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# taz.de -- Entlastung im Gesundheitswesen: Ein Türsteher für die Notaufnahme
> Kleine Krankenhäuser schließen, immer mehr Menschen strömen in große
> Notaufnahmen. Deshalb wird in Freiburg per Algorithmus vorsortiert.
> Klappt das?
Freiburg taz | Wer in die Notaufnahme will, muss durch eine von zwei
silbernen Schiebetüren. So groß, dass ein Pferd hindurchpassen würde. So
industriell, dass man dahinter eine Kühlkammer erwartet. Triage 1 und
Triage 2 steht in großen schwarzen Buchstaben auf den Kabinen. Es pingt,
Nummer 0013 steht auf dem Flachbildschirm. Tür 1 rollt auf und eine Frau
lehnt sich heraus: „Ich mache die Ersteinschätzung“, sagt sie mit heller
Stimme und bittet die einzige Patientin herein, die um 9 Uhr an diesem
Sommermorgen im bereits stickigen Wartezimmer sitzt. Der Frau steckt eine
Scherbe im Fuß.
Triage, ein Wort, das Angst auslöst, seit sich in [1][Bergamo zu Beginn der
Coronapandemie die Särge stapelten]. In den überfüllten Kliniken mussten
die Ärzt:innen in der norditalienischen Stadt entscheiden: Wen können wir
noch behandeln, wer wird seinem Schicksal überlassen? Felix Hans steht vor
den zwei Türen und winkt lachend ab: „Hier geht es nicht darum, wer noch
beatmet wird und wer nicht.“ Triage bedeutet in der Notfallmedizin, die
Patient:innen systematisch einzustufen.
Hans ist Oberarzt an der Freiburger Universitätsklinik. Zurzeit steht er
allerdings weniger am Krankenbett, sondern arbeitet daran, die
Patientenströme besser zu lenken. Denn [2][die Notaufnahmen haben ein
Problem]: Die Anzahl der Patient:innen steigt seit Jahren stetig an.
Nicht weil mehr Menschen Unfälle haben, sondern weil [3][kleine
Krankenhäuser schließen] und es zu wenig Hausärzt:innen gibt – gerade
auf dem Land.
Also drängen die Menschen in die Notaufnahme der großen Kliniken. Wie die
in Freiburg. Vor allem die Krankenhausschließungen machen sich hier
bemerkbar: Jedes Jahr behandeln sie fast 10 Prozent mehr schwere Fälle.
Wenn das so weitergeht, „gehen wir unter“, sagt Hans.
Damit es nicht so weit kommt, wurde die Notaufnahme umgebaut. Der
Linoleumboden ist zwar noch krankenhausgrau, das Licht im Warteraum
neongrell, aber die Triage-Kabinen sind so in kaum einer anderen Klinik zu
finden. Links steht ein Stuhl, daneben liegt ein Fieberthermometer, in der
Ecke hängen Kotztüten. Für den Extremfall gibt es einen Defibrillator.
Seit Oktober 2023 werden die Patient:innen hier zuerst abgecheckt und
es wird entschieden: Ist das wirklich ein Fall für die Notaufnahme? Falls
nicht, werden sie in der angegliederten Notdienstpraxis untersucht.
Hans weiß, was es heißt, wenn die Krankenhäuser voll sind. Bis Oktober ist
er selbst noch im Helikopter zu Notfällen geflogen. Einmal landete er in
Kandern im Schwarzwald bei einer Frau, die eine Treppe heruntergefallen
war. Sie hatte schon blaue Flecken um die Augen, ein Zeichen für ein
schweres [4][Schädel-Hirn-Trauma], erinnert er sich.
Hans rief erst in Lörrach im Krankenhaus an: alles voll. Dann in Villingen
und in Basel, aber in der Schweiz wollen sie keine deutschen
Patient:innen. In Freiburg lehnten sie ab, weil sie nicht die nächste
Klinik waren. Nachdem er eine Stunde herumtelefoniert hatte, machte er eine
Zwangsbelegung und flog mit ihr nach Lörrach.
Der 43-Jährige, runde Brille, gescheiteltes braunes Haar, Motorradfahrer,
arbeitet seit zehn Jahren in der Notaufnahme in Freiburg. Jetzt will er
anhand von Daten herausfinden, wo es klemmt. „Wir wollen keine
Fließbandmedizin machen“, sagt er, und eine Wartenummer nach der anderen
abhaken. Aber sie wollen wissen, warum die Notaufnahme verstopft. „Kommen
am Sonntag um 18 Uhr einfach so viele Patienten? Oder nach einem
Fußballspiel, stehen da zwei Stunden später alle besoffen bei uns vor der
Tür?“
## Notfallmedizin bedeutet Druck
Er läuft durch die Krankenhausflure und fragt seine Kolleg:innen: „Noch
nicht im Urlaub? Die Kleine hat doch jetzt Ferien“, „Wann ist die
Abschlussarbeit fertig“ und bietet sein halbes Balisto an. Man nimmt es ihm
ab, wenn er sagt: „Ich will für meine Leute sorgen.“ In der Notaufnahme
arbeitet man in Schichten, rund um die Uhr. „Die haben ein totes Kind auf
dem Arm und sollen sich eine halbe Stunde später wieder um ein Sprunggelenk
kümmern.“ Der Druck sei enorm.
Unter Notfallmediziner:innen gebe es daher eine hohe
Suchterkrankungsrate, sie ließen sich oft scheiden, hätten eine hohe
Selbstmordrate, sagt Hans. Und das sei nicht nur ein Freiburger Problem,
sondern weltweit so. Also sucht er nach Wegen, sie zu entlasten, [5][auch
damit sie an der Uniklinik bleiben].
Durch die vielen Schnupfenpatient:innen hätten die Ärzt:innen einen
weniger freien Kopf für die Schwerkranken – um die es hier eigentlich geht.
Hans öffnet die Tür zum Schockraum. Ein Raum, in den man nie geschoben
werden will und gleichzeitig dankbar ist, dass es ihn gibt. Es sieht aus
wie im Inneren einer Rakete, überall Knöpfe, Schläuche, Displays. Hier
werden Menschen wiederbelebt.
Alle Notfallpatient:innen in Deutschland sollen spätestens nach 10
Minuten ersteingeschätzt werden, das ist die Vorgabe. In der Praxis weicht
das in vielen Krankenhäusern ab. Sie messen erst die Zeit, wenn sich die
Patient:innen offiziell anmelden. Dass sie vorher schon im Wartezimmer
saßen, wird ignoriert. Siebzig Prozent der Patient:innen kommen
selbstständig in die Freiburger Notaufnahme, sie ziehen jetzt als Erstes
eine Nummer. Dann läuft die Zeit.
0043 steht gegen 12.30 Uhr auf dem ausgedruckten Bon. Der Mittwochvormittag
war ruhig, auch während der Mittagspausenzeit kommt kaum jemand. Am
Wochenende würden die Wartemarken schon im Hunderterbereich liegen, sagt
Carolin Meisel. Sie trägt Mundschutz, Turnschuhe mit federnder Sohle und
macht heute die Ersteinschätzung in Kabine 1. Bevor sie zur
Triage-Pflegekraft weitergebildet wurde, hat sie in der Notaufnahme
gearbeitet. Jetzt entscheidet sie, wie dringend eine Behandlung ist.
Per Knopfdruck öffnet Meisel die Schiebetür und ruft 0043 auf, ein junger
Mann steht auf. In einer fließenden Bewegung legt sie ihm die
Blutdruckmanschette um den Arm, klemmt ein Sauerstoffmessgerät an seinen
Finger, steckt das Thermometer ins Ohr und hört gleichzeitig zu.
Er ist wegen eines Abszesses am Gesäß da, der aufgeschnitten werden muss,
damit der Eiter abfließt. „Beschreiben Sie mir die Größe als Obstkern“,
sagt sie. Er schätzt mit den Fingern, zwischen Daumen und Zeigefinger würde
ein Aprikosenkern passen. Meisel entscheidet sich für die Notaufnahme. Bei
Kirschkerngröße wäre es die Praxis gewesen, sagt sie.
In der linken Bildschirmecke läuft eine Uhr und misst, ob die 10 Minuten
eingehalten werden. Durchschnittlich warten Patient:innen gerade 1
Minute und 24 Sekunden, bis sie für die Triage aufgerufen werden.
Einschließlich der Ersteinschätzung sind es 5:42 Minuten. Diesmal waren es
knapp 4 Minuten. Der Mann verlässt die Kabine. „Der roten Linie nach“, sagt
Meisel noch. Auf seinem ausgedruckten Triage-Protokoll steht Stufe 4.
Wer in welche Stufe gehört, legt der international gültige
Triage-Algorithmus ESI fest. Carolin Meisel kennt ihn auswendig. Trotzdem
hat sie ihn in ein kleines Notizbuch geklebt, das sie in ihrem Kittel bei
sich trägt. Das System unterscheidet zwischen fünf Stufen. Eins heißt:
sofort Leben retten! Zwei bedeutet, die Person befindet sich in einer
Hochrisikosituation und muss in den nächsten 10 Minuten von einer Ärztin
gesehen werden.
Danach folgt die entscheidende Abstufung, der Wartebereich.
Patient:innen ab Level 3 können warten, ohne dass sich ihr Zustand
verschlechtert. Stufe 5 ist am wenigsten dringlich und die Menschen landen
häufig in der ambulanten Notfallpraxis.
Während der Ersteinschätzung gibt Meisel den Grund für den
Krankenhausbesuch und alle gemessenen Vitalwerte in den Computer ein.
Herzfrequenz, Blutdruck und Blutsauerstoff, den empfundenen Schmerz und die
Körpertemperatur. Sofort spuckt die neue Triage-Software eine Stufe und
einen Sektor aus, also Notaufnahme oder Praxis.
## Unterstützung vom Algorithmus
Das Programm ist neben den Triage-Kabinen die zweite Neuheit in der
Freiburger Notaufnahme. Felix Hans hat es mit einem Kollegen entwickelt.
Dafür haben sie Ärzt:innen aus der Unfallchirurgie, der neurologischen
und klinischen Notfallmedizin, Patient:innen mit unterschiedlichen
Beschwerden gezeigt und gefragt, wie sie die Fälle einstufen würden. Auf
Basis ihrer Einschätzungen und der gemessenen Vitalwerte entscheidet die
Software.
Diesem Vorschlag kann Carolin Meisel zustimmen oder eine andere Stufe
auswählen. „Meistens bin ich entspannter als das Programm“, sagt sie. Wie
beim nächsten Patienten. Er hat Grippesymptome – Fieber, Schnupfen, hustet
– und einen erhöhten Puls. Als sie die Herzfrequenz in den Computer tippt,
springt das System auf Stufe 2. Das Feld leuchtet rot. Die Maschine sagt:
Hochrisikosituation! Die Fachfrau sagt: „Unsportlicher Patient.“ Wenn man
nicht fit ist und dann ein paar Tage Fieber hatte, sei es normal, dass der
Puls hoch ist. Sie wählt Stufe 4 aus und schickt den Mann in die Praxis.
13.20 Uhr, Nummer 0045 hat Kopfdruck, seit zwei Tagen. „Waren Sie schon
[6][beim Hausarzt]?“, fragt sie. Er schüttelt den Kopf. „Haben sie Stress?…
„Ein bisschen.“ Meisel klickt auf die 5. „Der hat nichts“, sagt sie, al…
raus ist.
Warum setzen sie die Patient:innen mit Schnupfen, Kopfweh und
Mückenstichen nicht wieder vor die Tür? Das ist immerhin eine Notaufnahme
und keine Apotheke. Krankenhäuser dürfen Patient:innen ablehnen, wenn
es sich nicht um einen Notfall handelt. Aber Hans findet: „Selbst wenn Sie
nur einen Schnupfen haben, ist da eine subjektive Not.“ Sie wollen deshalb
direkt helfen.
Mitte Juli hat [7][Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach das Gesetz zur
Notfallreform] auf den Weg gebracht. Es will, was in Freiburg schon Praxis
ist: Integrierte Notfallzentren. Also ambulante Praxen, die der Notaufnahme
angegliedert sind, um für Entlastung in den Kliniken zu sorgen. Deshalb
erwartet Hans, dass sie die Ersteinschätzung durch eine ausgebildete
Triage-Pflegekraft bald bezahlt bekommen.
Bisher ist das nicht der Fall, weil die Krankenkassenkarte erst hinter der
Triage-Kabine durchgezogen wird – entweder in der Notfallpraxis oder der
Notaufnahme. Noch geht die Uniklinik also in Vorleistung, weil es sich am
Ende lohnen könnte: Entlastetes Personal, mehr Kapazitäten für schwere
Fälle, verkürzte Wartezeiten für die Patient:innen.
Oberarzt Hans nennt einen weiteren Grund: „Wenn sie ein Hammer sind, sehen
sie immer einen Nagel, den sie in die Wand schlagen wollen.“ So würden
Mediziner:innen auch funktionieren. Kardiologinnen vermuteten überall
Herzinfarkte, der Neurologe wolle immer ein CT, die Internistin ein
Blutbild. Dass alle Patient:innen zu den einzelnen Spezialist:innen
durchrutschen, sei daher nicht sinnvoll. Nicht jeder Bauchschmerz müsse in
der Notaufnahme untersucht werden.
Seit Oktober 2023 wurden mehr als 40.000 Patient:innen mit der neuen
Software ersteingeschätzt. Hans scrollt durch Graphen auf seinem
Bildschirm, die die Patientenzahlen der vergangenen zehn Monate in bunten
Kurven abbilden. Insgesamt landen seit Einführung des neuen Systems 4
Prozent weniger Patient:innen in der Notaufnahme. „Das ist nicht der
Wahnsinn“, findet er, „aber der Wachstumstrend ist gebrochen.“
Wenn man sich die Verteilung in den fünf Triage-Kategorien aber einzeln
anschaut, fällt etwas auf: Die weniger dringlichen Fälle haben vorher 40
Prozent aller Patient:innen ausgemacht. Jetzt sind es 30 Prozent. Die
wirklich akuten Fälle sind hingegen von 17 Prozent auf 33 Prozent
gestiegen.
„Hier zeigt sich wahrscheinlich der überregionale Effekt“, sagt Hans. Beim
Schädel-Hirn-Trauma aus dem Schwarzwald könnten sie jetzt sagen: „Kommt
her, wir haben Platz.“ Wenn der verknackste Fuß in der ambulanten Praxis
untersucht wird, haben die Ärzt:innen in der Notaufnahme mehr Kapazitäten
für Menschen, die in Lebensgefahr sind.
Aber die Kassenärztliche Vereinigung sieht ein Problem: Wenn
Hausärzt:innen Dienste in der Notfallpraxis im Krankenhaus übernehmen,
müssen sie ihre Praxis in der Zeit schließen. Weshalb dann wieder mehr
Patient:innen in die Notaufnahme gehen könnten. Ob das also wirklich
Druck von den Krankenhäusern nimmt, bezweifeln sie.
Wer von der vorgelagerten Ersteinschätzung angetan sein dürfte, sind die
Krankenkassen. Bei einer Patientin, die mit unklaren Bauchschmerzen in die
Notaufnahme kommt, könnte das so aussehen, Hans rechnet vor: Sie liegt vier
Stunden lang auf dem Bett, bekommt Schmerzmittel, vielleicht intravenös,
der Blutdruck wird gemessen und das Krankenhaus rechnet die Untersuchung
als stationären Fall ab.
Das kostet im Durchschnitt 580 Euro. Hausärzt:innen, also auch die
angedockte Notfallpraxis, rechnen nach der Versichertenpauschale ab. Die,
je nach Alter der Patient:innen, etwa zwischen 15 und 30 Euro liegt. Ein
Patient, der nicht in die Notaufnahme muss, sondern genauso gut in der
Praxis behandelt werden kann, kostet das Gesundheitssystem also rund 30-mal
weniger.
Gerade überarbeiten Hans und sein Kollege den Algorithmus mit den neu
gewonnenen Daten. Theoretisch könnte daraus eine künstliche Intelligenz
entwickelt werden, die irgendwann die Triage übernimmt. Mit jeder Nummer,
die vorne am Eingang gezogen wird, werden schließlich sehr genaue, aber
anonyme Daten gesammelt, was sie einfach verfügbar macht.
Bis sie ihre Software mit KI weiterentwickeln können, werden aber noch
zwei, drei Jahre vergehen, schätzt Hans. Zuerst müssen sie einige Auflagen,
die für Medizinprodukte gelten, erfüllen. Noch ist alles in der Testphase.
Und noch wählt Carolin Meisel fast immer eine andere Stufe als die Software
aus. Sie stuft nicht nur runter, wenn Patient:innen durch eine Grippe
einen erhöhten Puls haben, sondern auch hoch, weil sie eben keine Maschine
ist. An einem heißen Sommertag ziehe sie eine Schwangere, die nur ein
Rezept braucht, zum Beispiel vor, damit sie sich schneller wieder zu Hause
auf der Couch ausruhen kann.
Oder um 15 Uhr, als Meisels Kollegin schnell reagiert. Eine Patientin ist
in einer psychischen Notsituation. Sie setzt sich immer wieder hektisch vom
Stuhl auf den Boden und zurück. Auf ihrem Kleid ist am Rücken ein großer
nasser Fleck, weil sie sich Wasser über den Kopf gekippt hat. Ihr Schädel
brenne wie ein Vulkan. Die Triage-Pflegekraft hakt sich die Patientin unter
den Arm und bringt sie direkt zu einer Ärztin.
## Die Maschien könnte Alarm schlagen
Felix Hans sagt auch: „Was nicht passieren darf, ist, dass eine
[8][Maschine medizinische Entscheidungen] trifft.“ Er sieht aber Potenzial
darin, dass eine Software schnell Vorhersagen trifft und die Ärzt:innen
warnen kann. Bei der Erkennung einer Blutvergiftung, wo es auf jede Minute
ankommt, könne künstliche Intelligenz einen entscheidenden Unterschied
machen.
„Wenn Opa Klaus kurzatmig, mit Schwindel und niedrigem Blutdruck in die
Notaufnahme kommt, könnte die Maschine Alarm schlagen“ – weil sie weiß,
dass 300 andere Patient:innen mit denselben Symptomen eine
Blutvergiftung hatten. Der frühe Patientenkontakt, bei dem systematisch die
Vitalwerte gemessen werden, Hans sieht darin eine Chance.
Einen Patienten aus seinen ersten Klinikjahren kann er nicht vergessen. Der
Mann war mit Verdacht auf Nierensteine in die Klinik gekommen und sollte
vom Urologen untersucht werden. Hans lief an seinem Zimmer vorbei, er lag
mit hochgelagerten Beinen im Bett. Er dachte: „Nierensteine, da hat man
starke Schmerzen, aber muss normalerweise nicht den Kreislauf
stabilisieren.“
Hans holte den Ultraschall, sah die aufgerissene Aorta. Noch während er den
Mann in den Schockraum schob, ist er gestorben. „Das hätte nicht passieren
müssen“, sagt Hans. Wenn sofort die Vitalwerte gemessen worden wären,
hätten sie die unnatürlich hohe Herzfrequenz festgestellt, und dass
wahrscheinlich kein Nierenstein die Ursache für seine Schmerzen war. Mit
dem neuen Triage-System hätte der Mann also gerettet werden können, glaubt
Hans.
Sieben Stunden in der Freiburger Notaufnahme, ein Mann Ende 30 betritt die
Triage-Kabine. Hauptbeschwerde: Mundgeruch. Die Triage-Pflegekraft
durchsucht ein-, zwei-, dreimal die Tabelle, die sämtliche Besuchsgründe
auflistet – vergeblich. Stufe 5, klickt sie an, kein Fall für die
Notaufnahme.
3 Sep 2024
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Sophie Fichtner
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