| # taz.de -- Kanzlerbefragung im Bundestag: Sexkauf ist keine Normalität | |
| > Kanzler Scholz zeigt sich im Bundestag offen für ein Sexkaufverbot. Dabei | |
| > geht es um die Forderung der Union nach dem nordischen Modell. | |
| Bild: Leuchtreklame im Stuttgarter Leonhardsviertel | |
| Berlin taz | Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich am Mittwoch im | |
| Bundestag den Fragen des Parlaments gestellt. Dabei wurde der Bundeskanzler | |
| nicht nur zu aktuellen Themen wie dem Nahostkonflikt, der irregulären | |
| Migration, sondern auch zum neuen Beschluss der CDU/CSU-Bundestagsfraktion | |
| [1][zum Sexkaufverbot befragt]. | |
| „Deutschland ist leider zu einer Hochburg des sexuellen Missbrauchs und der | |
| sexuellen Ausbeutung geworden“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der | |
| CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Familie und Kultur, Dorothee Bär. | |
| Schätzungsweise 250.000 Frauen in Deutschland seien in der Prostitution | |
| tätig. Sie wolle wissen, ob sich der Bundeskanzler wie [2][seine | |
| Parteikollegin Leni Breymaier für] ein von der Union gefordertes | |
| Sexkaufverbot einsetze. | |
| „Prostitution ist schlimm“, sagte der Bundeskanzler. Die Menschen, die in | |
| diesem Bereich tätig sind, hätten ein schweres Leben, das nicht selten mit | |
| Missbrauch, Gewalt und kriminellen Strukturen verbunden sei. „Wir müssen | |
| viel tun, um Prostitution zurückzudrängen und Sexkauf nicht als Normalität | |
| zu akzeptieren, sondern als etwas, das nicht in Ordnung ist“, so Scholz. | |
| ## Unionsfraktion für Verbot von Bordellen | |
| Bär warf Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) vor, eine | |
| „Antifeministin“ zu sein, weil sie keine Änderungen am jetzigen | |
| Prostituiertenschutzgesetz plane und fragte den Bundeskanzler erneut: | |
| „Finden Sie es akzeptabel, wenn Männer Frauenkörper kaufen können?“ Dabei | |
| blieb weiterhin offen für Sexverbot, anders als die Familienministerin. | |
| „Ich finde es nicht akzeptabel, wenn Männer Frauen kaufen“, so Scholz. Das | |
| habe ihn schon immer moralisch empört und deshalb finde er es richtig, dass | |
| in der Gesetzgebung geschaut werde, „wie man es am besten zurückdrängen | |
| kann“. Auch Familienministerin Paus sei es ein „Herzensanliegen, gegen den | |
| Kauf von Frauen von Männern, die Sex haben wollen, vorzugehen“. | |
| ## Paus lehnt eine Verschärfung des Prostitutionsgesetzes ab | |
| Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte in der vergangenen Woche ein | |
| Positionspapier vorgelegt, das ein Sexkaufverbot nach dem sogenannten | |
| nordischen Modell fordert: Freier und Zuhälter sollen bestraft, Bordelle | |
| verboten werden. Die Prostituierten hingegen sollen geschützt werden und | |
| straffrei bleiben, um ihnen den Ausstieg zu erleichtern. | |
| Bundesfamilienministerin Paus schon hatte in der vergangenen Woche eine | |
| Verschärfung des Prostitutionsgesetzes abgelehnt. „Es gibt gegenwärtig | |
| keinen Grund dafür, das Gesetz anzufassen“, sagte Paus. Die Bundesregierung | |
| intensiviere aber unter anderem die Verfolgung von Menschenhandel um gegen | |
| die Missstände zu kämpfen. | |
| Der Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen hatte sich bereits im | |
| vergangenen September [3][gegen ein „nordisches Modell“] ausgesprochen. „… | |
| ist doch immer wieder bemerkenswert, mit welchen Mitteln die | |
| Sexkaufgegner*innen versuchen, ihre moralischen Vorstellungen | |
| umzusetzen – auf Kosten der Rechte von Sexarbeiter*innen, Kund*innen und | |
| Bordellbetreiber*innen und letztendlich auf Kosten einer toleranten, | |
| freiheitlichen und auf Rechten basierenden Gesellschaft – natürlich ohne | |
| mit den Sexarbeiter*innen zu sprechen und sie mitentscheiden zu | |
| lassen“, hieß es in der Stellungnahme. | |
| 15 Nov 2023 | |
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| [3] /Debatte-um-Prostitutionsgesetz/!5930763 | |
| ## AUTOREN | |
| Yağmur Ekim Çay | |
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