# taz.de -- Renaturierung von Flüssen: Zurück zur Natur | |
> Flussläufe zu renaturieren ist eine sinnvolle Angelegenheit. Doch es ist | |
> ein schwieriges Unterfangen, wie ein Besuch an der Wümme bei Bremen | |
> zeigt. | |
Bild: Hier sozusagen am Arbeitsplatz: Georg Musiol ist einer der beiden Leiter … | |
Bremen taz | Die Wümme ist in ihrem Unterlauf nördlich von Bremen ein | |
idyllisch mäandernder Fluss, gesäumt von breitem Schilfröhricht und Weiden. | |
Hier ein Graureiher, dort eine Rohrweihe. Eine intakte Flusslandschaft, | |
denkt, wer hier mit Rad oder Kanu unterwegs ist. Doch der Eindruck täuscht. | |
[1][„Hier fehlen sehr viele Arten“], sagt Georg Musiol. | |
Der sportliche 72-Jährige steigt vom Rad und zeigt auf einen der | |
zahlreichen Tümpel, die die Wümme an beiden Ufern begleiten. „Das wären | |
eigentlich ideale Kinderstuben für Fische.“ Doch sie fallen aufgrund des | |
starken Tidenhubs in diesem Flussabschnitt zwei Mal am Tag trocken. Dann | |
glänzt schokoladenbrauner Schlamm in der Sonne, zurück bleiben kleine | |
Pfützen modrigen Wassers. Das und die hohe Fließgeschwindigkeit verhindern | |
das Ansiedeln von Wasser- und Uferpflanzen. Diese fehlen nicht nur Laich | |
und Larven vieler Arten, sondern auch Insekten als Lebensraum und diese | |
wiederum Vögeln, die sich von ihnen ernähren. | |
Georg Musiol ist angetreten, das zu ändern, Quappe, Hecht, Tüpfelralle und | |
Löffelente anzulocken. Bis 2017 war er Abteilungsleiter in der Bremer | |
Umweltbehörde. Jetzt leitet er gemeinsam mit einem anderen Rentner das auf | |
sechs Jahre angelegte [2][Projekt „Auenlandschaft Untere Wümme“] im Auftrag | |
der Stiftung Nordwest Natur. 7,6 Millionen Euro stehen für eine | |
Flussstrecke von 18,5 Kilometern zur Verfügung. | |
Man kann es nett finden, wenn Rentner Flüssen zu einem Zustand verhelfen, | |
der nicht nur den Bedürfnissen von Menschen, sondern auch denen von | |
Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen gerecht wird. Oder man kann fragen: | |
Echt jetzt? [3][Das ökologische Gleichgewicht von Flüssen] ist dem | |
Engagement Einzelner und damit auch dem Zufall überlassen? | |
## „Es ist ein zäher Kampf“ | |
„Ja, das kann man so sagen“, sagt Rocco Buchta am Telefon. Er kennt sich so | |
gut mit dem Thema aus wie vielleicht kein Zweiter. Beim Nabu, dem | |
Naturschutzbund Deutschland, leitet er das Institut für Fluss- und | |
Auenökologie. 1965 geboren, hat der promovierte Wasserbauingenieur schon | |
während der Wendezeit angefangen, sich für die [4][Renaturierung der | |
Unteren Havel] einzusetzen, lange Zeit in seiner Freizeit, unentgeltlich. | |
Heute koordiniert er das von ihm initiierte Naturschutzprojekt Untere | |
Havelniederung, das nach eigener Darstellung größte Projekt dieser Art | |
Europas. 1995 schrieb Rocco Buchta das Konzept, 2005 begannen die | |
Planungen, 2010 die Umbauten, 2034 soll das Vorzeigeprojekt abgeschlossen | |
sein. | |
„Es ist ein zäher Kampf“, sagt er. Die Tatsache, dass Flüsse Kreis- und | |
Ländergrenzen überqueren, mache ihn nicht leichter. Viele Behörden seien | |
überfordert, auch wenn es in ihnen Leute gebe, die die Dringlichkeit | |
verstanden hätten. Aber dann fehle an zu vielen Stellen doch das Geld, das | |
Problem systematisch anzugehen. Naturschutz habe keine Priorität. Richtig | |
schimpfen will Rocco Buchta allerdings nicht. Er sei froh über alle, die | |
sich engagieren. | |
Zum Beispiel der Bremer Georg Musiol. Der ist seit November fast jeden Tag | |
auf den Straßen links und rechts der Wümme unterwegs, mit einem eigens | |
dafür angeschafften E-Bike. Mit 20 Wochenstunden ist er bei einer | |
Tochtergesellschaft der Stiftung angestellt. Tatsächlich arbeite er viel | |
mehr. Wie viel mehr, will er nicht sagen. Er möchte lieber über die Wümme | |
reden, die in diesem Bereich eine natürliche Grenze zwischen zwei | |
Bundesländern bildet. | |
Am Bremer Ufer fährt man auf dem Deich: An der schmalen, für den | |
Durchgangsverkehr gesperrten Straße stehen ein paar Einfamilien- und viele | |
Bauernhäuser; das Blockland ist Bremens Agrarzentrum. Die meisten Landwirte | |
hier halten Milchvieh, für alles andere ist der Marschboden zu nass. Am | |
niedersächsischen Ufer führt der Weg hinter dem Deich an Feldern und Wiesen | |
entlang, Häuser stehen hier nur wenige. | |
## „Wir wollten es noch mal wissen“ | |
Die Gegend kannte Georg Musiol schon vorher gut, er war Präsidiumsmitglied | |
der Stiftung Nordwestnatur. Diese bemüht sich seit 1999 um den Erhalt der | |
Wümmelandschaft. Mit deren ehemaligem Geschäftsführer hat er das Projekt | |
ausgeheckt. Beiden war Urlaub und Hobbypflege im Ruhestand zu wenig. „Wir | |
wollten es einfach noch mal wissen.“ | |
Sie wussten, woher sie das Geld für die Renaturierung bekommen würden: Aus | |
dem [5][2017 beschlossenen Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“]. Nach | |
ihm sollen Flüsse vom Verkehrsministerium und seinen nachgeordneten | |
Behörden nicht mehr nur als Wasserstraßen für den Schiffsverkehr entwickelt | |
werden, sondern auch als Lebensräume. Es geht wie andere, teils ältere | |
Renaturierungsprogramme der Bundesländer zurück auf die bereits im Jahr | |
2000 verabschiedete EU-Wasserrahmenrichtlinie. Bis 2027 sollen danach | |
Oberflächengewässer „in einen guten ökologischen Zustand versetzt werden�… | |
Doch dem Bund gehören nur Flussbetten und unmittelbare Ufer der großen | |
Bundeswasserstraßen sowie einiger Nebenstrecken, insgesamt 7.300 | |
Flusskilometer. An ihnen haben die Wasser- und Schifffahrtsämter neun | |
eigene Projekte umgesetzt, an Weser, Fulda und Rhein. Die meisten umfassen | |
nur wenige Kilometer. | |
Wer den ökologischen Zustand von Flüssen als Biotope verbessern will, muss | |
sich aber auch um die angrenzenden Flächen kümmern. Deshalb hat das | |
Bundesumweltministerium 2019 ein flankierendes Förderprogramm zur | |
naturnahen Auenentwicklung aufgelegt. Auen sind natürliche | |
Überschwemmungsgebiete, Landschaften, die Flüsse begleitet haben, bevor der | |
Mensch sie begradigte und zwischen künstlich befestigte Ufer zwängte, oft | |
vor Jahrhunderten schon. Sie bieten nicht nur besonders vielen Arten einen | |
Lebensraum, sondern [6][können zugleich Hochwasser regulieren, indem sie | |
Wasser aufnehmen und langsam wieder abgeben]. | |
## Nach jedem Hochwasser aufs Neue | |
Doch zwei Drittel der Auen sind eingedeicht und können dieser Funktion | |
deshalb nicht nachkommen, wie der letzte [7][Auenzustandsbericht] aus dem | |
Jahr 2021 zeigt. Dabei heißt es seit über 25 Jahren, man müsse „den Flüss… | |
mehr Raum geben“. Nach jedem Hochwasser aufs Neue, auch dieser Tage wieder. | |
Tatsächlich hat sich die Fläche der überschwemmbaren Auen zwischen 2009 und | |
2021 um gerade einmal 1,5 Prozent vergrößert. Seitdem sind zwar weitere | |
Deiche zurück verlegt worden, wie [8][dem aktuellen Bericht des nationalen | |
Hochwasserschutzprogramms] zu entnehmen ist. Aber das Tempo wirkt behäbig | |
angesichts der sich häufenden Flutkatastrophen. | |
Nun haben [9][Deichrückverlegungen und andere Hochwasserschutz-Maßnahmen] | |
nicht automatisch einen ökologischen Mehrwert. So wie umgekehrt Flüsse | |
renaturiert werden können ohne nennenswerte [10][Effekte für den | |
Hochwasserschutz]. Auch an der Unteren Wümme geht es in erster Linie um | |
Artenvielfalt. Aber nicht nur. | |
Georg Musiol lehnt sein Rad an das Geländer der Wümme-Brücke bei | |
Lilienthal. Von hier bis zur Mündung soll der Fluss renaturiert werden. | |
Georg Musiol hat im Winter gesehen, wie hier [11][das Wasser wochenlang auf | |
den Wiesen stand] und in die angrenzenden Wohngebiete drückte. In der | |
Region mussten Häuser und Höfe evakuiert werden, die Pegel stiegen an | |
vielen Stellen so hoch wie nie zuvor. Eine Machbarkeitsstudie soll nun | |
prüfen, ob ein künstlicher Nebenarm an dieser Stelle für Entlastung sorgen | |
kann. | |
Beantragt hatten Georg Musiol und seine Mitstreiter die Studie lange vor | |
dem Hochwasser. Nach vier Jahren Planung und Abstimmung kam Ende 2023 die | |
Finanzierungszusage für ihr Projekt. Allerdings aus dem ganz neuen, erst im | |
März 2023 beschlossenen Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz. Der Bund | |
übernimmt drei Viertel der Kosten, den Rest teilen sich die Länder Bremen | |
und Niedersachsen sowie die Stiftung, die dafür von den | |
Umweltschutzverbänden BUND und WWF unterstützt wird. Mit dem Geld sollen | |
unter anderem Schwellen zwischen Fluss und Tümpeln eingebaut werden, damit | |
das Wasser nicht mehr ganz abfließen und strömungsberuhigtes Süßwasserwatt | |
entstehen kann. An anderen Stellen werden ehemalige Entwässerungsgräben mit | |
einem Propfen verschlossen, sodass die Wiesen dauerhaft feucht bleiben. | |
## Der menschengemachte Unterschied | |
Verantwortlich für den großen Einfluss der Gezeiten auf den Wasserstand bis | |
hinein in die Stadt Bremen ist [12][der kontinuierliche Ausbau von Außen- | |
und Unterweser] als Schifffahrtsstraße. Jede Vertiefung deren Fahrrinne | |
wirkt sich auch auf die Zuflüsse aus. Die Wümme fließt in die Lesum und | |
diese nach zehn Kilometern in die Weser. Mit der Flut drängt das Wasser ins | |
Land zurück. | |
Den menschengemachten Unterschied kann man messen. Im Blockland liegen | |
Georg Musiol zufolge zwischen Hoch- und Niedrigwasser im Mittel 225 | |
Zentimeter. Um 1900 sollen es nur 80 Zentimeter gewesen sein. Man könne den | |
Tidenhub auch durch technische Maßnahmen an der Mündung reduzieren, sagt | |
Georg Musiol. „Wir erwarten vom Bundesverkehrsministerium, dass hier etwas | |
passiert.“ Es gelte das Verursacherprinzip. | |
Es gibt nach Angaben des Bundesamts für Naturschutz zehn Projekte, die seit | |
2020 über die zwei Programme im Blauen Band Deutschland gefördert wurden, | |
die meisten davon mit Beträgen zwischen 2 und 17 Millionen Euro, vier | |
befinden sich entweder ganz oder teilweise in Niedersachsen. Hinzu kommen | |
drei Vorhaben, bei denen die Voruntersuchung gefördert wird. Antragsteller | |
sind häufig Naturschutzverbände. In einem Fall arbeitet der Nabu mit einem | |
Landkreis zusammen; eigene Anträge haben nur drei Kommunen gestellt. An der | |
Unteren Wümme kooperieren neun Organisationen und Institutionen, deren | |
Interessen miteinander abgestimmt werden müssen. | |
Die überschaubare Zahl an Projektanträgen – nur einer wurde nach Angaben | |
des Bundesamts abgelehnt – hat damit zu tun, dass man sich durch ein | |
Dickicht an Förderrichtlinien kämpfen muss. „Naturnahe Gewässerentwicklung | |
ist ein komplexes Unterfangen“, [13][heißt es auf der Homepage des | |
Bundesumweltamts], „es gilt verschiedene Interessen abzuwägen und | |
vielfältige Gesetzesvorgaben zu berücksichtigen“. Wie komplex das ist, | |
[14][illustriert ein schwindelerregendes Schaubild auf der Seite]. Nicht | |
minder abschreckend wirkt die Auflistung der diversen Finanzierungsquellen | |
von Bund, Ländern, Kommunen und der Europäischen Union; das blaue Band ist | |
nur eins von vielen Förderprogrammen. | |
## Problem der Flächenverfügbarkeit | |
Und dann ist da noch das Kleingedruckte: „Eine wesentliche Voraussetzung | |
für eine naturnahe Gewässerentwicklung ist die Sicherung der dafür | |
notwendigen Flächen“ – „die fehlende Flächenverfügbarkeit“ sei „di… | |
Herausforderung“. Das ist auch einer der Gründe, warum der Hochwasserschutz | |
nur so langsam voran kommt. Denn die Auen, wenn sie nicht überbaut wurden, | |
gehören immer irgendwem, im ländlichen Raum meistens Bauern. Und die hängen | |
an ihrem Besitz, selbst wenn es sich um landwirtschaftlich nicht nutzbare | |
Flächen handelt. | |
Diese Erfahrung macht gerade Georg Musiol. Er muss mit etwa 30 bis 40 | |
Parteien darüber verhandeln, ob sie der Stiftung Nordwest Natur Flächen | |
verkaufen oder die Nutzungsrechte abtreten. Mit etwa der Hälfte habe er | |
schon gesprochen, die ersten Verträge seien unterschriftsreif, ein Verkauf | |
abgeschlossen. Manche Grundstückseigentümer:innen seien sehr | |
aufgeschlossen, sagt der studierte Jurist. „Andere gucken konsterniert, | |
wenn sie den Quadratmeterpreis hören.“ | |
Eine halbe Million Euro hat er insgesamt für den Flächenankauf zur | |
Verfügung, er orientiert sich an den Preisen des Deichverbands rechts der | |
Weser. „Manche Eigentümer hätten gerne das Doppelte.“ Und dann gebe es di… | |
die partout nicht verkaufen wollen, weil die Flächen schon immer in | |
Familienbesitz waren. Oder mehrere Parteien, die sich nicht einigen können, | |
etwa zerstrittene Geschwister. Solche Befindlichkeiten können dazu führen, | |
dass sich eine Maßnahme an einer Stelle nicht umsetzen lässt. | |
Georg Musiol deutet an, dass er Fingerspitzengefühl für die | |
Verkaufsgespräche braucht. Er bekommt mit, welche Nachbarn seit Jahrzehnten | |
nicht mehr miteinander reden, hat zum Teil mit sehr betagten Menschen zu | |
tun, hört von Leid und Krankheit. Er bittet die taz darum, in dieser Phase | |
des Projekts nicht die Landbesitzer:innen anzusprechen. „Die Gefahr | |
ist hoch, dass die Türen zugehen und die kriegen Sie nicht mehr auf.“ | |
## „Auen des Blauen Bands“ | |
Das bestätigt Thomas Arkenau aus dem benachbarten Landkreis Verden. Dieser | |
setzt als Kommune gemeinsam mit dem Nabu derzeit [15][das Projekt | |
„Allervielfalt Verden“] um. Es ist mit 16,8 Millionen Euro für eine 30 | |
Kilometer lange Flussstrecke das bislang finanzstärkste | |
Renaturierungsvorhaben im Förderprogamm Auen des Blauen Bands. | |
Thomas Arkenau hat es noch in seiner Funktion als Leiter der | |
Naturschutzbehörde mit angeschoben, den Impuls hatte der örtliche | |
Nabu-Verein gegeben. Jetzt, ebenfalls als Rentner, ist Arkenau mit zehn | |
Wochenstunden angestellt. Er ist wie Georg Musiol in Bremen nicht der | |
einzige Mitarbeiter im Team und will das Projekt nicht bis zum Ende leiten, | |
sondern vor allem die schwierigen Verhandlungsgespräche am Anfang führen. | |
„Ich weiß, mit wem man in welcher Reihenfolge reden muss“, sagt er am | |
Telefon. | |
Er kennt viele Bauern in der Gegend, weil er das alles schon einmal gemacht | |
hat, die Wümme ein paar Kilometer flussaufwärts. Ende der 80er Jahre war | |
das, nach einem Studium der Landschaftsplanung und Ökologie hatte er in der | |
Naturschutzbehörde angefangen. Die hatte sich vorgenommen, die Fischerhuder | |
Wümmeniederung zu renaturieren, ein verzweigtes Binnendelta, das in der | |
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf drei Wümme-Hauptarme verknappt | |
wurde. Der Tidenhub fällt hier nur gering aus. | |
Thomas Arkenau traf damals auf Carsten Puvogel, dessen Familie seit | |
mindestens 400 Jahren in Fischerhude Landwirtschaft betreibt. Heute führt | |
Carsten Puvogel – „Jahrgang 1957, derselbe wie Thomas, glaube ich“ – mit | |
seiner Tochter einen von nur noch sechs Höfen im Ort, sie halten 140 | |
Milchkühe, seit zwei Jahren mit Biosiegel. [16][Als er 1987 erstmals Wind | |
bekam von den Plänen], die Wümmeniederung unter Naturschutz zu stellen, | |
fürchtete er wie die anderen Bauern im Ort um seine Existenz. „Wir hätten | |
uns an alle möglichen Auflagen halten müssen, die Flächen nicht mehr | |
wirtschaftlich nutzen können“, erzählt er auf der Kücheneckbank im | |
Bauernhaus. In der Lokalzeitung lässt sich nachlesen, wie die verschiedenen | |
Parteien miteinander stritten, sich gegenseitig der Kompromisslosigkeit | |
bezichtigten. Gegner des Vorhabens stellten Schilder auf – „Dieser Ort | |
stirbt durch Naturschutz“ –, auch Treckerdemos soll es gegeben haben. | |
## Heute ein Vorzeigeprojekt | |
Die Fischerhuder Wümmeniederung gilt heute als [17][Vorzeigeprojekt | |
gelungener Flussrenaturierung], 1992 hat sie begonnen. Gelöst wurde der | |
Konflikt, als den Landwirten im Rahmen einer Flurbereinigung Flächen zum | |
Tausch angeboten wurden, was ihnen größere Einheiten bescherte. Zudem | |
verzichtete die Behörde auf Flächen, die nah an Hof oder Ställen lagen. | |
Statt 840 war das Naturschutzgebiet so nur noch 750 Hektar groß. | |
Nicht alle waren damals zufrieden, sagt Carsten Puvogel, aber heute | |
beschwere sich niemand mehr. Auch er ist froh, dass er seinen | |
ursprünglichen Widerstand aufgab. „Es würde hier heute sonst ganz anders | |
aussehen“, sagt er. „Noch mehr Mais.“ Der Fischotter und andere Arten wä… | |
wohl nicht zurück gekommen, [18][sogar der Lachs hat sich nach einem | |
Bericht des Landes Niedersachsen] aus dem Jahr 2012 wieder vermehrt. Er, | |
der langjährige CDU-Politiker, sei über die Auseinandersetzung damals zum | |
Umweltschützer geworden, sagt Carsten Puvogel, und Thomas Arkenau, der von | |
der anderen Seite, ein Freund. | |
Zum Schluss des Besuchs zeigt Carsten Puvogel im Ort eine der Sohlgleiten, | |
die die alten Wehre ersetzt haben. Der von Erlen gesäumte Fluss rauscht | |
über Stufen aus großen Feldsteinen ein leichtes Gefälle hinunter. Fische | |
und Kleinstlebewesen können hindurch, der Fluss wird vor dem Austrocknen | |
geschützt. „Manche im Ort hatten Sorge, dass das nicht klappt, aber ich | |
habe den Ingenieuren vertraut“, sagt der Landwirt und guckt von der alten | |
hölzernen Wehrbrücke hinunter aufs Wasser. Langsam fließt es auf die Stufen | |
zu und schnell hindurch. | |
500.000 Kilometer Fluss soll es in Deutschland geben, das entspricht 12,5 | |
Erdumrundungen. Es ist mehr blaues Netz als blaues Band. Es gibt ein | |
unsichtbares, sehr lockeres Netz, was darüber liegt. Menschen verbinden | |
sich miteinander, um Flüssen ihre Lebenskraft zurück zu geben. | |
30 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /EU-Einigung-bei-Land--und-Meeresschutz/!5972166 | |
[2] https://www.bfn.de/projektsteckbriefe/auenlandschaft-untere-wuemme | |
[3] /Umweltschuetzer-ueber-Hochwasser-in-Bayern/!6015384 | |
[4] /Gewaesser-und-Klimawandel/!5880053 | |
[5] https://www.blaues-band.bund.de/Projektseiten/Blaues_Band/DE/01_Bundesprogr… | |
[6] /Oekologe-ueber-Ueberschwemmungsgebiete/!5979974 | |
[7] https://www.bfn.de/auenzustand | |
[8] https://www.lawa.de/documents/anlage-1-nhwsp-massnahmenliste-2024-barrieref… | |
[9] /Hochwasserschutz-in-Deutschland/!6017264 | |
[10] /Hochwasserschutz-in-Sachsen/!6022228 | |
[11] https://www.rathaus.bremen.de/sixcms/media.php/13/top+15_20240514_Hochwass… | |
[12] /Streit-um-Weservertiefung/!5967566 | |
[13] https://www.umweltbundesamt.de/renaturierungen-planen-umsetzen-kontrollier… | |
[14] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2113/bilder/grpl… | |
[15] https://www.allervielfalt.de/ | |
[16] https://ezeitung.weser-kurier.de/titles/weserkurier/6593/publications/4556… | |
[17] https://www.landkreis-verden.de/portal/seiten/naturschutzgrossprojekt-fisc… | |
[18] https://www.laves.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presse/presseinfor… | |
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Eiken Bruhn | |
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