# taz.de -- Vor Nationalratswahl in Österreich: Kein Untergang trotz Hochwasser | |
> Die Klimaschäden in Österreich sind enorm. Doch in Umfragen zur Wahl | |
> liegt die rechtsradikale FPÖ, für die die Klimakrise „Hysterie“ ist, | |
> vorn. | |
Bild: Eher uninspiriert: Wahlkampfschild der FPÖ auf dem österreichischen Land | |
Wien taz | Anderthalb Wochen nach dem [1][Rekordhochwasser in Teilen | |
Österreichs] (und anderen Regionen in Mittel- und Osteuropa) wird erst das | |
volle Ausmaß der Schäden sichtbar. Noch immer sind drei Bezirke in | |
Niederösterreich Katastrophengebiet, 84 Straßen bleiben gesperrt. Einen | |
Betrag „in dreistelliger Millionenhöhe“ wird allein die Reparatur der | |
Eisenbahn-Weststrecke kosten, sagte eine ÖBB-Sprecherin. Die Verbindung | |
zwischen Wien und Salzburg ist die meistbefahrene in Österreich und auch | |
für den Fernverkehr nach Deutschland von großer Bedeutung. Die Arbeiten | |
werden laut ÖBB Monate dauern. | |
[2][Die Folgen des Hochwassers] sind immens und dennoch nimmt die Lage kaum | |
Einfluss auf den Wahlkampf für die Nationalratswahl am kommenden Sonntag. | |
Die Themen Klimawandel, Renaturierung und Bodenversiegelung – alles | |
inhaltliche Streitpunkte der schwarz-grünen Bundesregierung – schafften es | |
zwar kurzzeitig wieder auf die Titelseite. Aber zum alles bestimmenden | |
Thema wurden sie nicht. Viele Österreicher scheinen sich angesichts | |
außergewöhnlich stabiler Umfragedaten offenbar damit abzufinden, dass die | |
rechtsradikale FPÖ deutlich dazugewinnt. | |
Die Fäden in der Hand hat die einst als Mitte-Partei konservative, aber nun | |
ebenfalls nach rechts gerückte ÖVP, ohne die wohl keine Mehrheit zustande | |
kommen kann. Die ÖVP ist seit durchgehend 37 Jahren in | |
Regierungsverantwortung. | |
Zur allgemeinen Verdrossenheit trugen die mehr als 70 Wahldebatten und | |
TV-Duelle im ORF und anderen Sendern bei. Neues war in den Sendungen nur | |
selten zu erfahren, zugunsten der Zuspitzung blieb man auch journalistisch | |
meist an der Oberfläche. Das Hochwasser spielte in den Debatten zwar auch | |
eine Rolle, aber keine herausragende. | |
## Alle Spitzenkandidaten versuchten Flut zu nutzen | |
Nach dem Sieg der FPÖ bei der Europawahl im Juni steht sie auch vor einem | |
Erfolg im österreichischen Nationalrat. Aktuell geht ihr [3][Hauptthema | |
Migration] zwar etwas unter, aber die FPÖ liegt stabil bei etwa 27 Prozent. | |
Zwei, drei Prozentpunkte dahinter liegt die ÖVP unter Kanzler Karl | |
Nehammer, der vor allem auf Stabilität setzt. Deutlich abgeschlagen bei | |
rund 21 Prozent landet in den Umfragen die SPÖ, die auch unter Andreas | |
Babler kaum dazugewann. Die Gründe: Grabenkämpfe in der SPÖ und ein | |
linkspopulistischer Kurs. Babler fordert nämlich ein früheres | |
Renteneintrittsalter und eine Viertagewoche. | |
Das Hochwasser und die dramatische Lage in Österreich versuchten fast alle | |
Spitzenkandidaten für sich zu nutzen. Kanzler Nehammer zeigte sich in | |
Krisensitzungen, Babler wurde als Bürgermeister und Mitglied der | |
Freiwilligen Feuerwehr helfend in Uniform gesichtet. Von Kickl existieren | |
eher uninspirierte Bilder vom heimatlichen Schreibtisch aus. Ob und wie | |
sich die Hochwasserkatastrophe auf die Wahl auswirkt, ist noch schwer | |
abschätzbar. Zuletzt zeichnete sich ein leichtes Aufholen der Kanzlerpartei | |
ÖVP ab. Ob und inwieweit die mitregierenden Grünen profitieren, ist noch | |
unklar. Offensiv sind sie aber nicht auf das Thema aufgesprungen. | |
Eine Partei wie die FPÖ, die den Klimawandel als „Hysterie“ abtut, tut sich | |
damit naturgemäß schwerer. Das gleiche Problem hat auch die ÖVP, die noch | |
vor Kurzem einen „Verbrennergipfel“ abhielt und Klimaaktivist:innen | |
kriminalisierte. Dass sie trotzdem leicht in den Umfragen gewinnt, könnte | |
am „Kanzlerbonus“ und dem besonnenen Ton seiner Kampagne („Stabilität f�… | |
Österreich“) liegen. | |
## Keine Hemmung vor Koalition mit FPÖ | |
Und wohl auch an seiner Ankündigung, keinesfalls mit dem seiner Ansicht | |
nach „radikalisierten“ Parteichef Kickl koalieren zu wollen. Eine Koalition | |
mit der FPÖ hingegen schließt er, anders als etwa die SPÖ, nicht aus. Mit | |
dieser Doppelstrategie sendet Nehammer Signale in beide ÖVP-Lager: Jene, | |
die eine Regierung mit der FPÖ als beste Option sehen sowie jene, die | |
keinesfalls mit ihr zusammenarbeiten wollen. | |
Nehammers leichtes Aufholen liegt möglicherweise auch an den üppigen | |
staatlichen Hilfsmaßnahmen für die Hochwasseropfer, die er medienwirksam | |
bekanntgab. Die Botschaft bleibt dieselbe wie noch in der Coronapandemie: | |
Wir lassen euch nicht im Stich. Auch wenn allen Beteiligten klar ist, dass | |
die neue Regierung – egal in welcher Konstellation – um ein neues Sparpaket | |
wohl nicht herumkommen wird. | |
24 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Florian Bayer | |
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