# taz.de -- Projekt zum Prostitutionsausstieg: Bremen hilft beim Ausstieg aus d… | |
> Seit drei Jahren gibt es in Bremen und Bremerhaven ein Modellprojekt. Ein | |
> Ergebnis ist ein Leitfaden für den Wechsel in ein anderes Leben. | |
Bild: Sexarbeit wird in Bremen unter anderem in der Helenenstraße im Steintor-… | |
Bremen taz | Wie gelingt Sexarbeiter:innen der freiwillige Wechsel in | |
einen anderen Beruf? Auf diese Frage liegt jetzt aus dem Land Bremen eine | |
Antwort vor. Im Rahmen eines von der Bundesregierung geförderten | |
Modellprojekts haben 13 [1][ehemalige Sexarbeiterinnen] eine Beschäftigung | |
außerhalb der Prostitution aufgenommen: In den Bereichen Labor, Pflege, | |
Erziehung, Logistik, Einzelhandel. Zwei haben eine Ausbildung – als | |
medizinische Fachangestellte und als Fitnesskauffrau – begonnen. Sieben | |
weitere haben an Sprach- beziehungsweise Integrationskursen teilgenommen. | |
Das [2][geht aus dem Projekt-Abschlussbericht hervor], der diese Woche in | |
Bremen parlamentarischen Gremien vorgestellt wurde. | |
Die Voraussetzung für einen erfolgreichen Spurwechsel sei eine sehr enge | |
Begleitung und Beratung durch eine Vertrauensperson, sagt Laura Witt. Sie | |
arbeitet in der Stadt Bremen bei der öffentlich geförderten Beratungsstelle | |
„Frauen Arbeits Welten“, die Frauen zu verschiedenen beruflichen Themen | |
berät. Ende 2022 kam das Modellprojekt zum Prostitutionsausstieg dazu – das | |
zu diesem Zeitpunkt schon die Hälfte der dreijährigen Projektlaufzeit | |
hinter sich hatte. Die Frauen kamen zu Laura Witt nach Vermittlung durch | |
den Verein Nitribitt, der schon seit 35 Jahren Sexarbeiter:innen berät | |
und in der Stadt Bremen die niedrigschwellige Beratung im Modellprojekt | |
übernommen hat. Hier ging es weniger um den konkreten Berufswechsel, | |
sondern um die alltägliche Unterstützung. | |
Die Hürden für Sexarbeiter:innen, die sich beruflich umorientieren wollen, | |
seien sehr hoch, sagt Witt, die in anderthalb Jahren 23 Personen innerhalb | |
des Projekts beraten hat. Neben fehlenden Qualifikationen seien dies | |
gesundheitliche Beeinträchtigungen, aber vor allem auch Stigmatisierungs- | |
und Diskriminierungserfahrungen, „Da geht es erst einmal viel um | |
Stabilisierung.“ | |
## Pauschale zur Existenzsicherung | |
Was zur Stabilisierung beiträgt, lässt sich [3][in einem Praxisleitfaden | |
nachlesen], den das Berliner Institut Interval im Auftrag der | |
Bundesregierung geschrieben hat. Er gründet auf die wissenschaftliche | |
Begleitung der Modellprojekte: Bremen war einer von fünf Standorten, wobei | |
hier jeweils zwei Beratungsstellen in Bremerhaven und der Stadt Bremen | |
einbezogen waren. | |
Neben Freizeitangeboten und Wissensvermittlung listet Interval auch die | |
Existenzsicherung als Voraussetzung dafür auf, sich ein Leben außerhalb der | |
Prostitution aufzubauen. Doch vor allem diejenigen, die aus einem anderen | |
EU-Land kommen, haben in der Regel keine Ansprüche auf Sozialleistungen. | |
Bremen hat daher aus eigenen Mitteln 14 Projekt-Teilnehmer:innen eine | |
Existenzsicherungspauschale in Höhe des Bürgergeldes für bis zu zwölf | |
Monate gezahlt. | |
Diese gibt es seit Ende Juli, dem Ende der Projektlaufzeit, nicht mehr. Die | |
Beratung könne Bremen voraussichtlich bis Ende 2025 weiter finanzieren, | |
teilte am Mittwoch Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) mit. Auf | |
Nachfrage bestätigte ihre Sprecherin, dass dies für Nitribitt und die | |
beiden Bremerhavener Beratungsstellen gilt, bisher aber nicht für Frauen | |
Arbeits Welten. | |
## Viele verlieren die Wohnung | |
Die Bremerhavener Beraterin Monica Kotte sagte, es brauche dringend | |
Übernachtungsmöglichkeiten für die Frauen. Denn viele verlieren die | |
Wohnung, wenn sie keine Sexarbeit mehr machen wollen, weil sie dort leben, | |
wo sie arbeiten. In einem Fall sei ein Beschäftigungsverhältnis nicht | |
zustande gekommen, weil die Frau keinen festen Wohnsitz hatte, obwohl sie | |
seit 20 Jahren in Deutschland lebt. | |
In der Stadt Bremen hatten, anders als in Bremerhaven, einige Frauen keinen | |
Migrationshintergrund. Etwa die Hälfte habe Kinder – und manchmal keinen | |
Kita-Platz, so Beraterin Laura Witt. Erreicht wurden im Land Bremen 48 | |
Sexarbeiter:innen mit dem Angebot – mehr als angestrebt. | |
7 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Umgang-mit-Sexarbeit/!6035612 | |
[2] https://sd.bremische-buergerschaft.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZdt2kh8k… | |
[3] https://www.bmfsfj.de/resource/blob/245770/60161ce020e1d21a7ed2b7cb81094e27… | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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