| # taz.de -- Prostitution in Bremen: Erregung über käufliche Liebe | |
| > Der geplante Bau eines Großbordells in der Neustadt sorgt für Protest. | |
| > Obwohl Prostitution legal ist, liegen die Positionen der Bremer Parteien | |
| > bei diesem Thema weit auseinander | |
| Bild: Legales Geschäft: ein Bordell. | |
| Bremen taz | Prostitution und deren Sichtbarkeit? Das Thema polarisiert. | |
| Zwar gilt Sexarbeit in Deutschland seit 2002 nicht mehr als sittenwidrig | |
| und ist legal. Seit 2017 gibt zudem das Prostituiertenschutzgesetz dem | |
| Gewerbe einen legalen Rahmen. Und doch: Geht es etwa um den neuen Bau eines | |
| Bordelles, so geht das auch in Bremen nicht ohne Protest. Auch die Bremer | |
| Parteien widmen sich vor der Wahl dem Thema Prostitution – und fordern | |
| entweder eine weitere Liberalisierung oder setzen mehr auf Repression. | |
| Einig sind sich alle nur in einem Punkt: Zwangsprostitution und Gewalt | |
| gegen Sexarbeiter*innen müssen unterbunden werden. Dafür sollte eigentlich | |
| das Prostituiertenschutzgesetz sorgen. Bordelle benötigten danach eine | |
| Betriebserlaubnis, es gibt eine Kondompflicht und Prostituierte müssen sich | |
| registrieren. | |
| In Bremen allerdings verläuft das schleppend. Ende 2018 hatten sich gerade | |
| einmal 115 Sexarbeiter*innen registrieren lassen, erklärte der Senat. Das | |
| ist nur ein Bruchteil der Prostituierten, die schätzungsweise in Bremen | |
| arbeiten: Die Polizei geht von bis zu 950 Prostituierten aus, der Verein | |
| Nitribitt, der in Bremen für die Rechte von Sexarbeiter*innen eintritt, | |
| spricht von bis zu 500 Sexarbeiter*innen. | |
| Die Bremer Linke schreibt nun in ihrem Wahlprogramm, dass das Gesetz die | |
| Prostituierten eher überwache als schütze. Frauen, die illegal in | |
| Deutschland sind, rutschten besonders häufig aus Not in die Prostitution. | |
| Ziel müsse es sein, dass der Staat die Selbstbestimmung von Prostituierten | |
| fördere. | |
| Damit entspricht die Linke in etwa der Position, die auch Nitribitt | |
| vertritt. Die Regelungen des Gesetzes seien nicht im Sinne der | |
| Prostituierten, sagt der Verein und fordert einen offenen Umgang mit dem | |
| Thema Sexarbeit statt Restriktion. | |
| Die FDP fordert hingegen in ihrem Wahlprogramm eine konsequentere Kontrolle | |
| durch die Polizei. Dabei solle durch Dolmetscher*innen und regelmäßigen | |
| Kontakt Vertrauen aufgebaut werden, um Opfer von Zwangsprostitution zu | |
| erkennen. Gleichwohl wollen die Liberalen die Selbstbestimmung von | |
| Prostituierten unterstützen. | |
| Thea Kleinert sieht das alles anders. Sie ist Sprecherin der „Bremer | |
| Initiative Stop Sexkauf“ und kandidiert für die Freien Wähler zur | |
| Bürgerschaftswahl. Wegen ihrer Position zur Prostitution war sie bei den | |
| Linken ausgetreten. Kleinert und ihre Mitstreiter*innen setzen sich für ein | |
| Sexkaufverbot nach schwedischem Vorbild ein, bei dem die Freier bestraft | |
| werden. „Der größte Teil der Prostituierten befindet sich in einer | |
| Abhängigkeit“, sagt sie. Hinter Prostitution verberge sich in der Regel ein | |
| Netz aus organisiertem Verbrechen. | |
| ## Protest gegen Großbordell | |
| Kleinert protestiert mit ihrer Initiative auch gegen den Bau eines | |
| „Großbordells“ in der Duckwitzstraße 69. Einen Bauantrag konnte sie jedoch | |
| nicht verhindern – das Anmelden einer Prostitutionsstätte ist in | |
| Deutschland eben legal. | |
| Tim Cordßen, Sprecher des Wirtschaftssenators, erklärte dazu, ein Antrag | |
| auf Genehmigung eines Bordellbetriebs liege vor. „Über diesen Antrag ist | |
| noch nicht abschließend entschieden worden, da seitens des Antragstellers | |
| noch nicht sämtliche angeforderten Unterlagen beigebracht wurden.“ | |
| Eine Mitstreiterin Kleinerts hatte auf dem Onlineportal | |
| „abgeordnetenwatch.de“ auch die Position der Bremer Parteien zu dem Bordell | |
| und zur Prostitution abgefragt. Carsten Sieling (SPD) verwies dabei darauf, | |
| dass Studien von Amnesty International ergeben hätten, dass eine | |
| Kriminalisierung von Sexkauf wie in Schweden, die Verfolgung von | |
| Zwangsprostitution erschwere, da die Hürde für eine Anzeige für Betroffene | |
| größer werde. | |
| Auch Maike Schaefer, Spitzenkandidatin der Grünen, sieht eine Bestrafung | |
| von Freiern kritisch, da Prostitution dann nur noch illegal stattfindet. | |
| Stattdessen fordert sie mehr Beratungsangebote und Unterstützung für | |
| Aussteiger*innen. | |
| Nur CDU-Spitzendkandidat Carsten Meyer-Heder konnte sich vorstellen, auf | |
| die Forderung der Aktivist*innen einzugehen: Zunächst solle man alle Mittel | |
| der momentanen Rechtslage nutzen,um größere Prostitutionsstätten zu | |
| verhindern. Sollte das nicht ausreichen, müsse ein Verbot für Sexkauf her. | |
| Dieses könne dann aber nur durch „massive Repression“ umgesetzt werden. | |
| 21 May 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Lukas Scharfenberger | |
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