# taz.de -- Kampf gegen die AfD: Mit allen demokratischen Mitteln | |
> Die AfD gehört verboten. Doch die Politik zögert. Wir müssen uns über die | |
> dringenden Probleme verständigen, statt Antworten Extremisten zu | |
> überlassen. | |
Bild: Nur mit Vielfalt kann der AfD die Stirn geboten werden | |
Solange Nazis zur demokratischen Wahl zugelassen werden, werden Nazis auch | |
demokratisch gewählt. Das Toleranzparadoxon, das dem | |
österreichisch-britischen Philosophen Karl Popper (1902 – 1994) | |
zugeschrieben wird, macht deutlich, dass die uneingeschränkte Toleranz in | |
die Intoleranz mündet. Karl Popper musste es wissen. Er verlor sage und | |
schreibe sechzehn Familienmitglieder im Holocaust. | |
Nach den jüngsten Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen herrscht | |
Schockstarre. Die Ampel-Parteien haben deutlich Federn, vielmehr | |
Wähler:innen gelassen, und nicht mal die naivsten Milchmädchenrechnungen | |
können die mathematische Realität ändern. [1][Die AfD im Thüringer Landtag] | |
verfügt nunmehr über die Sperrminorität. | |
Allerdings verfügt die Bundesrepublik über ein grundgesetzliches Gegengift: | |
Art. 21, Abs. 2 GG.: „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem | |
Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische | |
Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der | |
Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“ | |
Die Tatsache, dass die AfD offiziell vom Verfassungsschutz beobachtet wird, | |
sollte eigentlich eine Steilvorlage sein. [2][Björn Höcke], wegen | |
Verbreitung von SA-Parolen mehrfach verurteilt, darf sogar öffentlich als | |
„Nazi“ bezeichnet werden. Doch Beschimpfungen alleine schaffen keine | |
Abhilfe. | |
## German Angst vorm AfD-Verbot | |
Ein Verbot hätte zur Folge, dass die AfD ihre bestehenden Strukturen | |
aufgeben müsste und somit ihre organisatorische Basis einbüßen würde. Aber | |
die demokratischen Parteien reagieren zögerlich. Warum? | |
Die Antwort: German Angst. Denn der Gang nach Karlsruhe könnte nach hinten | |
losgehen. Und ohnehin würde ein Verbotsverfahren dazu führen, die völkisch | |
nationalistische Partei in ihrer Märtyrerrolle umso mehr zu legitimieren. | |
Letzteres ist wiederum längst geschehen. „Fast schon verboten gut“, so | |
prangt die Schrift auf einem AfD-Wahlplakat, das Höcke mit Sonnenbrille und | |
der frechen Aura eines von Tiktok bestätigten Rockstars abbildet. Die | |
Demokratie wird verhöhnt. | |
## Wir müssen uns über bestehende Probleme verständigen | |
Weil ein Verbotsverfahren sich aber, selbst wenn es käme, in die Länge | |
ziehen würde, müssen mittelfristige Ziele im Kampf gegen den | |
Rechtsextremismus verfolgt werden. Also wieder auf die Barrikaden gehen? | |
Jein. Demos gegen rechts verkümmern oft zu Events und überbieten sich eher | |
im Wettstreit über Teilnehmerzahlen als um inhaltliche Ansätze. Auch die | |
Betroffenheitsvideos, die von BIPoC-Influencer:innen gepostet werden, sind | |
wenig hilfreich. Sogleich fordern sie die weiße Dominanzgesellschaft dazu | |
auf, über den „biodeutschen“ Rassismus zu reflektieren. Sorry, aber so | |
reichen sie die heiße „Kartoffel“ einfach nur weiter. Die Antipathien, die | |
es innerhalb migrantischer Gemeinschaften gibt, wie Antisemitismus, | |
Misogynie und Queerfeindlichkeit, müssen endlich wahrgenommen und bekämpft | |
werden. | |
Wir müssen handeln, nicht hadern. Im Alltag brauchen wir mehr Dialog. Gerne | |
hitzig, aber historisch fundiert und nicht hysterisch. Das Ziel ist nicht | |
die vollständige Übereinstimmung, [3][sondern die gemeinsame Wahrnehmung | |
dringender Probleme]. Die Suche nach deren Lösung darf nicht den | |
Extremist:innen überlassen werden. | |
16 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Michaela Dudley | |
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