# taz.de -- Nazi-Thriller „The Order“ in Venedig: Der Orden des weißen Has… | |
> Lidokino 5: In Justin Kurzels Actionthriller „The Order“ geht es um | |
> Nazi-Terror in den USA. Er basiert auf einem wahren Fall. | |
Bild: Jude Law spielt in „The Order“ einen FBI-Mann | |
Am Anfang ist eine Radiosendung. Nicht als Ursache, aber so setzt die | |
Geschichte des Films ein. Der Moderator Alan Berg, der für einen Sender in | |
Denver arbeitet, spricht mit einem Anrufer, der seinen antisemitischen | |
Vorurteilen Luft verschafft. Berg nimmt dessen Verschwörungsfantasien, nach | |
denen Juden Kinder töten und ihr Blut bei Ritualen trinken, mit | |
pointiertem Witz auseinander, macht seinem unbekannten Gegenüber am Telefon | |
klar, dass dieser überhaupt nicht weiß, was Juden sind. | |
Bergs analytischer Kommentar zu dessen Überzeugungen lautet: Von Hass | |
getriebene Menschen wie Antisemiten kämen nicht besonders gut in der Welt | |
zurecht, und ihre einzige Antwort darauf sei, anderen Leuten das Recht auf | |
Lebensfreude abzusprechen. | |
[1][Justin Kurzels] im Wettbewerb von Venedig gezeigter Thriller „The | |
Order“, erzählt von einem wahren Fall in den USA aus den achtziger Jahren. | |
Die ersten Bilder zeigen im Wechsel den am Mikrofon sprechenden Berg und | |
ein Auto mit mehreren Männern, die nachts in ein verlassenes Waldgebiet | |
fahren. Von einem Bob ist die Rede, der einen der Männer treffen will. Zu | |
dem Gespräch wird es nicht kommen, der Mann wird stattdessen von den | |
anderen beiden erschossen. | |
„The Order“ basiert auf dem Sachbuch „The Silent Brotherhood“ über die | |
Nazi-Terrororganisation The Order, die 1983 von Robert Jay Mathews im Staat | |
Washington gegründet wurde. Die Gruppe raubte Sexshops, Banken und | |
Geldtransporter aus, fälschte Dollarnoten, verübte Sprengstoffanschläge | |
auf Pornokinos. Im Film wird auch der Versuch eines Anschlags auf eine | |
Synagoge gezeigt, bei dem die Bombe lediglich nicht explodierte. The Order | |
beging zudem mehrere Morde. Alan Berg war eines ihrer Opfer. | |
## Perspektive eines FBI-Mannes | |
Justin Kurzel erzählt die Geschichte vor allem aus der Perspektive eines | |
FBI-Manns. Dieser Terry Husk wird von Jude Law mit kontrolliertem Grimm | |
gespielt, als leicht gebrochene Person, die Erfahrungen mit organisiertem | |
Verbrechen hat. Er bezieht Quartier in einem Kaff im benachbarten | |
Bundesstaat Idaho und nimmt systematisch seine Ermittlungen auf. | |
Die Perspektive der Nazis nimmt Kurzel ebenfalls in den Blick, zeigt sie | |
aber vor allem, wie sie ihre Verbrechen planen und anschließend zur Tat | |
schreiten. Ihre Ideologie wird stellvertretend durch das Buch [2][„The | |
Turner Diaries“ vorgestellt, einem Roman von William Pierce, der | |
international unter Nazis große Verbreitung fand.] Darin wird ein | |
Sechs-Stufen-Programm für eine „weiße“ Revolution präsentiert. Auch | |
Mathews, den Nicholas Hoult mit fanatischer Kälte gibt, folgte mit The | |
Order diesem Beispiel. | |
Die Vorstellungen, die man dabei kennenlernen kann, sind wenig neu. Es ging | |
auch damals schon darum, sich das Land „zurückzuholen“, für sich und seine | |
weißen Kinder. Erschreckend ist, dass derlei Ideen in den USA mittlerweile | |
den ideologischen Hintergrund eines Gutteils der Anhänger Donald Trumps | |
bilden. Einen Umsturz haben diese bekanntlich schon probiert. | |
Kurzels Film kann man den Vorwurf machen, dass er viel auf Action setzt, | |
was einen zugegebenermaßen fesselnden Thriller ergibt. Doch womöglich muss | |
die Handlung gar nicht unbedingt mit mehr Informationen aufwarten. Die | |
Botschaft ist in erster Linie: Seht, wozu Menschen mit irregeleitetem | |
Weltbild und mit reichlich Waffen ausgestattet in der Lage sind. Davon gibt | |
es immer noch zu viele. Nicht bloß in den USA. | |
2 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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