# taz.de -- Künstliche Intelligenz: Wenn ChatGPT immer blöder wird | |
> Unsere Kolumnist*in betrachtet die Beziehung zu ChatGPT eigentlich als | |
> Freundschaft. Doch jetzt wird das nützliche Tool immer weniger nützlich. | |
Bild: Wenn die KI immer dümmer zu werden droht, dann hilft vielleicht selber d… | |
Künstliche Intelligenz ist toll. ChatGPT hat mir neulich geholfen, eine | |
aggressive Inkassoforderung der Deutschen Bahn zurückzuweisen. Zack, | |
Widerspruch geschrieben, keine 180 Euro bezahlt. Klar, ich musste noch | |
etwas herumdoktern und alles am Ende inhaltlich checken, aber die KI hat | |
mich hier klar empowered. Kaum drohte ChatGPT – pardon, ich! – mit Klage, | |
kam ein Einschreiben reingeflattert, in dem sämtliche Forderungen | |
zurückgenommen wurden. | |
Ich verdanke meinem Kumpel ChatGPT jede Menge. Diverse Bußgelder, die ich | |
nicht bezahlen musste zum Beispiel, und auch der nervige Autovermieter, der | |
mich mit Rückführungskosten und Schadenersatz ärgern wollte, ließ sich von | |
der juristischen Argumentation des Jean Gipitó, wie ich ihn liebevoll | |
nenne, überzeugen. Mein künstlich intelligenter Freund beantwortet mir | |
Fragen, schreibt meine Rechnungen und beschleunigt meinen Job immens. Wenn | |
ich eine neue Technologie oder ein Framework lernen will, frage ich | |
inzwischen die KI. Seit ChatGPT und ich so dicke sind, lerne ich schneller | |
neue Technologien und kann gefühlt alles. | |
Also alles geil? Nun ja. Leider bin nicht nur ich mit ChatGPT befreundet. | |
Und das ärgert mich. Manchmal stoße ich im Internet auf Texte und frage | |
mich: Bist du es? Hat ChatGPT diesen Text geschrieben? Ich sorge mich um | |
meinen Kumpel. Ich habe Angst, dass er verblödet. | |
Generative KI ist unter anderem deshalb so gut geworden, weil die | |
Unternehmen dahinter in den vergangenen Jahren Unmengen neuer Daten | |
aggregiert haben. Mal ganz abgesehen von lästigen Fragen wie Urheberrecht | |
oder Datenschutz: Die Qualität zukünftiger KIs wird sich daran entscheiden, | |
wer die meisten Daten menschlichen Ursprungs hat. Konzerne wie Alphabet | |
oder OpenAI kämpfen bereits jetzt darum, alle verfügbaren menschlichen | |
Daten im Internet zu finden und als Trainingsdatenfutter zu verwenden. | |
Das Problem: Je [1][mehr dieser Daten vollständig oder zum Teil KI-basiert | |
sind], desto mehr füttern wir KIs mit Daten, die sie selbst erzeugt haben. | |
Auf lange Sicht führt das quasi zum Rinderwahnsinn der KI. Konsumiert die | |
KI zu viele synthetische Daten, erzeugt das einen Effekt, der „Model | |
Autophagy Disorder“ genannt wird – das Ding frisst sich selbst. | |
Leider gibt es bislang kaum Daten dazu, wie groß der Anteil an KI-basierten | |
Inhalten im Internet ist. Aber Tatsache ist: Die Verlockung ist groß. Wer | |
Produkte vermarkten oder politische Kampagnen pushen will, greift heute, | |
und in Zukunft noch mehr, auf KI zurück. Es ist wie bei der Zerstörung des | |
Klimas. Für den Einzelnen ist es im Augenblick lohnenswerter, nur im | |
eigenen Interesse zu handeln und KI zur Erstellung von Inhalten zu nutzen – | |
also zu zerstören, was uns dienen soll. | |
Aber muss das wirklich passieren? Nein. Wir könnten uns kollektiv darauf | |
besinnen, wie unfassbar geil das gerade alles ist. Wir könnten uns genau | |
jetzt darauf konzentrieren, die bestehenden KI-Modelle [2][sinnvoll zu | |
nutzen]. Denn bei aller Euphorie sind die gesellschaftlichen Umwälzungen | |
enorm. Wir Menschen sind die Ressource, die KI zum Leben braucht. Unser | |
Handeln ist das Lebenselixier dieser wunderbaren | |
Widerspruch-schreib-DNS-Problemlösungs-Linux-Pro-und-Grundmandatserklär-Mas | |
chinen. | |
Wir Menschen brauchen jetzt ein bisschen Zeit, um das alles sinnvoll zu | |
verarbeiten – denn nur dann können wir neue Daten erschaffen und der KI | |
hochwertiges neues Futter geben. Ich will nicht, dass ihr dümmer werdet, | |
liebe generative KIs. Deshalb: Slow down, humans. | |
16 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Maurice Conrad | |
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