anstellen und zuhören. „Das sollte auch die Basis der Arbeit im
Bundestag sein, gerade bei einem so emotionalen Thema.“
Dass das Sexkaufverbot im Ausschuss überhaupt Thema ist, [2][liegt an einem
Antrag der Unionsfraktion]. Dieser prangert die Armuts- und
Elendsprostitution an und fordert unter dem Motto „Sexkauf bestrafen“ einen
Paradigmenwechsel nach dem Vorbild des „nordischen Modells“: Dieses sieht
eine Strafbarkeit von Freiern vor, während gleichzeitig mehr Geld in
Ausstiegsprogramme investiert wird.
## Weiter ins Dunkelfeld
Huschke Mau, Gründerin des Netzwerks Ella, unterstützt den Vorstoß. „Wenn
wir Sexkauf verbieten, gibt es weniger Freier. Und wenn es weniger
Nachfrage gibt, gibt es auch weniger Angebot“, sagt sie. Als junge Frau ist
Mau selbst in die Zwangsprostitution und Drogenabhängigkeit geraten. „Wir
reden über Sexkauf, aber es geht eigentlich um Gewalt“, sagt sie. So
argumentiert auch die Traumatherapeutin Brigitte Schmid-Hagenmeyer: „Gewalt
ist in der Prostitution inhärent.“ Sexuelle Handlungen gegen Geld
schädigten eine Person oft psychisch und körperlich.
Die Vermischung von Zwangsprostitution mit der freigewählten Sexarbeit
kritisiert Stefanie Kohlmorgen vom Bündnis der Fachberatungsstellen für
Sexarbeiter:innen: „Es wird von Armut und Not gesprochen. Dann müssen wir
diese Probleme angehen und nicht die Sexarbeit.“ Mit dem nordischen Modell
würden Sexarbeiter:innen nur noch weiter stigmatisiert. Die
Sachverständige von der Gewerkschaft der Polizei befürchtet, Sexarbeit
werde so weiter ins Dunkelfeld verschoben.
Die Anhörung sei trotz der unterschiedlichen Ansichten „differenziert,
konstruktiv, sachlich“ gewesen, bilanziert Ariane Fäscher (SPD). Anders als
die Union wolle ihre Partei jedoch [3][den Weg mit dem
Prostituiertenschutzgesetz weitergehen]. Dieses 2017 eingeführte und schon
damals umstrittene Gesetz wird derzeit evaluiert.
24 Sep 2024
## LINKS
[1] /Auf-dem-Strassenstrich-in-Berlin/!5943408
[2] /Diskussion-ueber-Prostitutionsgesetz/!6037522
[3] /Debatte-um-Prostitutionsgesetz/!5930763
## AUTOREN
Amelie Sittenauer
## TAGS
Sexarbeit
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