# taz.de -- Linken-Chefin zu Russland-Desinformation: „Wir sind nicht gut gew… | |
> Die russische Social Design Agency betreibt Desinformation in | |
> Deutschland. Eine Betroffene: Janine Wissler. Die Linken-Chefin fordert | |
> mehr Gegenwehr. | |
Bild: Janine Wissler, die Bundesvorsitzende der Partei Die Linke, steht auf der… | |
taz: Frau Wissler, [1][laut unserer Recherche] steht Ihr Name auf einer | |
Liste der russischen Propagandafirma Social Design Agency, auf der deutsche | |
Meinungsführer benannt sind, deren Aussagen für prorussische Narrative | |
genutzt werden sollen. Oder die, falls russlandkritisch, diskreditiert | |
werden sollen. Wussten Sie davon? | |
Janine Wissler: Nein, ich kannte weder diese Agentur noch diese Liste. | |
taz: Wie erklären Sie sich, dass Sie auf dieser Liste gelandet sind? | |
Wissler: Da kann ich nur mutmaßen und man muss auch vorsichtig sein, um | |
nicht russischer Staatspropaganda auf den Leim zu gehen. Klar ist: Ich habe | |
mich gegen Waffenlieferungen in die Ukraine ausgesprochen und [2][für | |
Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine]. Aber das war eben | |
keine Parteinahme für Putin, ganz im Gegenteil. | |
Ich habe immer klar gesagt, dass ich die russische Aggression gegen die | |
Ukraine scharf verurteile, dass ich Putin und seine autoritäre Politik | |
zutiefst ablehne und dass ich solidarisch mit der Friedensbewegung in | |
Russland und mit russischen Deserteuren bin. Ich stehe in Kontakt mit | |
russischen Oppositionellen, die sich gegen den Krieg und gegen Putins | |
Politik engagieren und habe mich in einigen Fällen aktiv dafür eingesetzt, | |
dass diese Menschen Asyl in Deutschland erhalten. Das wurde offensichtlich | |
in Russland wahrgenommen. | |
taz: Auf der SDA-Liste stehen auch Ihre frühere Parteikollegin Sahra | |
Wagenknecht oder AfD-Parteichefin Alice Weidel. Auf die Parteien der beiden | |
setzt die SDA große Hoffnung, [3][um in Deutschland prorussische Narrative | |
zu bestärken]. Überrascht Sie das? | |
Wissler: Dass Putin seit Langem rechtsautoritäre Kräfte überall in Europa | |
unterstützt, ideologisch und auch finanziell, ist nicht neu. Auch nicht, | |
dass er dabei mit der AfD paktiert. Das ist eine gezielte, langfristige | |
Strategie. Auch deshalb kann man Putins Politik nur vehement ablehnen. | |
taz: Und wie bewerten Sie, dass [4][Sahra Wagenknecht] dort aufgelistet | |
wird? | |
Wissler: Sahra Wagenknecht ist nicht mehr in unserer Partei und ich bin | |
froh und erleichtert, dass ich ihr Handeln nicht mehr dauernd kommentieren | |
muss. Nur soviel: Als konsequenter Kriegsgegner sollte man deutlich machen, | |
dass man jeden Krieg verurteilt und niemals doppelte Maßstäbe anlegen. | |
taz: Unsere Recherche zeigt, wie systematisch und akribisch die SDA | |
prorussische Narrative auch in Deutschland befördern will – [5][mit | |
gefälschten Onlineprofilen und Beiträgen, mit massenhaft auf Social Media | |
verbreiteten Karikaturen oder Fakes]. Wie gefährlich ist die russische | |
Desinformation? | |
Wissler: Dass Putins Regierung skrupellos agiert, zeigt sich schon daran, | |
wie sie die Opposition in Russland kaltstellt und oppositionelle Stimmen zu | |
unterdrücken versucht. Ganz offensichtlich hat dieses Regime ein Interesse | |
daran, die öffentliche Meinung international zu den eigenen Gunsten zu | |
beeinflussen. Und Desinformation ist in digitalen Zeiten natürlich eine | |
große Gefahr. Wir erleben eine Flut an Fake News, die für viele immer | |
schwerer zu erkennen sind. Daran beteiligen sich solche Agenturen und auch | |
Geheimdienste – wohlgemerkt nicht nur russische, wenn wir etwa auf das | |
Agieren der NSA schauen. Diese Gefahr der Desinformation müssen wir alle | |
auf dem Schirm haben, dagegen sind wir noch nicht gut gewappnet. | |
taz: Wie kann man sich denn da wappnen? Tun die Regierung und die Behörden | |
genug? | |
Wissler: Das ist natürlich keine leichte Aufgabe in Zeiten, in denen sich | |
Informationen digital auf so vielen Kanälen verbreiten. Aber | |
Social-Media-Anbieter haben hier die Pflicht, konsequent gegen Lügen, Hass | |
und Hetze vorzugehen. Hier müssen sie noch mehr in die Pflicht genommen | |
werden. Mir ist aber auch wichtig, an die Ursache ranzugehen und diejenigen | |
zu stärken, die Putin und seiner Desinformation die Stirn bieten: die | |
kritischen Teile der russischen Zivilgesellschaft. Deshalb dürfen wir nicht | |
alle Beziehungen nach Russland kappen, ganz im Gegenteil. Die russische | |
Zivilgesellschaft braucht Unterstützung und Austausch, sie müssen wir | |
stärken. Russland ist nicht Putin. Und irgendwann wird es ein Russland ohne | |
Putin geben. | |
17 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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