# taz.de -- Rotlichtmeile im Viertel: Freie Sicht auf Helene | |
> Der Sichtschutz in der Helenenstraße wird probeweise entfernt. Der Grund | |
> ist die gestiegene Kriminalität. | |
Bild: Die rechte Seite des Sichtschutzes vor der Helenenstraße soll provisoris… | |
BREMEN taz | Ein Teil des Sichtschutzes vor der Helenenstraße kommt weg. | |
Die rechte Seite der Barriere, welche Bremens Rotlichtstraße bislang vor | |
Blicken vom Ostertorsteinweg verbirgt, soll nun abmontiert werden. Das | |
bestätigten die parteilose Ortsamtsleiterin Hellena Harttung sowie die | |
Innenbehörde der taz. | |
Die Entfernung des Sichtschutzes an der Straße für Sexarbeit ist eine | |
Konsequenz aus gestiegener Kriminalität und soll spätestens nach den | |
Osterferien beginnen. „Die rechte Seite des Sichtschutzes wird probeweise | |
entfernt und soll mehr soziale Kontrolle und eine Öffnung in den Stadtteil | |
bedeuten“, sagt Harttung. Zudem soll der Eingang der Helenenstraße besser | |
beleuchtet und möglichst ein festes Urinal oder eine öffentliche Toilette | |
installiert werden. | |
Nach einem Anschlag mit Molotow-Cocktails in der Straße durch eine Gruppe | |
Unbekannter auf zwei Häuser Anfang März fahre die Polizei auch auf Wunsch | |
der Sexarbeiter*innen bereits häufiger in die Helenenstraße. Die | |
Innenbehörde fordert angesichts einer gestiegenen Anzahl von Gewaltdelikten | |
nicht erst seitdem, dass zusätzlich zum Sichtschutz die gut drei Meter | |
lange Mauer am Eingang zur Helenenstraße permanent entfernt werden soll. | |
Vergangenen November war eine Person direkt vor der Helenenstraße erstochen | |
worden. Daraufhin hatte die [1][Innenbehörde zeitweise nachts | |
Flutlichtmasten] und einen besetzten Mannschaftswagen am angrenzenden | |
Ziegenmarkt postiert, um „Angsträume“ zu erhellen. | |
Tatsächlich soll in Kürze auch ein neues Lichtkonzept beschlossen werden – | |
ebenso wie die Installation einer öffentlichen Toilette. Nach drei Monaten | |
mit freier Sicht sollen die Erfahrungen ausgewertet werden, wie die | |
Innenbehörde mitteilte. | |
Senator Ulrich Mäurer (SPD) will aus „kriminalpräventiven Gründen“ schne… | |
vorankommen. Zuletzt sei der Ortsbeirat nicht bereit gewesen, einem Abriss | |
der Mauer zuzustimmen, bevor nicht Haushaltsmittel für die Gestaltung der | |
Fläche zwischen Mauer und Sichtschutz sicher seien. Dafür will Mäurer nun | |
im Senat werben: „Kriminellen muss ihre dunkle Rückzugs- und Aktionsfläche | |
hinter der Mauer genommen werden“, sagt er. | |
Seit drei Monaten trifft sich ein Runder Tisch, um über die Zukunft der | |
Helenenstraße zu diskutieren. Unter Beteiligung des Ortsamts, der | |
Sexarbeiter*innen, Polizei, Innenbehörde und des Amtes für Verkehr und | |
Straßen geht es beim nächsten Gespräch am heutigen Mittwoch um Beleuchtung | |
und die Toilette. | |
Zum kompletten Abriss des Mauerstücks gibt es bislang keine Einigung, aber | |
auch keinen Dissens. „Laut Denkmalschutz ist das Mauerstück erhaltenswert, | |
aber nicht denkmalgeschützt, weil die Helenenstraße historisch bedeutsam | |
ist“, sagt Harttung. | |
## Geschützt und sozial geächtet | |
1878 war die Straße auf Initiative des damaligen Senats als Raum für | |
„controllierte und reglementierte Prostitution“ eingerichtet worden, in dem | |
sowohl Kondome Pflicht als auch Zuhälterei verboten waren. Geschützt von | |
einem Wachposten neben der Mauer am Eingang der Sackgasse waren die dort | |
arbeitenden Frauen dennoch sozial geächtet – sie durften außerhalb der | |
Helenenstraße nicht mit Männern reden und weder die Wallanlagen noch den | |
Bürgerpark betreten. Die damaligen Ratsherren waren so stolz auf ihr | |
Konzept, dass sie mit der Idee der Helenenstraße internationale | |
Gesundheitsmessen bereisten. | |
Heute vertreten die Sexarbeiter*innen ihre Interessen auch über den | |
öffentlich geförderten Verein Nitribitt, eine „Beratungsstelle für | |
Prostituierte“. [2][In Vergangenheit hieß es aus dem Verein], dass den | |
Sexarbeiter*innen der Sichtschutz „mehrheitlich egal“ sei – allerdings | |
würden Freier von Dealern und Junkies eingeschüchtert und das sei schlecht | |
fürs Geschäft. | |
## Spekulationen im TV | |
Zuletzt hieß es, dass die Unabhängigkeit der Sexarbeiter*innen bedroht sei. | |
Nachbarn spekulierten in einem TV-Interview öffentlich, dass Kriminelle | |
versuchten, Schutzgeld von den Sexarbeiter*innen zu erpressen. Nitribitt | |
wollte vor öffentlichen Äußerungen dazu weitere Treffen des Runden Tisches | |
abwarten. | |
Über die Hintergründe des Molotow-Anschlags ist wenig in Erfahrung zu | |
bringen. Die Polizei hat eine Ermittlungsgruppe eingerichtet, will aus | |
„ermittlungstaktischen Gründen“ jedoch keine Ergebnisse mitteilen. Laut | |
Staatsanwaltschaft wird mit Zeugenbefragungen und Videoauswertungen in alle | |
Richtungen ermittelt. | |
4 Apr 2018 | |
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## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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