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# taz.de -- Debatte über Haushalt: Minigolf im Bundestag
> Die Union zielt auf Löcher im Bundeshaushalt – und trifft einige.
> Finanzminister Lindner umschifft das Thema – und zeigt sich loyal zur
> Ampel.
Bild: Hat waghalsige Haushaltsideen: Finanzminister Christian Lindner
Berlin taz | Die Union hat ein leicht verständliches Spiel entdeckt. Es
heißt „Löcher treffen“ im Bundeshaushalt, so etwas wie Finanz-Minigolf.
„Ungedeckte Positionen“ in der Größenordnung mehrerer Dutzend Milliarden
Euro warf Mathias Middelberg (CDU) der Bundesregierung am Dienstag vor.
„Ihr Etat ist maximal unrealistisch, unehrlich und verantwortungslos“,
erklärte der Fraktionsvize und Finanzexperte der Union.
Am Dienstag begann die diesjährige Haushaltsdebatte im Bundestag.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eröffnete sie, indem er den
gemeinsamen Haushaltsentwurf von SPD, Grünen und FDP für 2025 präsentierte.
Die Verhandlungen der kommenden Wochen werden sich außerdem [1][auch um
einen Nachtragshaushalt für 2024] drehen.
Als erster Redner der oppositionellen Union attackierte Middelberg die
Koalition: Spätestens zur Bundestagswahl 2025 werde dieser das Geld
ausgehen. [2][Diese Argumentation stützt sich] vornehmlich darauf, dass es
größere ungeklärte Beträge im Etatentwurf gibt. Vor allem sind das zwei
sogenannte „globale Minderausgaben“ von 12 Milliarden Euro im Kernhaushalt
und zusätzlich 9 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds, aus
dem die Regierung unter anderem Förderprogramme und Subventionen für
Industrieansiedlungen finanziert.
Globale Minderausgaben sind Schätzungen für Beträge, die am Ende eines
Jahres übrig bleiben, weil beispielsweise Neubauten nicht pünktlich fertig
werden. Im Vergleich zu früheren Jahren sind diese Positionen im Entwurf
für 2025 allerdings außergewöhnlich hoch.
## Angriffsfläche
Darüber hinaus hatte sich CDU-Haushaltspolitiker Christian Haase eine Liste
mit weiteren, ähnlichen Positionen von Lindners Staatssekretär Florian
Toncar schicken lassen. Zusätzliche globale Minderausgaben in
Milliardenhöhe finden sich demnach etwa beim Bürgergeld und bei der
Bundeswehr. Ob diese Beträge wirklich nicht ausgegeben werden, erscheint
unklar. Das macht den Haushaltsentwurf tatsächlich nicht eben solider – und
bietet der Opposition eine leichte Angriffsfläche.
Andere der in der Liste enthaltenen Minderausgaben werden dagegen wohl
klappen – etwa bei den Zinszahlungen für die Kredite, die die Regierung
aufgenommen hat. Deren Verbuchung auf die verschiedenen Jahre will man
ändern, was nur ein Verwaltungsakt ist.
Auf solche Feinheiten ließ sich der Bundesfinanzminister jedoch nicht ein.
Lindner betonte, dass der größte Brocken, die Minderausgabe von 12
Milliarden, nur knapp über dem liege, was allgemein für handhabbar gehalten
werde. Die bis zu dieser Grenze fehlenden 2 bis 3 Milliarden Euro werde man
zusammen mit den Regierungsfraktionen schon beschaffen.
## Investitionsstau
Ansonsten beschäftigte sich Lindner mit den großen Linien. Die Union klagte
er an, die guten Jahre des wirtschaftlichen Wohlstandes vor der
Coronapandemie tatenlos genossen zu haben. Die Regierungen unter
CDU-Kanzlerin Angela Merkel hätten der jetzigen Koalition einen
gigantischen Investitionsstau und zu hohe Steuern für Unternehmen
hinterlassen. Diese Missstände müsse die Ampel nun aufräumen, indem sie mit
[3][neuen steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten] und einer geringeren
Stromsteuer die Belastungen der Firmen verringere.
Auch die Privathaushalte sollten Steuererleichterungen erhalten. Im Übrigen
gehe es darum, so Lindner, die Ausgaben des Staates zu verringern, indem
etwa beim Bürgergeld maßvoll gespart werde. Und „Rekordinvestitionen von 81
Milliarden Euro“ stünden alleine im Jahr 2025 auf dem Programm – laut dem
Finanzminister fast doppelt so viele wie 2019, vor der Ampel. Mit 18
Milliarden Euro erhalte die Deutsche Bahn davon einen großen Teil, um die
Trassen zu sanieren.
Insgesamt stellte sich Lindner hinter die Koalition. Er scherte nicht aus,
sondern betonte etwa auch die „Klimaneutralität als Kernaufgabe“.
Schwierigkeiten in der Drei-Parteien-Regierung räumte er allerdings ein.
Die Finanzverhandlungen zwischen ihnen seien „kein Selbstläufer“ gewesen,
man habe es mit „drei Denkschulen“ zu tun. Aber „solange es möglich ist
sich zu einigen, ist es auch nötig“.
10 Sep 2024
## LINKS
[1] /Haushaltsentwurf-2025/!6021039
[2] /Ampelkoalition-in-der-Kritik/!6032592
[3] /Wiedereinfuehrung-der-Vermoegenssteuer/!6030903
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Das Milliardenloch
Haushaltsdebatte
Bundesministerium der Finanzen (BMF)
Christian Lindner
Christian Lindner
Ampel-Koalition
Haushalt
Reichtum
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