Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wiedereinführung der Vermögenssteuer: Lasst doch die Reichen zahl…
> Die Vermögensteuer könnte dem Land dringend benötigte Einnahmen bringen.
> Die Linke fordert eine Wiedereinführung.
Bild: Auch im Adlon ist noch der ein oder andere Euro zu holen
Berlin taz | Der Stadt droht [1][die größte Kürzungswelle seit Anfang der
2000er Jahre]. 5 Milliarden Euro muss Berlin nach derzeitigen Berechnungen
bis zum Jahr 2026 einsparen. Die Senatsverwaltungen sind angehalten,
Vorschläge zu unterbreiten, wie sie ihre geplanten Ausgaben in den nächsten
zwei Jahren um 10 Prozent reduzieren können. Das zumindest ist das
Szenario, solange der Bund weiter an seiner Schuldenbremse festhält – und
ohne Betrachtung der Einnahmenseite.
Denn das Haushaltsdefizit kann natürlich auch über eine Erhöhung der
Einnahmen angegangen werden. Eine Möglichkeit, die sich dabei aufdrängt,
aber noch wenig diskutiert wird, ist die Wiedereinsetzung der
Vermögensteuer. Letztmalig wurde die Steuer, die den Bundesländern
zufließt, 1996 erhoben. Bundesweit wurden in jenem Jahr umgerechnet 4,6
Milliarden Euro eingenommen, davon entfielen 171 Millionen auf Berlin. Der
Senat schreibt dazu in einer aktuellen Anfrage des Linken-Abgeordneten
Sebastian Schlüsselburg, die der taz exklusiv vorliegt: „Der Anteil der
Vermögensteuer war im Verhältnis zum Gesamtsteueraufkommen stets von
untergeordneter Bedeutung.“
Doch das müsste nicht so bleiben. Hätten sich die Einnahmen wie im Schnitt
der letzten Jahre vor der Aussetzung weiterentwickelt, „wären die
jährlichen Einnahmen aus der Vermögensteuer bis 2023 auf etwa 30 Milliarden
Euro gestiegen“, heißt es in einer aktuellen [2][Studie von Oxfam und dem
Netzwerk Steuergerechtigkeit]. Das Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung (DIW) [3][spricht gar von möglichen Einnahmen von
bundesweit 35 Milliarden Euro].
Für Berlin würde das bedeuten: Käme die Vermögensteuer in ihrer alten Form
zurück, bei der Reiche ein Prozent ihres Vermögens abführen mussten, könnte
die Stadt mit jährlichen Einnahmen von rund 1,3 Milliarden Euro rechnen.
Womöglich dürfte sich der Anteil Berlins am Gesamtaufkommen der Steuer im
Vergleich zu 1996 sogar erhöht haben: Heute hat Berlin 9,3 Prozent mehr
Einwohner:innen, auch sind viele Gutverdienende in die Stadt gezogen, wie
etwa der konstant hohe Verkauf von Eigentumswohnungen zeigt.
## Einahmen erhöhen
„In der derzeitigen Situation müssen wir die Einnahmeseite verbessern“,
sagt Sebastian Schlüsselburg. In Betracht kämen zwar auch eine Erhöhung der
Grunderwerbs- und der Zweitwohnungssteuer, das allein reiche jedoch nicht
aus. „Wenn Berlin jährlich mehr als eine Milliarde Euro durch eine
Vermögensteuer einnehmen könnte, wird deutlich, dass wir das brauchen“, so
der Sprecher der Linksfraktion für Haushalt und Finanzen.
Druck auf die Regierungskoalition will die Linke mit einem Antrag für eine
Berliner Bundesratsinitiative machen. Bereits 2010 hatte sich die damalige
rot-rote Landesregierung auf einen solchen Antrag verständigt, diesen dann
aber wegen mangelnder Erfolgsaussichten in der Länderkammer nicht
eingebracht.
Inzwischen sieht Schlüsselburg viele Länder in einer ähnlichen Notlage: „In
allen Bundesländern brechen wegen der Fiskalpolitik des Bundes die
Einnahmen weg“. Auch [4][die Schuldenbremse sei überall eine Belastung]. Er
geht daher von einem „gleichlautenden Interesse“ der Länder aus, die
Einnahmen zu erhöhen.
Auf Anfrage der taz weicht die Finanzverwaltung von Senator Stefan Evers
(CDU) einer Antwort aus, ob eine Vermögensteuer gegen den finanziellen
Notstand des Landes helfen könnte und es Überlegungen für eine
Bundesratsinitiative gibt. Stattdessen weist ein Sprecher darauf hin, dass
es sich um ein Bundesgesetz handele. Der Landesgesetzgeber habe „keine
Kompetenz, eine eigene landesrechtliche Regelung zu treffen“.
Selbst das aber zweifelt Schlüsselburg an: Er spricht von einer Diskussion
unter Jurist:innen, wonach die „Sperrwirkung des Bundes weggefallen ist“,
die Gesetzeskompetenz also wegen der jahrelangen Untätigkeit des Bundes auf
die Länder übergegangen sei. Darüber sowie über die ökonomischen Aspekte
einer Vermögensteuer will die Linke im Rahmen eines Fachgesprächs im
Abgeordnetenhaus in diesem Herbst diskutieren.
1 Sep 2024
## LINKS
[1] /Zukunft-der-Komischen-Oper-in-Berlin/!6028546
[2] https://www.oxfam.de/ueber-uns/publikationen/vermoegenssteuer-keine-angst-s…
[3] /DIW-Oekonom-ueber-Vermoegensteuer/!6027802
[4] /Schuldenbremse-bremst-Klimaschutz/!6027116
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Reichtum
Ungleichheit
Vermögenssteuer
Reichensteuer
Kreditkarte
Das Milliardenloch
Vermögenssteuer
Soziale Gerechtigkeit
Haushalt
Ampel-Koalition
## ARTIKEL ZUM THEMA
G20-Beschluss zur Reichensteuer: Trügerischer Schein
Superreiche zahlen kaum Steuern. Der Beschluss der G20-Mitgliedsstaaten
geht in die richtige Richtung. Nur mit der Umsetzung dürfte es hapern.
Fehler bei Dienstleister: Kartenzahlung bundesweit gestört
Seit Donnerstagmorgen funktioniert Kartenzahlung bundesweit nur
eingeschränkt. Grund ist eine Störung. Bislang wird ein Hackerangriff
ausgeschlossen.
Debatte über Haushalt: Minigolf im Bundestag
Die Union zielt auf Löcher im Bundeshaushalt – und trifft einige.
Finanzminister Lindner umschifft das Thema – und zeigt sich loyal zur
Ampel.
Schuldenbremse und Vermögenssteuer: Denken nicht dem Markt überlassen
Angesichts der Haushaltsnotlage in Berlin ist es gut, dass Kai Wegner gegen
die Schuldenbremse eintritt. Doch es braucht auch die Vermögensteuer.
Reichensteuer und Krankenversicherung: Mehr Geld für viele
… und weniger Vorteile für wenige: Was Christian Lindner bei Steuern und
Krankenversicherung von den Nachbarn Österreich und Schweiz lernen kann.
Ampel-Politik bei der Vermögenssteuer: Falsche Prioritäten
Seit 1996 müssen Reiche keine Vermögenssteuer zahlen. Das hat den Fiskus
über 380 Milliarden gekostet. Das sollte die Ampel korrigieren.
Ausgesetzte Vermögenssteuer: 380 Milliarden Euro Schaden
Die Regierung unter Kohl setzte 1996 die Vermögenssteuer aus. Das Geld
fehlt jetzt. Eine Wiedererhebung scheitert auch am Widerstand der FDP.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.